TRANSFORMATION (Euphoria Z 2). Luke Ahearn

TRANSFORMATION (Euphoria Z 2) - Luke Ahearn


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ihm durch das Trümmerfeld, um eine Erklärung zu finden. Jeff stand ganz alleine am Rand. Weed belustigte diese Szene auf seltsame Weise, weshalb er sich auf die Zunge beißen musste, um bloß nicht in schallendes Gelächter auszubrechen. Schuld daran war der Anblick des Bullen, der sich so dermaßen aufplusterte. Außerdem rang der Alte mit Gefühlen, die er schon ziemlich lange nicht mehr gehabt hatte: Wut auf den Schuldigen, denn dieser Ort wuchs ihm allmählich wirklich ans Herz, und die Leute hier waren so etwas wie seine … Familie? Nein, das fand er zu hoch gegriffen, doch sie wurden ihm mit der Zeit immer wichtiger. Außerdem sorgte er sich um die schwarze Frau. Falls sie wirklich tot sein sollte, würde er sie vermissen.

      Auf einmal schrie Ana auf und sprang zur Seite. Blut war ihr in die Haare und ins Gesicht getropft. Sie schaute hoch und heulte auf. Zwischen den Rohren an der Decke klemmte das Bein eines Mannes, ein stark behaartes. Der Fuß steckte noch in einem Arbeitsstiefel, wie Sal sie immer trug.

      »Oh mein Gott.« Lisa hielt sich eine Hand vor den Mund. Sie starrte auf einen verkohlten Klumpen, den sie zuerst für einen Müllsack gehalten hatte. Es war jedoch ein Oberkörper mit einem Kopf, an dem noch blonde Strähnen klebten. Ein Arm fehlte, der andere hing an einem zerfledderten Muskelstrang. Es konnte praktisch nur Mary sein.

      »Wir müssen eine …«, begann Ron. »Wir müssen … Wer ist nicht …« Sein Entsetzen war einfach zu groß, als dass er einen vollständigen Satz hätte äußern können. Ihm war schwindlig und übel zugleich. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass auch Donna nicht mehr lebte.

      »Du hast das getan!«, fuhr Dale aufgebracht Francis an. »Du bösartiges Schwein!«

      Weed machte große Augen und sperrte den Mund auf, womit er möglichst verwirrt wirken wollte, aber der Cop übertrieb es schlicht und ergreifend. Da nicht mehr viel fehlte, dass er sich zu einem breiten und fiesen Grinsen hinreißen ließ, ging er stattdessen zu Plan B über: Er fasste sich an die Brust und ging auf alle viere nieder. Ron sprang sofort zu ihm. Der Polizist hingegen sah die beiden nur abfällig an.

      »Verflucht, Dale! Das ist jetzt die falsche Zeit für solchen Scheiß«, schimpfte Ron, als er sich neben Weed hinkniete. »Alles in Ordnung mit dir?«

      Der Alte nickte nur. »Geht gleich wieder«, krächzte er. »Das alles ist einfach zu viel für mich. Hilf mir mal auf. Ich muss wieder etwas arbeiten.«

      »Nein, du brauchst jetzt erst mal Ruhe.« Nachdem Ron ihn wieder aufgerichtet hatte, schlurfte Weed langsam auf die Rampe zur dritten Ebene zu. Er war aber noch nahe genug, um den Schwarzen stöhnen zu hören. Pummelchen redete unentwegt auf ihn ein.

      »Wir wissen nicht, ob es Donna ist, also müssen wir genauer nachsehen … und sollte das Sal sein, wo steckt dann Wendy? Von ihr fehlt nämlich auch noch jede Spur.«

      »Vielleicht stand sie direkt bei der Explosion und wurde pulverisiert«, warf Jeff unsensibel ein.

      »Blödmann«, blaffte Lisa und fing an, zu weinen. »Tut mir leid. Ich weiß … ich weiß, du kannst nichts dafür.«

      Jeff sah sie verwundert an, bis ihm wieder einfiel, was Mary ihm erklärt hatte: Manchmal musste man sich bei jemandem entschuldigen, den man aufgeregt hat, auch wenn man den eigenen Fehler nicht erkannte. »Mir tut es auch leid«, wisperte er verunsichert.

      »Schon gut.« Lisa umarmte ihn. Er war noch nie dermaßen von der Rolle gewesen.

      Dale stand währenddessen ruhig da und wirkte äußerlich gefasst, innerlich kochte er aber vor Wut. Er war sich sicher, dass Francis etwas mit der Explosion zu tun hatte. Während sich der Alte fortschleppte, drehte er sich verstohlen zu ihnen um.

      Als Francis sah, dass ihn Dale beobachtete, lächelte er und zwinkerte. Er hätte schwören können, der Cop balle seine Fäuste so fest zusammen, dass die Fingerknochen weiß hervortraten.

