Take Me Home. Carrie Elks

Take Me Home - Carrie Elks


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Das Gefühl brachte seine Hand zum Zittern und heißer Kaffee schwappte über den Rand und auf seine Finger.

      »Oh mein Gott, das tut mir leid.« Die Kellnerin riss ein Stück Papier von einer Rolle an der Wand hinter ihr. »Bist du okay? Habe ich dich verbrannt?« Sie drückte das Papiertuch auf die Stelle. »Ich habe hier irgendwo einen Erste-Hilfe-Kasten. Da muss eine Salbe drin sein.«

      »Ist schon okay«, winkte er amüsiert ab. »Es waren nur ein paar Tropfen. Wir können uns den Verbrennungskoffer sparen.«

      Durch ihre dichten Wimpern hindurch sah sie ihn an. Gott, war sie hübsch. Auf diese Mädchen-von-nebenan-Art-und-Weise. Mit großen, grünbraunen Augen und hohen Wangenknochen voller Sommersprossen, die ihn an ein Rehkitz erinnerten. Als sie sich über den Tresen lehnte und seine Hand abtupfte, versuchte er, nicht nach unten auf ihr kurviges Dekolleté zu linsen.

      Was zum Teufel stimmte nicht mit ihm? Er war ganz und gar nicht dieser Typ von Mann. Seinen Blick wieder bestimmt auf ihr Gesicht gerichtet, wurde ihm klar, dass sie ihm bekannt vorkam. Nicht, dass das eine große Überraschung darstellte. Er war wahrscheinlich mit ihr zur Schule gegangen, hatte Football mit ihrem Bruder gespielt oder bei einer Schulveranstaltung mit ihrer Cousine rumgemacht. Er müsste nur nach ihrem Namen fragen, um herauszufinden, wer sie war und wer ihre Verwandten waren. Und dennoch tat er es nicht. Weil er ihr dann würde sagen müssen, wer er war.

      Er hob den Becher an die Lippen und schluckte einen Mundvoll Kaffee, während er beobachtete, wie sie den Tresen abwischte. Er konnte das Getränk kaum schmecken.

      »Soll ich dir nachfüllen?«, bot sie ihm an.

      »Das wäre nett.« Er hielt ihr den Becher hin. Diesmal war sie extra vorsichtig. Schenkte ihm langsam ein und hielt gute drei Zentimeter Abstand zwischen Kaffee und Becherrand. »Ich bestelle gleich was. Ich konnte mich noch nicht entscheiden.«

      »Lass dir Zeit. Murphy ist da hinten sowieso noch im Halbschlaf. Ich rate den Kunden immer, vor acht Uhr nichts Essbares zu erwarten.«

      Gray lachte. »Ist der Laden deswegen so leer?«

      Sie schüttelte den Kopf. »Er ist leer, weil jeder so lange schläft, wie er kann, ehe die Kirche anfängt. Vor dem Ende der Messe ist hier sonntags nie viel los.«

      »Alle gehen in die Kirche?« Immer noch? Gray hatte seit Jahren keinen Fuß mehr in ein Gotteshaus gesetzt.

      »So ziemlich.«

      »Nur du nicht.«

      Sie grinste. »Ich bete in der Kaffeekirche.«

      »Du kommst in die Hölle.« Er zwinkerte ihr zu.

      »Da war ich schon. Ich bin ein paar Jahre dortgeblieben, habe mir ein T-Shirt besorgt und beschlossen, nicht wieder zurückzukehren.« Sie hob eine Augenbraue, während sie sich mit dem Ellenbogen auf den Tresen stützte und ihr Kinn in die Handfläche legte. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass es unanständigere Leute gibt, auf die sich der Teufel konzentrieren kann.« Die Art, wie sich ihre Lippen kräuselten, stellte irgendetwas mit ihm an. Es war überhaupt kein Make-up auf ihnen verteilt und sie waren dennoch genauso voll wie all jene, die er in L.A. gesehen hatte.

      Es war viel zu lange her, seit er zuletzt flachgelegt worden war. Doch der Gedanke daran, diesen Zustand in Hartson’s Creek zu bereinigen, brachte ihn beinahe zum Lachen. Gerüchte flogen in Lichtgeschwindigkeit durch diese Stadt. Er machte sich allerdings weit mehr Sorgen darüber, dass Tante Gina davon Wind bekam, als über jedes Klatschblatt, das für diese Art von Informationen gutes Geld bezahlen würde.

      »Okay, ich glaube, ich bin bereit, was zu bestellen. Ich nehme die Pancakes mit Ahornsirup in einer Kanne. Und habt ihr Erdbeeren?«

      »Sicher doch.«

      »Dann nehme ich noch frische, aufgeschnittene Erdbeeren in einer extra Schüssel dazu.«

      »Willst du auch Eier?«, fragte sie ihn.

