DAS EXPERIMENT (ein Whitney Steel Roman). Kim Cresswell

DAS EXPERIMENT (ein Whitney Steel Roman) - Kim Cresswell


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Nathan nun einen Blick unter ihren Rock zu erhaschen. Was für ein Widerling.

      »Das hier ist ein Follow-up – eine Verifizierung der Wirksamkeit von ShawBioGens Forschungsarbeiten und Entwicklungstätigkeiten für Produkte gegen sowohl entzündliche als auch Autoimmunerkrankungen.« Sie öffnete ihre Tasche, fand ihr Aufnahmegerät und platzierte es vorsichtig zwischen ihnen auf dem prunkvollsten Chippendale Tisch, den sie je gesehen hatte. Zumindest hatte der Mann einen ausgezeichneten Geschmack, wenn es um Mobiliar ging. Er hatte mit Sicherheit keinen Geschmack, was alles andere betraf.

      Er starrte sie aus seinen großen, runden Glupschaugen an. »Miss Steel, Sie sind ja wirklich ganz niedlich und Sie faszinieren mich auch, aber was Sie da erwähnen, ist nichts Neues.« Seine Augen verengten sich. »Wieso sind Sie wirklich hier?«

      Ihr Atem stockte und für einen Moment war sie sprachlos.

      »Kommen Sie auf den Punkt. Ich bin ein vielbeschäftigter Mann.«

      »Nun gut.« Sie drückte auf die Play-Taste des Aufnahmegeräts und betete, dass er nicht bemerkt hatte, wie ihre Finger zitterten.

      »In der Politik gab es kürzlich heftige Debatten über die Gewissensfrage zum Thema Klonen von Menschen. Da Ihre Firma in der Vergangenheit bereits Hunde, Kühe und andere Lebewesen geklont hat, würden Sie es nun auch in Erwägung ziehen, Menschen zu klonen?«

      Nathan stand auf und ließ seine Hände lässig in seine Hosentaschen gleiten.

      »Ja, natürlich, wenn es legal wäre. Mein Fokus liegt beim reproduzierenden Klonen, um es zeugungsunfähigen Paaren, die sich auf keinem anderen Weg fortpflanzen können, zu ermöglichen, ein genetisch verwandtes Kind zu bekommen.«

      »Es sind ein paar Gerüchte im Umlauf, daher muss ich Sie eines fragen; klont Ihre Firma Menschen?«

      Er zeigte keine Reaktion auf die Frage, sondern schlenderte stattdessen über den Hochflorteppich und blieb hinter ihr stehen. So nah, dass sie seinen feuchten Atem in ihrem Nacken spürte. Ekelhaft. Sie wollte aus ihrem Sitz springen und ihm einen gehörigen Tritt verpassen. Das nicht zu tun, rang ihr jedes Bisschen ihrer Willenskraft ab.

      »Als langjährige Reporterin und Frau mit Verstand im Kopf, überrascht es mich, dass Sie sich von solchem Gerede beirren lassen.« Er ging um den Stuhl herum und stellte sich vor ihr hin.

       Lass ihn nicht an dich ran. Das ist seine Masche. Er dringt in deinen persönlichen Freiraum ein und hofft, dich damit abzuschrecken.

      »Also, fürs Protokoll, dies sind bloß Gerüchte?«

      Er warf ihr einen vernichtenden Blick zu und brach dann in hohes, nasales Gelächter aus. »Zuerst einmal bin ich mir sicher, Sie sind sich darüber im Klaren, dass es in diesem Land illegal ist, Menschen zu klonen. Zweitens würde ich die anderen Länder der Welt an dieser unglaublichen Technologie teilhaben lassen, wenn es denn legal wäre. Können Sie sich vorstellen, was ein Mensch mit einer derartigen Technologie anstellen könnte?«

      Ja, das konnte sie, und sie hatte das Ergebnis davon bereits auf einer Videokassette gesehen. Ein hilfloses Kleinkind, gefangen in einer grausamen Umgebung. Fest entschlossen, nicht zusammenzubrechen, biss Whitney die Zähne zusammen.

      Als er sich vorbeugte und sie ansah, hätte sie für den Bruchteil einer Sekunde schwören können, dem Teufel in seine pechschwarzen Augen zu sehen.

      »Glauben Sie, dass ich Menschen klone, Miss Steel?«

      Eine eisige Kälte durchfuhr ihren Körper bis auf die Knochen. »Natürlich nicht, Mr. Shaw. Aber als Reporterin ist es meine Pflicht, solchen Gerüchten nachzugehen.«

      »Ich verstehe.« Er setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber. »Ich bedaure, unsere Zeit ist abgelaufen. Ihnen wird auf dem Weg nach draußen eine Pressemappe mitgegeben.«

      Mit dem schwächsten falschen Lächeln, das sie aufbringen konnte, drückte Whitney auf die Stopptaste und legte das Aufnahmegerät in ihre Handtasche. In diesem Moment schwangen die Türen der Gruft auf. Sie hatte bei Nathan einen Nerv getroffen. Ihre Strafe: wie ein Kind nach Hause geschickt zu werden.