      Tatsächlich überkam Dale aber ein Gefühl von Ruhe und Frieden, als ihm klar wurde, dass es nun an der Zeit war, Nägel mit Köpfen zu machen. Er wusste, was er tun würde, damit das alles vorbeiging und auch wann. Er wollte diesen alten Bastard so bald wie möglich aus dem Verkehr ziehen.

      Weed lächelte erneut, und zwar richtig ausgelassen. Er konnte sich sehr gut vorstellen, was der Bulle im Schilde führte, und er würde darauf vorbereitet sein! Dass jemand den alten Francis unter die Erde bringen wollte, geschah beileibe nicht zum ersten Mal.

      Ha! Unkraut vergeht nicht, das passt zu meinem Spitznamen.

      Diese Erkenntnis kam ihm plötzlich wie ein gesalzener Schlag auf den Kopf: Für ihn waren die Mitglieder dieser Gemeinschaft nichts weiter als kleine Fische in einem großen Teich. Er brauchte doch nur ein paar Krumen ins Wasser zu bröckeln, um sie anzulocken, es dann aufzuwühlen, wenn er sie verängstigen wollte, oder wie im Fall dieses Polizisten einfach einen Haken mit dem richtigen Köder hineinzuwerfen. Der arme Mistkerl. Fast tat er ihm leid … aber eben nur fast.

      Als Ron später zu Besuch kam, war Weed noch immer wach und angenehm high. Er setzte sich aufrecht hin, und stellte seine bestrumpften Füße auf den Boden, damit sich der Schwarze neben ihn auf das Bett setzen konnte.

      »Ich wollte nur nachsehen, ob alles Okay bei dir ist. Du bist ja zusammengebrochen und …«

      »Ach, mir geht's gut, und dir? Schon eine Spur von … Entschuldige.«

      »Nein, noch nichts.« Rons Gesicht war von Gram gezeichnet. Er hatte feuchte Wangen und weinte nach wie vor.

      »Wir haben … viele Körperteile gefunden. Einige gehören … mit Sicherheit Alvin oder Mary, vermutlich auch Sal.«

      »Furchtbar … Ich weiß nicht, was ich …«, stammelte Weed. »Denkst du, hier im Parkhaus ist es noch sicher?« Gerade schaute er in den Teich und auf einen kleinen, schwarzen Fisch, dem er Brotkrümel zuwarf.

      »Äh, ja, ich schätze schon. Darüber habe ich ehrlich gesagt noch gar nicht nachgedacht.« Ron schwieg einen Moment lang. »Vielleicht sollten wir uns auf eine Seite im Gebäude zurückziehen oder … Ich wollte vorschlagen, dass es jemand untersucht, aber wer sollte das sein?«

      »Was ist denn deiner Meinung nach passiert?«

      »Ich weiß es nicht. Dort unten haben viele Chemikalien gelagert. Womöglich ist einfach etwas ausgelaufen.«

      »Das könnte sein.« Weed stieß die Wörter mit einem Seufzer aus. Dabei schaute er auf seine Füße und grunzte leise … ein leichtes Platschen, um die Aufmerksamkeit des schwarzen Fischchens zu gewinnen.

      Ron stutzte. »Geht es dir wirklich gut?«

      »Soweit schon, aber Mr. Undercover glaubt ja, ich sei's gewesen. Er kam mir fest entschlossen vor, mich anzugreifen. Ich mache mir echt Sorgen, Ron.«

      »Oh, da ist was dran, er mag dich tatsächlich nicht. Wir wollten ihm eigentlich Zeit geben, sich mit dir anzufreunden, aber nach dieser …«

      »Tja, ich weiß gar nicht, ob ich traurig oder böse auf ihn sein soll. Ich meine, so etwas vorgeworfen zu kriegen ist nicht schön. Findest du nicht auch … ach nein …«

      »Was? Du meinst, Dale hätte das getan, um es dir anzuhängen?«

      Sieh an, staunte Weed. Der kleine Neger hat aber schnell kombiniert. Dachte schon, ich müsste es ihm erst häppchenweise beibringen. Noch ein paar Krümel, Francis. Er beißt bereits an.

      »Also, kurz daran gedacht habe ich schon, aber nein, er war's nicht, das würde ich ausschließen. Es kommt mir so abwegig vor. Vorstellbar wäre eher, dass … Nun, er steckt jedenfalls nicht dahinter.« Er tat so, als wolle er jetzt das Thema wechseln. »Dieser Schli…« Fast wäre ihm ein »Schlitzäugige« herausgerutscht. »Dieser Schlingel, der arme Kerl ist bei der Explosion umgekommen.«

      »Schlingel?«

      »Ja, ist nur so ein Ausdruck. Einer meiner Stiefväter nannte uns Kinder immer so. Kommt her, ihr kleinen Schlingel, rief er oft. Ihr sollt Geschirr abwaschen. Du weißt ja, Eltern und ihre Kosenamen.« Gut gerettet, Francis.

      »Stimmt, mein Vater nannte mich eine Zeit lang immer Süßer, weil er


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