Privatdetektiv Joe Barry - Das Erbe des Teufels. Joe Barry

Privatdetektiv Joe Barry - Das Erbe des Teufels - Joe Barry


Скачать книгу
Whisky vertragen sich nicht. Das eine ist Rebe, das andere ist Korn.“

      Er stellte die Flasche weg und nickte ihr anerkennend zu.

      „Das ist die Grenze, Cindy“, philosophierte er. „Darüber bin ich nie weggekommen. Ich habe mir vorgenommen, Geld zu scheffeln, und ich schaffte es. Dann lernte ich, damit umzugehen. Auch das gelang mir. Mein Geld imponierte den Leuten. Aber Anerkennung – die bekam ich nicht. Respekt, meinetwegen, und Haß, Angst und Wut – das bekam ich haufenwelse. Mehr nicht.

      Vielleicht lag es daran, daß ich als armer Teufel geboren wurde. Manche Dinge muß man sicher von zu Hause mitbekommen. Ich bin nie hinter die Feinheiten gekommen. Daß Bourbon gut ist und Kornsprit aus der 38. Straße nicht gut ist, habe ich schnell begriffen. Aber sonst?“ Er zuckte die Achseln.

      „Deshalb hast du dich auch in Texas angesiedelt, wie?“ fragte sie.

      „Stimmt. Die Texaner gefallen mir. Sie fliegen viermotorige Privatjets und bauen dreißig Meter lange Swimmingpools in die Wüste, aber sie reden Speck und Dreck. ,Seht her, Leute, wir haben zwar Geld, aber wir leben noch genauso einfach wie Opa Anno 1860!‘ Dieser Ton gefällt mir schon besser.“

      Er musterte Cynthia.

      „Du solltest das von deinem Alten wissen.“

      Sie schwieg und zündete sich eine Zigarette an. Hymnie trat wieder ans Fenster.

      „Jetzt haben sie Wachablösung“, berichtete er. „Zwei Mann. Sie lösen sich alle acht Stunden ab. Arme Teufel. Arbeiten völlig umsonst.“

      „Immerhin beschneiden sie dich in deiner Handlungsfreiheit“, sagte Cynthia sachlich.

      „Die da unten? Nein! An die habe ich mich gewöhnt. Wenn ich will, drehe ich sie so durch den Wolf, daß sie das FBI für ein Wohlfahrtsinstitut halten. Ich fürchte den anderen.“

      „Den anderen?“

      Er nickte.

      „Den Mann mit dem ausdruckslosen Gesicht. Ich habe ihn noch nicht gesehen. Aber ich weiß, daß er da ist. Er will mich töten.“

      Cynthia erschauerte. Einen Moment herrschte lastende Stille im Raum. Dann ertönte das Plopp, mit dem eine gut gekühlte Sektflasche geöffnet wird. Hymnie hatte noch eine Flasche Veuve Cliquot gefunden. Er lachte spöttisch.

      „Keine Sorge, Darling! Ich gebe nicht kampflos auf. Meine Chancen sind sogar gut. Jetzt, wo du die Adresse gefunden hast …“

      „Was hast du vor?“ fragte sie. Ihre Stimme klang nicht neugierig.

      Er griff in die Tasche und beförderte einen Zettel zutage. Es war die Hälfte eines zerrissenen Schecks.

      „Nimm das und fahr zum Ambrose-Hotel. Wenn Chet Gwynn dort wohnt, bedeutet das, daß er abgebrannt ist. Ich schulde ihm von früher her noch fünftausend Dollar. Hier ist ein Scheck über diesen Betrag, aber nur ein halber. Sag ihm, daß er einen ganzen Scheck bekommt, wenn er sofort ins Marberry kommt.“

      „Er scheint nicht gerade zu deinen Freunden zu zählen“

      „Ich habe die Erfahrung gemacht, daß Freunde bedeutend riskanter sind als Leute, die man gut bezahlt. Also los beeil dich. Wir haben nicht mehr viel Zeit.“

      Als Cynthia fort war, griff er wieder nach der Sektflasche. Er hatte sich an dieses Getränk gewöhnt, weil es anregte und er dabei einen klaren Kopf behielt.

      Einen klaren Kopf – den hatte Hymnie sein ganzes Leben lang gebraucht.

      Der Portier des Marberry beobachtete Cynthia, als sie wie ein rassiger Jaguar die Halle durchquerte.

      „Lecker“, sagte er zu seinem Kollegen von der Telefonzentrale. „Kannst du verstehen, wie unser Killerveteran an so etwas gekommen ist?“

      Der Kollege schraubte düstere Falten in sein Gesicht.

