Take Me Home. Carrie Elks

Take Me Home - Carrie Elks


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ihn sein Vater aufmerksam, nachdem er seinen zweiten Bissen geschluckt hatte. »Du kannst jetzt gehen.« Er starrte ihn mit denselben blauen Augen an, denen Gray jeden Tag im Spiegel begegnete. Dann machte er eine wegscheuchende Bewegung mit der Hand.

      Gray zuckte die Achseln und wandte sich ab. Er hatte seine Pflicht erfüllt, keiner konnte etwas anderes behaupten. Wenn er nach L.A. zurückkehrte, würde sich sein Vater wieder in nichts mehr als eine verschwommene Erinnerung verwandeln.

      K

      Maddie starrte ihr Handy an. Ihre Finger schwebten über dem Namen ihrer Schwester auf dem Bildschirm. Ashleigh Lowe. Seit ihrer Heirat mochte sie zwar ein paar Buchstaben in Maddies Kontakten nach unten gerutscht sein, war aber um ziemlich viele soziale Schichten aufgestiegen, als sie zu Michael Lowe Ich will gesagt hatte. Als berühmter Anwalt in Stanhope, einer Stadt zwanzig Meilen nördlich von Hartson’s Creek, war Michael auch noch der Sohn eines Senators und arbeitete hart daran, in der nächsten Wahl an die Stelle seines Vaters zu treten.

      Die beiden hatten sich kennengelernt, als Ashleigh in einem Restaurant in Stanhope gearbeitet und für Michael und seine Arbeitskollegen gekellnert hatte. Sie war gerade mal zwanzig, als die beiden etwas mehr als ein Jahr später heirateten. Nicht, dass sich irgendjemand daran gestört hätte. Sie waren alle zu beschäftigt damit, sich zu fragen, ob Ashleigh immer noch Gray Hartson nachhing.

      Maddie drückte den Finger auf den Bildschirm und wartete darauf, dass der Anruf durchging. Sie tat sich immer noch schwer mit ihrer Reaktion über das Aufkommen von Grays Namen bei Chairs. Sie hatte sich benommen wie die Teenagerin, die sie gewesen war, als er zuletzt in der Stadt gesehen wurde – geleitet von dem klappernden Herzen in der Brust und ihr Kopf so leicht wie Luft.

      Gott sei Dank war es sonst niemandem aufgefallen. Sie war normalerweise immer gelassen. Für wann war seine Abreise noch mal geplant?

      »Maddie? Stimmt etwas nicht?«, hallte Ashleighs Stimme durch den Lautsprecher. »Ist etwas mit Mom?«

      Maddie warf einen Blick auf die alte Casio auf ihrem Handgelenk. Es war beinahe elf. »Tut mir leid, mir war nicht bewusst, dass es schon so spät ist«, entschuldigte sie sich. »Habe ich dich geweckt?«

      »Nein. Ich warte darauf, dass Michael nach Hause kommt. Ich sitze auf einem Terrassenstuhl und trinke einen Becher heiße Schokolade. Bist du okay?«

      »Jepp. Ich wollte dir nur etwas erzählen.« Maddie zupfte an einem losen Faden ihrer Überdecke. »Es ist vermutlich nicht wichtig, aber ich wollte, dass du es zuerst von mir hörst.«

      »Was gibt’s?«

      »Gray ist wieder in der Stadt. Jessica Martin hat mir davon erzählt, und Laura hat Becca angerufen, um sicherzustellen, ob es auch stimmt. Du weißt ja, wie es um die Gerüchte hier bestellt ist.«

      Ashleigh war bis auf den Rhythmus ihrer Atmung still. Die Unterlippe zwischen ihre Zähne ziehend, wartete Maddie auf eine Antwort. Es fühlte sich seltsam an, dieses Gespräch zu führen. Seit Jahren hatte keine von ihnen Gray erwähnt. Es war eine unausgesprochene Übereinkunft. Sie sprachen nie über seine Musik, seinen Erfolg oder irgendeines der Gerüchte, die ihn zu umringen schienen wie Glühwürmchen einen Baum im Sommer. Es war, als hätte Ashleigh ihn mit einer Schere aus ihrem Leben geschnitten und in den Müll geworfen.

      »Ash?«, drängte Maddie und spürte winzige Linien, die ihre Stirn zerfurchten.