      »Ich hoffe inständig, dass Sie eine sehr sichere Reise zurück nach Oregon haben werden, Miss Steel.«

      Kapitel 5

      Whitneys Hände zitterten.

      Nathans unterschwellige Drohung ließ sie erschaudern. Dieser Widerling. Sie atmete tief ein und befahl sich, ruhig zu bleiben.

      Als sich die Türen des Aufzugs im Erdgeschoss öffneten, betrat sie den Gang und hörte, wie jemand seine Knöchel knacksen ließ.

      Sie wusste genau, dass Blake sie im Aufzug beobachtet hatte. Überall waren elektronische Augen. Nachdem Nathan sie im Anschluss an das kurze Interview aus dem Büro verbannt hatte, war dieser wahrscheinlich sofort in Gelächter ausgebrochen.

      Er schlenderte auf sie zu, ihre Kamera in der Hand. Sie hatte vorher nicht bemerkt, dass er gute zehn Zentimeter größer als sie war.

      Whitney blieb stehen. »Sie schon wieder.«

      »Ich dachte mir, Sie würden die wiederhaben wollen.« Er reichte ihr die Kamera.

      »Danke.«

      Da war etwas Finsteres, etwas Gefährliches, das ihr Herz zum Klopfen brachte, als seine Hand gegen ihre streifte.

      »Sorgen wir dafür, dass Sie zum Flughafen kommen.«

      »Sie bringen mich hin?«

      Wieso? Entweder wollte Nathan sie genau im Auge behalten oder noch schlimmer. Er wollte sie aus dem Weg haben. Sie hatte kaum den Kloß in ihrem Hals heruntergeschluckt, als sie Blake schon durch die Eingangstüren und aus dem Gebäudekomplex hinaus folgte.

      Der heiße Wüstenwind peitschte ihr das Haar ins Gesicht. Ihr Blick fiel auf den dunkelblauen Pick-up, der in der Einfahrt geparkt stand.

      Blake öffnete die Beifahrertür. »Haben Sie auch vor, einzusteigen?«

      Hatte sie denn eine Wahl? Östlich von ihr, Wüste. Westlich, Wüste. Und nördlich von ihr, wüstes Ödland und schlachtschiffgraue Gewitterwolken, die über den Ruby Mountains hingen.

      Dann machen wir das auf deine Art. Fürs Erste. Sie nickte und stieg in den Truck. Blake sprang rein und ihre zweistündige Fahrt zurück nach Vegas begann. Vielleicht könnte dieses Arrangement für sie zum Vorteil werden. Wen gab es besseres, mit dem sie über Nathans Geheimnisse reden könnte, als seine rechte Hand? Plötzlich lächelte Blake sie an, als hätte er ihre Gedanken gelesen.

      Sie hielt ihren Blick gesenkt und fummelte an ihrem Rock. Wieso brachte er sie so sehr aus der Fassung?

      »Wie lief das Interview mit Nathan?«

      Als wüsste er das nicht. »Ganz okay.« Lüge. »Er ist ein Charmeur, finden Sie nicht auch?« Ihre eigenen Worte ekelten sie so sehr an, dass sie beinahe würgte.

      Blake lehnte seinen Arm an die Tür. »Nathan kann etwas unvorhersehbar sein. Exzentrisch.«

       Unvorhersehbar? Exzentrisch? Der Typ ist gruselig.

      Etwas fiel Whitney ins Auge. »Hey, was ist das da drüben?« Sie zeigte nach rechts, auf die andere Seite des Sicherheitszauns. »Diese Gebäude?«

      Von ihrem kurzen Blick auf das Satellitenbild im Sicherheitsraum wusste sie, dass ShawBioGen die Form eines neunseitigen Vielecks hatte. Diese achteckigen Gebäude hatte sie nicht gesehen.

      »Mitarbeiterunterkünfte. Wissenschaftler und Forscher wohnen jeweils sechs Monate am Stück vor Ort. Nach ihrem Aufenthalt gehen sie für einen Monat nach Hause.« Er griff nach einer Mappe auf dem Armaturenbrett und reichte sie ihr. »Steht alles da drin.«

      »Ah, die berühmte Pressemappe.« Sie blätterte diese Seite für Seite durch, wobei ihr das farbenfrohe Foto von einem der Wohnhäuser auffiel. Es stand nichts Nützliches in der Mappe, von dem sie nicht


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