      „Dollars“, sagte er bedeutungsvoll. „Hymnie hat haufenweise Geld. Das macht es.“

      „Bei Gott, das ist wahr“, stimmte der Portier zu. „Eine Schande, aber wahr.“

      Der Mann namens Chet Gwynn stand eine halbe Stunde später in Hymnies Appartement. Der alte Gangster hatte sich nicht geirrt. Der Anblick des Schecks hatte besser gewirkt als eine schußbereite Automatic.

      Chet Gwynn und Hymnie waren ungefähr gleichaltrig miteinander. Sie waren gleich groß und beide noch überraschend gut gebaut. Was bei Hymnie allerdings intensives Training bewirkt hatte, hatte bei Chet die Tatsache erreicht, daß mit fünfzig Dollar wöchentlich kein Bauch gepflegt werden kann. Beide Gesichter erinnerten an Leder, in das tiefe Falten hineingeätzt sind. Auf den ersten Blick hätte man sie für Zwillingsbrüder halten können.

      Aber die Kleidung machte den Unterschied. Hymnies Anzug stammte aus der Bond Street in London, sein Hemd war aus federleichter Seide und seine Krawatte von der Fifth Avenue.

      Bei Chet Gwynn waren derart präzise Angaben unmöglich. Mit Sicherheit ließ sich nur sagen, daß er einen reichlich heruntergekommenen Eindruck machte.

      Hymnie blieb sitzen und strahlte seinen Besucher wohlwollend an. Nur seine Augen blieben kalt; sie strahlten nicht mit.

      „Hallo, Chet!“ sagte er. „Lange nicht gesehen, nicht wahr?“

      „Du sagst es überdeutlich“, brummte Gwynn und besah sich die Pracht ringsum. „Gut wohnst du, Alter. Das hier muß ’ne Menge kosten.“

      „Tut es auch, Chet.“

      Gwynn beendigte die Besichtigung des Appartements und wandte sich Hymnie zu.

      „Was willst du von mir?“

      „Nichts Besonderes. Ist es so ungewöhnlich, daß man sich mal wieder um seine alten Freunde kümmert? Ich war lange nicht mehr in New York.“

      „Mach mir nichts vor, Hymnie. Du schuldest mir noch fünftausend Dollar. Die Zuckermaus hat gesagt, du willst sie zurückzahlen.“

      „Das stimmt auch. Ich will vorher nur eins wissen: Hast du die Zehn damals mit ’nem Pasch gewürfelt?“

      „No“, knurrte Chet. „Eine Vier und eine Sechs, kein Pasch.“

      „Zu dumm“, fuhr Hymnie fort. „Du hast damals so gewürfelt, daß ich nichts sehen konnte. Und als ich mich überzeugen wollte, waren plötzlich deine Leibwächter in der Ebene. Ich war leider ganz allein.“

      „Was regst du dich auf? Du hast ja nicht bezahlt, sondern mir einen wertlosen Schuldschein gegeben.“

      „Ich hätte dich damals bezahlt, Chet, aber ein paar Tage später gingst du mit deinen Leuten hoch, erinnerst du dich noch?“

      „Was soll’s? Willst du alte Geschichten aufwärmen?“

      „Natürlich nicht, alter Junge!“

      „Was willst du also? Krieg ich das Geld oder nicht?“

      „Du bekommst es, Chet. Mußt mir nur vorher einen kleinen Gefallen tun.“ Er trat ans Fenster und schob den Vorhang etwas zur Seite. „Da unten stehen meine Bewacher vom FBI. Die mußt du mir vom Hals schaffen.“

      „Bist du verrückt? Wie soll ich das anstellen?“

      „Hast du vergessen, daß man uns früher die ,Zwillinge vom Broadway‘ genannt hat? Wir haben uns mal ziemlich ähnlich gesehen. Auch unsere Methoden waren ähnlich. Der einzige Unterschied ist, daß deine Laufbahn vom Staat unterbrochen wurde und du zwölf Jahre in Pension geschickt wurdest. Bei mir haben sie es nicht geschafft. Deshalb überwachen sie mich heute noch.“

      „Und das Geld?“ fragte Chet Gwynn lauernd.

      „Kriegst du, hundertprozentig. Und zwar in bar, nicht als Scheck. Ein Scheck könnte ein Beweismittel sein.“

      Chet machte ein bestürztes Gesicht.

      „Aber vorhin hast du gesagt …“

      „Das


Скачать книгу