DAS EXPERIMENT (ein Whitney Steel Roman). Kim Cresswell

DAS EXPERIMENT (ein Whitney Steel Roman) - Kim Cresswell


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      Noch am selben Tag stand Whitney vor den massiven Stahltoren, die ShawBioGen umringten. Sie konnte das unheimliche Gefühl nicht abschütteln, beobachtet zu werden. Nach der Landung am McCarran Flughafen in Vegas traf sie auf einen Fahrer, der sie fast zwei Stunden lang in Richtung Nordosten fuhr und dort rauswarf. Seine einzigen Worte: »Ich befolge bloß Anweisungen.«

      Allein in der sengenden Wüstensonne stehend setzte sie eine Sonnenbrille auf ihre Nase und betätigte die Sprechanlage.

      Der Kasten begann lebendig zu knistern. »Name?«, fragte eine Männerstimme.

      Sie drückte auf den Knopf. »Whitney Steel.«

      Ein hohes Surren hinter ihr erschreckte sie. Sie wirbelte herum und sah vier Kameras, die in einem lückenlosen Überwachungskreis auf sie zeigten. Sie hätte schwören können, dass sie eben noch nicht da waren. Die Tore öffneten sich und offenbarten einen athletischen Mann mit einem markanten Gesicht, der von Kopf bis Fuß in braunen und cremefarbenen Camouflage eingekleidet war. »Hier entlang.« Der Army-Mann verzog nicht einen Moment lang seine strenge Miene und schickte sie zu einem gelben Golfwagen im Stil eines Militärgeländewagens. Das Gelände war von lauter Kakteen, Felsen, Ziergräsern und Steppenläufern mit Leben erfüllt. In der Ferne warf ein riesiges S einen Schatten über den Haupteingang von ShawBioGen. Der Fahrer parkte den Golfwagen und führte Whitney dann durch eine Drehtür mit getöntem Glas.

      »Warten Sie hier«, befahl er, bevor er in einen Bereich verschwand, der als Security gekennzeichnet war.

      Ein kreisförmiges Dachfenster erleuchtete das Hauptfoyer, in dessen Zentrum ein Wasserfall rauschte. Hochglanzpolierte Wände aus Edelstahl schafften die Illusion eines nie endenden Spiegels, doch sie gaben dem Raum gleichzeitig eine schrecklich kalte Atmosphäre.

      Der Army-Mann kam mit demselben, ernsten Gesichtsausdruck zurück. »Hier entlang.«

      Whitney folgte ihm in einen Bereich, der für die Sicherheitsüberwachung zuständig zu sein schien. Um sie herum erblickte sie Dutzende Überwachungssysteme, einige Menschen, die an Computern saßen, und einen riesigen Monitor mit einem Schwarz-Weiß-Bild, welches das Satellitenbild des Gebäudekomplexes zu sein schien.

      »Willkommen in ShawBioGen, Miss Steel. Ich bin Blake Neely, firmeneigener Security-Spezialist.«

      Whitney sah ihn sich flüchtig von oben bis unten an. Er trug schwarze Jeans, Cowboystiefel, ein offenes Hemd, dessen Ärmel bis über seine Unterarme hochgekrempelt waren, er war gebräunt und durchtrainiert.

      »Ist Security-Spezialist nicht nur ein ausgefallener Titel für einen Bodyguard?«

      Falten schlichen sich auf seine Stirn. »Sie müssen sich anmelden«, sagte er entschieden und schob ihr ein Klemmbrett und einen Stift entgegen.

      Nachdem sie ihren Namen eingetragen hatte, bemerkte sie einen Röntgenapparat am Ende der langen Theke. Wenn die Sicherheitschecks hier so streng waren, hatte sie nicht die geringste Hoffnung, in das Labor zu gelangen, in dem Nathan das Kind aufbewahrte.

      Als Nächstes schob Blake einen Kasten vor sie. »Leeren Sie Ihre Handtasche.« »Sie machen doch Witze.« Mit vor seiner Brust verschränkten Armen schüttelte Blake den Kopf. »Und ich dachte, die Security am Flughafen wäre hartnäckig.« Whitney lachte in sich hinein und entleerte den Inhalt ihrer Handtasche in den Kasten. Während er darin herumstocherte, fragte sie sich, was für ein Mann hinter diesen tiefen, braunen Augen lauerte.

      »Sorry, keine Kameras. Sie können sie auf dem Weg nach draußen abholen.«

      »Na gut, aber …« Sie streckte ihre Hand in seine Richtung, doch es war einen Augenblick zu spät. »Das sind …«

      Er öffnete das gold-schwarze Etui. Vier in Folie gewickelte Kondompackungen fielen auf den Tisch. Nicht sicher, ob sie wütend oder beschämt sein sollte, spürte sie, wie sich ihr Gesicht erwärmte. Um es noch schlimmer zu machen, nahm er sich schön viel Zeit bei der Inspektion jeder Packung; offensichtlich, um es ihr für den Kommentar über Bodyguards heimzuzahlen.

