DAS EXPERIMENT (ein Whitney Steel Roman). Kim Cresswell

DAS EXPERIMENT (ein Whitney Steel Roman) - Kim Cresswell


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ich werd’s dem Boss sagen. Alles ist vorbereitet. Vier Schlägertrupps stehen am Rande von Elko bereit. Sechs von uns sind in Alamo. Das Flugzeug wartet einsatzbereit an der Nellis Air Force Base. Wenn du das Kind holst, gib uns Bescheid. Und sei vorsichtig, Kumpel.«

      »Immer doch. Es kann allerdings sein, dass ich ein Problem habe. Eine Reporterin spioniert hier rum.« Und sie ist verdammt sexy.

      »Eine Reporterin? Meine Fresse. Gerade jetzt können wir keine weiteren Komplikationen gebrauchen«, sagte er mit einer rauen Stimme. »Wir sind verdammt noch mal zu nah dran, Shaw festzunageln.«

      Blake stimmte voll und ganz zu. In Anbetracht des hohen Einsatzes durfte diese Mission durch nichts gefährdet werden.

      »Ich melde mich. Bis später, Mann.« Blake legte auf.

      In dieser Branche mussten Probleme manchmal verschwinden, um Leben zu retten oder um die Mission zu schützen – oder die Tarnung eines Agenten.

      Vor über einem Jahrzehnt, während er verdeckt ermittelte, um Pablo Sanchez, den Anführer des Kartells Sur del Calle, Kolumbiens größter Drogenhandelsorganisation, zu erwischen, hatte Blake eine Person endgültig verschwinden lassen. Pablos Zwillingsbruder Manuel.

      Irgendwie hatte Manuel herausgefunden, dass Blake und Mike FBI-Agenten waren. Als er mit seiner Waffe auf Mikes Schläfe zielte, bereit, ihn zu töten, traf Blake eine Entscheidung. Er schlich sich hinter Manuel, durchschnitt seine Kehle und ließ den Mann an seinem eigenen Blut ersticken.

      Bereute Blake es, jemandem das Leben genommen zu haben? Nein. Er hatte keine Wahl gehabt. Würde er es wieder tun? Wenn es nötig wäre, ja.

      Er bezweifelte jedoch, dass dieses Mal etwas Derartiges passieren würde. Er mochte die Reporterin zwar, doch sie roch nach Ärger. Sie schien um die fünfunddreißig zu sein und mutiger als der Teufel selbst. Er schüttelte den Kopf. Scheiße. Die Frau wuchs ihm schon ans Herz.

      Während Blake zurück zu seinem Truck lief, machte es ihm ein laut streitendes, älteres Paar schwer, bei der Sache zu bleiben. Der Anblick erinnerte ihn an seine Eltern. Seinen Vater, der fest entschlossen war, im Recht zu sein, und seine Mutter, die nachgab, die alles tat, um nur einer öffentlichen Auseinandersetzung zu entgehen.

      Im Augenblick wäre ihm eine Auseinandersetzung mit seinem Vater noch lieber gewesen als die jahrelange Funkstille. Seit Blake vor dreizehn Jahren begonnen hatte, beim FBI zu arbeiten, zeigte sein Vater, ein strenger Soldat, der bei den Marines Karriere gemacht hatte, seine Missbilligung, indem er ihn nicht ein einziges Mal nach seiner Arbeit im Büro gefragt hatte.

      Blake schüttelte den Kopf.

      Vor ihm vibrierte der Flughafenparkplatz vor Sin-City-mäßigen Aktivitäten. Da waren die wandelnden Toten, mit dunklen Augenringen, und jene, die zu viel getrunken hatten, alles verloren hatten, was sie jemals besaßen, und Gott dafür dankten, ein Rückflugticket gekauft zu haben.

      Dann gab es die Gewinner.

      Die mit Dauergrinsen auf ihren Gesichtern, die so richtig abgeräumt hatten und jetzt bereit waren, nach Hause zu gehen. Es ging nichts über Neonlichter, Alk und pausenloses Zocken. Es ging nichts über Las Vegas.

      Durch das Meer aus Fahrzeugen, mit denen der Parkplatz vollgestellt war, hörte Blake das laute Dröhnen eines Motors, dann quietschende Reifen.

      Er wirbelte herum.

      Ein schwarzer Chevy Camaro raste auf ihn zu. Er flüchtete die Straße hinunter, sprang auf die Motorhaube eines nahe gelegenen Autos, rollte sich seitwärts ab und landete mit einem dumpfen Schlag auf dem Bürgersteig.

      Als er hinkend auf die Beine kam, war das Auto weg. Definitiv kein beliebiger Fall von Road Rage. Der Fahrer hatte den Auftrag gehabt, ihn aus dem Weg zu räumen.