      »Danke, nein.«

      »Gute Entscheidung. Ein Restaurantkritiker von der Stanhope Daily war mal hier. Er hat sie als ungenießbar beschrieben.« Sie beugte sich kopfschüttelnd zu ihm vor. »Das ist eigentlich eine Lüge. Was er wirklich gesagt hat, war: Die gebratenen Eier in Murphy’s Diner erinnerten mich an das erste Mal, als ich meinem Freund meine tiefste Zuneigung gezeigt habe. Liebe Leser, ich empfehle zu spucken, nicht zu schlucken.« Sie rümpfte die Nase.

      Gray brach in schallendes Gelächter aus. Gott, war dieses weibliche Wesen süß. Er wollte herausfinden, ob sich diese Lippen so gut anfühlten, wie sie aussahen. Wollte mit den Fingern durch ihr Haar fahren, um zu sehen, ob es so seidig war, wie er es sich ausmalte.

      »Spart euch die Eier, definitiv«, holte er sich selbst aus den Gedanken.

      Als sie sich umdrehte, um in die Küche zu gehen, wandte er den Blick zum Fenster, um hinaus auf den Stadtplatz zu starren. Ja, sie war hübsch, aber er war hübsche Mädchen gewohnt. Das Letzte, was er jetzt brauchte, war eine Komplikation wie diese.

      K

      Nachdem Gray zwei Teller von Murphys feinsten Pancakes vertilgt hatte, verließ er das Diner. Mit seinen langen, in Jeans gehüllten Beinen überbrückte er die Entfernung zwischen dem Tresen und dem Ausgang in wenigen Schritten.

      Kaum, dass sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, wurde Maddies Gesicht heiß. Durch das Glas hindurch beobachtete sie ihn dabei, wie er die Wollmütze auf seinem Kopf zurechtrückte und die Hände in seine Taschen steckte, bevor er auf dem Gehweg losmarschierte. Seine Wangen waren eingezogen und die Lippen gespitzt, als würde er pfeifen.

      Sie schnappte sich seinen leeren Teller und seufzte.

      »Murph?«, rief sie.

      »Hm?« Die Zeitung lesend, saß dieser mit einem dümmlichen Grinsen auf dem Stuhl in der Ecke. Was seltsam war, weil Murphy nie lächelte.

      »Was liest du da?«

      »Die Witzseiten.«

      »Wirkt so, als würden sie dir gefallen.«

      »Sie sind der letzte Dreck.« Als fiele ihm gerade erst auf, dass er lächelte, zog Murphy die Brauen nach unten, rollte die Zeitung zusammen und warf sie quer durchs Zimmer. »Weiß nicht, warum ich dieses Schmierblatt überhaupt kaufe.«

      Maddie verbiss sich ein Lachen. Murphy kultivierte seinen Mürrischer-alter-Mann-Look schon seit Jahren. »Ich mache mal Pause. Es ist keiner im Diner, aber ich halte Ausschau und komme zurück, falls irgendwelche Kunden reinschneien.«

      »Hm.« Nickend ließ er den Blick auf die Zeitung auf dem Boden gleiten.

      Seine Antwort als Ja interpretierend, schenkte sich Maddie einen Becher Kaffee ein und fügte extra Sahne hinzu, bevor sie sich auf den Weg zur Sitzbank machte, die in der Mitte des Stadtplatzes stand. Das war ihr liebster Pausenort, besonders, wenn sonst niemand hier war. Im Sommer schloss sie immer die Augen und atmete den Duft des Rosengartens ein, der von der warmen Brise zu ihr hochgetragen wurde. Im Winter zog sie den Reißverschluss ihrer gefütterten Jacke bis oben hin zu und kauerte sich über ihrem Becher zusammen, als wäre er ein wärmendes Feuer.

      »Ich habe vergessen, dich nach deinem Namen zu fragen.« Der Klang einer geschmeidigen, tiefen Stimme ließ sie aufschrecken. Maddie blickte zu Gray hoch, der vor ihr stand. Mit seinen breiten Schultern blockierte er die frühe Morgensonne.

      »Meinen Namen?«, wiederholte sie stirnrunzelnd.

      »Ja, ich wollte ein Trip-Advisor-Kommentar schreiben. Den Lesern erzählen, dass du mir geraten hast, die Eier zu vermeiden.«

      Maddie verbiss sich ein Lächeln. »In dem Fall ist mein Name Cora Jean«, machte sie ihm weiß. »Soll ich dir das buchstabieren?«

      »Du sieht nicht aus wie eine Cora Jean.« Er legte den Kopf schief und fing ihren Blick mit seinem auf. Sie hatte vergessen, wie magnetisch er war. Wie anziehend diese dunkelblauen Augen wirkten. Für den Fall, dass sich ihr Körper entscheiden sollte, sich an seinen zu werfen, umfasste sie die


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