      Er hob eine Augenbraue. »Feuchtes Vergnügen. Rough Rider. Muss was für Cowboys sein. Und die hier, Aroma …«

      Ihre Blicke prallten aufeinander.

      Ihr Körper bebte vor intensiver Elektrizität, die ihr Herz zum Rasen brachte und ihre Brüste kribbeln ließ. Hemmungslose Lust.

      Wütend über den Effekt, den er auf sie hatte, schnappte sie die Kondome aus seiner Hand. »Entschuldigen Sie mal? Werden Sie nicht ein bisschen persönlich?«

      »Persönlich oder nicht, Sie wären überrascht, wofür diese Packungen alles verwendet werden können.« Er griff sie erneut, warf sie auf das Laufband und grinste. »Sicher ist sicher.«

      So ein Idiot. Sie blieb ruhig, während sich der Inhalt ihrer Handtasche langsam durch den Röntgenapparat bewegte. Nachdem ein Foto von ihr gemacht wurde, überreichte er ihr einen laminierten Besucherausweis.

      Blake begleitete sie zurück zum Hauptfoyer und zeigte auf einen endlosen Flurabschnitt. »Nehmen Sie den Aufzug C2 bis zum zweiten Stock. Und beeilen Sie sich. Mr. Shaw wartet nicht gern.«

      ***

      Im Sicherheitsraum starrte Blake den Hauptmonitor an, während Whitney den Aufzug betrat.

      Er war vollkommen fasziniert.

      Sie bedeutete Ärger. Reinen Ärger. Gekleidet in diese hautenge rosafarbene Jacke und diesen kurzen Rock, der jede herrliche Kurve zur Schau stellte. Diese langbeinige Blondine brachte ihn soweit, eine LKW-Ladung Kondome plündern zu wollen. Er konnte noch ihr Parfum riechen, blumig, zart.

      Sein Körper reagierte. Er spürte die Enge in seinen Jeans.

      Verdammt. Es war lange her, dass eine Frau eine solche Wirkung auf ihn gehabt hatte. Zu verdammt lange.

      Sie drehte sich um, hob ihre Hand zur Kamera und winkte.

      Blake grinste.

      Auf keinen Fall konnte er jemandem erlauben, ihm nahezukommen, vor allem einer Frau, und noch dazu einer Reporterin. Gefährlich war das Wort, welches ihm in den Sinn kam. Er musste fokussiert bleiben. Er hatte eine Mission zu erledigen.

      Whitney hatte allerdings ganz schön Mumm. Wenn sie auch nur eine Sekunde lang dachte, dass er nicht bemerkt hatte, wie sie den Sicherheitsraum absuchte, alles beobachtete und sich einprägte, musste sie verrückt sein.

      Ihr Besuch bei ShawBioGen hatte nichts mit einem Interview mit Nathan zu tun. Was hatte Whitney Steel also vor?

      ***

      Nathan Shaw empfing Whitney, unmittelbar, nachdem sich die Aufzugtüren öffneten.

      »Sie sind spät dran, Miss Steel.«

      »Entschuldigen Sie bitte, Mr. Shaw.« Sie folgte dem Mann, der ein lässiges, graues Hemd und eine schwarze Anzughose trug, in ein riesiges Büro.

      Hinter ihnen schlossen sich die Metalltüren, als wären sie in einer Gruft.

      »Ich wurde aufgehalten von Ihrem …«

      »Setzen Sie sich.«

      Die Fotos, die Whitney von dem Milliardär gesehen hatte, wurden ihm nicht gerecht. In Wirklichkeit sah er noch seltsamer aus, mit schwindendem, teilweise ergrautem Haar, das um seine Ohren herum kurz rasiert war, einem ungewöhnlich langen Hals, und einem merkwürdig geformten, kräftigen Gesicht.

      Sie setzte sich ihm gegenüber und bemerkte, dass er auf ihre Brüste gaffte. Von den Infos, die sie über ihn gefunden hatte, wusste sie, dass Nathan es genoss, andere mit seinem unkonventionellen Verhalten zu schockieren. Tja, nicht mit diesem Mädchen.

      »Danke, dass Sie sich mit mir treffen konnten.«

      »Gern geschehen. Natürlich war ich so frei und habe meine eigene Recherche über Sie betrieben, Miss Steel. Sie sind eine der Besten auf Ihrem Gebiet. Ziemlich beeindruckend für eine Frau, und noch


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