      ***

      Nach einer langen, heißen Dusche tat Blakes Körper noch immer weh. Er rieb sich die Schulter, die von seinem Sturz über das Auto auf dem Flughafenparkplatz aufgeschürft und wund war. Hinter ihm lief Nathan, der einen teuren, puderblauen Jogginganzug trug, in seinem langen Büro auf und ab.

      »Interessante Geschichte«, sagte Nathan.

      Blake wollte die Schuld für seine kürzliche Nahtoderfahrung auf Nathan schieben, doch was er hier beobachtete, deutete darauf hin, dass der Mann nichts mit dem Vorfall zu tun hatte. Immer wenn Nathan verängstigt war, bekam er nervöse Zuckungen im Gesicht. Genau jetzt sah Blake, wie sich dessen pochende linke Wange in einem schmerzhaften Krampf zusammenzog.

      Nathan blieb vor dem Fenster stehen und dehnte sich als Vorbereitung für sein tägliches Joggen. Er war Single, einundfünfzig, und in Topform, obwohl er Zigarren rauchte. Vielleicht war es seine unattraktive Ausstrahlung, sein unansehnliches Gesicht, das die Frauen nach höchstens fünf Sekunden vergessen wollten. Geld konnte verdammt sicher keine Liebe kaufen. Nathan Shaw war der lebendige Beweis dafür.

      »Ich glaube, unsere Miss Steel könnte etwas haben, das mir gehört.« Nathan bückte sich und berührte seine Zehen. »Wussten Sie, dass sie mal mit einem Senator aus Florida verheiratet war?«

      »Das ist mir neu.«

      »Sie war dabei, als er erschossen wurde. Das arme Mädchen.« Nathan drehte den Kopf und warf Blake ein selbstzufriedenes Grinsen zu. »Das muss grauenvoll gewesen sein – traumatisch.«

      Oh ja, ich kann sehen, wie sehr dich das belastet. Mann, du bist echt ein kranker Freak. Blake konnte schwören, dass sich Nathan am Leid anderer Leute aufgeilte.

      »Meinen Sie, jemand anderes ist an dem interessiert, was die Reporterin haben könnte?«

      »Das ist es, was ich an Ihnen mag, Blake. Sie denken immer mit. Vielleicht dachte jemand, Sie hätten das Band, da Sie Miss Steel zum Flughafen begleitet haben.« Nathan hörte auf, sich zu dehnen, und kam zu ihm herüber. »Stimmt das?«

      Blakes Muskeln verkrampften sich. »Stimmt was?« Wie er es hasste, wenn Nathan ihm so nahekam. Sein Atem stank nach Zigarren.

      »Haben Sie meine Videokassette?«, schrie Nathan. »Haben Sie denn überhaupt nicht zugehört?«

      »Natürlich habe ich sie nicht.« Blake verlagerte sein Gewicht auf seinen Beinen. Was zur Hölle war auf diesem Band?

      »Wir können nicht zulassen, dass dieses Band in die falschen Hände gerät. Verstehen Sie mich? Mein Projekt ist wichtig für die Zukunft dieser Firma und für den Rest der Welt.«

      Nathan entfernte sich endlich von ihm. »Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine Methode, mit der Sie Supermenschen herstellen könnten. Organtransplantationslisten würden der Vergangenheit angehören. Medizinische Vorgehensweisen würden in eine neue Ära katapultiert und das nur wegen meiner Experimente und Technologien.«

      Und was ist mit dem geklonten Kind, das du versteckt hältst? Blake starrte ihn an. Glaubst du, sie freut sich über deine sogenannten Experimente? Blake hasste ihn. Seine Muskeln waren angespannt. Beim Anblick des Mannes wollte er den Bastard als Ziel für seine Schießübungen benutzen.

      Nathan blickte auf seine Uhr. »Ich brauche Sie in Oregon. Seien Sie in zwei Stunden in meinem Jet.«

      »Bitte?« Das konnte Nathan jetzt nicht tun. Er musste hierbleiben. »Ich dachte, Sie bräuchten einen funktionsfähigen Retina-Scanner im Labor. Sie müssen die Umgebung absichern, besonders jetzt.«

      »Da stimme ich Ihnen zu. Aber Sie brauche ich woanders. Sie werden unserer Miss Steel nahekommen. Sehr nah. Finden Sie heraus, was Sie weiß und was sie haben könnte. Packen Sie.«

      Blake strich sich frustriert durch die Haare. Was er wollte, war diesen kleinen Arsch zu erdrosseln. Es rang ihm all seine Willenskraft ab, seine Hände nicht um Nathans kurzen Hals zu schließen und einfach zuzudrücken.

      Nathan klopfte Blake etwas zu fest auf die Schulter.

      »Einen Ratschlag habe ich noch für Sie. Spielen Sie den Charmanten. Niemand kann der Verführung widerstehen, besonders keine schöne Frau.«


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