      Ashleigh räusperte sich. »Es tut mir leid. Ich habe auf die Kinder gelauscht«, meinte sie etwas zu schnell. »Also ist er wieder da. Ich schätze, das wird nicht lange so bleiben.«

      »Becca meinte, es wäre nur für ein paar Wochen.«

      »Das ist wahrscheinlich am besten so.« Ashleighs Lachen klang erzwungen. »Hoffentlich laufe ich ihm nicht über den Weg, während er hier ist.«

      »Das kann ich mir nicht vorstellen ... Das war’s auch schon. Ich wollte nur, dass du es weißt.«

      »Danke. Hast du am Sonntag immer noch Zeit, auf Grace und Carter aufzupassen?«

      »Ja, ich freue mich schon. Um drei bin ich mit der Arbeit fertig, also geht es für mich danach immer.«

      »Ich schicke dir eine Nachricht, sobald ich die genaue Uhrzeit weiß. Gute Nacht, Maddie. Träum schön.«

      »Du auch.« Maddie beendete den Anruf und legte das Handy auf das Nachtkästchen neben ihrem Bett. Sie ließ sich zurückfallen, bis ihr Kopf auf das weiche Kissen plumpste. Es war ein langer Tag gewesen und dennoch vibrierte ihr Körper immer noch, als wimmelte darin ein Bienenschwarm. Um sechs Uhr früh musste sie wieder bei der Arbeit antanzen und sie brauchte verdammt noch mal ihren Schlaf. Ihr Körper fühlte sich jedoch eigenartig an. Elektrisiert. Als stünde alles um sie herum am Rande von etwas Neuem.

      Sie war sich nicht sicher, ob ihr dieses Gefühl behagte.

      4. Kapitel

      In dem zu kleinen Bett seiner Kindheitstage lag Gray wach und starrte die Wände an, die immer näher zu rücken schienen. Sie waren leer – all die Poster, die er als Teenager entgegen der Regeln seines Vaters aufgehängt hatte, waren lange fort. Übrig waren bloß ihre dunklen Schatten und glänzende Kreise an den Stellen, wo er sie einst an der Wand befestigt hatte.

      Gray setzte sich auf und fuhr sich durchs Haar. Vielleicht sollte er ein paar Minuten nach draußen gehen. Ein wenig frische Luft schnappen und die kühle Brise all die Träume wegwehen lassen, die ihn schon die ganze Nacht lang heimgesucht hatten. Er zog sich frische Kleidung aus seinem Koffer über, den er sich nicht die Mühe gemacht hatte auszupacken, und begab sich leise auf den Weg aus dem Haus. Als sich die Tür hinter ihm schloss, hoffte er gen Himmel, dass jemand wach sein würde, um ihn bei seiner Rückkehr ins Haus zu lassen.

      Am Kiesweg angekommen, zog er sich eher aus Gewohnheit als aus einem Bedürfnis heraus eine graue Strickmütze über das dunkle Haar. Er war es gewohnt, sich in der Öffentlichkeit so unauffällig wie möglich zu verhalten.

      Auf den Straßen war es ruhig, als er durch die Stadt wanderte. Bloß ab und an schnitt das Aufheulen eines Motors durch die stille Morgenluft. Gray spürte, wie sich seine Muskeln nach und nach entkrampften und sein Kiefer immer weniger angespannt war. Er hatte vergessen, wie sehr ihn dieses Haus an seine Grenzen trieb.

      Als er zehn Minuten später am Stadtplatz ankam, schien ein Licht in Murphy’s Diner und sein Magen gab einen Laut von sich, als würde er wissen, was das bedeutete. Gray fasste sich an die Taschen seiner Jeans, um sicherzustellen, dass er seine Brieftasche dabeihatte, bevor er sich auf den Weg machte.

      Das Diner war so leer wie die Straßen. Er trat an den Tresen und musterte die Glasglocken, unter denen er frisch gebackene Schokoladencookies und großzügig portionierte Stücke Zitronenkuchen entdeckte. Der Geruch ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen.

      »Sorry, ich habe Sie nicht reinkommen hören«, rief eine Frau durch die halb offene Tür zur Küche. »Ich bin gleich da.«

      »Es eilt nicht.«

      Gray lehnte sich an den Tresen, als die Frau rückwärts mit ihrem in Jeans gehüllten Hintern die Tür aufdrückte. Als ihm klar wurde, dass er sie anstarrte, blinzelte er. Ihre Kehrseite schien weich und rund, und es wäre völlig unpassend, dabei erwischt zu werden, wie er dieses Körperteil musterte. Irgendwie brachte er es fertig, seinen Blick loszureißen, bevor sie sich umdrehte und das mitgebrachte Tablett auf die Ablage vor ihm schob.

      »Oh.« Sie blinzelte. »Kann ich dir Kaffee bringen?«

      Ihr Gesichtsausdruck war undeutbar. Er hatte keine Ahnung, ob sie ihn kannte oder nicht. Becca meinte, dass inzwischen der Großteil von Hartson’s Creek über seine Rückkehr Bescheid wusste. Allerdings war seine kleine Schwester dafür bekannt, zu Übertreibungen zu neigen.

      Er nickte. »Schwarz. Kein Zucker, bitte.«

      »Kommt sofort.« Die Kellnerin lächelte, während sie ihm einen Becher einschenkte. »Weißt du schon, was du noch möchtest?«

      »Ich lasse


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