Goldstück-Variationen. Michael Klonovsky

Goldstück-Variationen - Michael Klonovsky


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Er würde sich wünschen, dass die Studenten sich nicht vernetzten, sondern daheim auf dem Hosenboden säßen und lernten, wie man richtig deutsch schreibe, wohin ein Komma gehöre und wie man einem komplizierten Gedankengang so genau folge, dass man ihn danach in eigenen Worten referieren könne. – Was sei denn seine Profession?, erkundigt sich der andere. – »Ich bin Rechtshistoriker.«

      Und der Nächste war froh, dass er – etwas formeller als die Grüne, also mit einem Vorwand – dem Tisch den Rücken kehren konnte …

       1. Februar

      Abgeschottet von Leibwächtern und in kugelsicheren Limousinen mit abgedunkelten Scheiben die Städte durchquerend, in einer Parallelwelt hinter Sicherheitsschleusen und Panzerglasfenstern amtierend, bei jedem öffentlichen Auftritt vom Kontakt zu den Menschen da draußen abgeschirmt, rauschte der Gottkanzlerin der Satz durch die Rübe: »Wir glauben, dass Abschottung uns nicht weiter bringt.«

       3. Februar

      Nachdem die Grünen im sozialistischen Wettstreit mit den Hell-und Dunkelroten die Kernfamilie mit ermüdlicher Penetranz wahlweise für ein soziales Konstrukt, für ein bürgerliches Relikt, für eine heteronormative Zementierung überkommener Geschlechterrollen, jedenfalls für obsolet und abschaffenswert erklärt haben, da biologische Geschlechter ohnehin nicht existieren, jeder zwischen beliebig vielen Gendern frei wählen kann und niemand mehr »dem Führer ein Kind schenken« muss, entdecken sie, mit der Spitzentörin Göring-Eckardt vorneweg, beim Thema Familiennachzugplötzlich das überholte Schema Mutter-Vater-Kind wieder. Familie ist nämlich nur ein Konstrukt, wenn es sich um Deutsche bzw. Weiße handelt, alle orientalischen oder schwarzafrikanischen Hetero-Familien sind aber total hip und fördernswert, sogar Polygamie und Kinderehe.

      Warum Familiennachzug so wichtig ist, erklärt die FAZ: »Viele junge Flüchtlinge sind unter derzeitigen Bedingungen nicht ins reguläre Schulwesen zu integrieren – so steht es in einem Brief von Lehrkräften aus dem Landkreis Darmstadt-Dieburg an den hessischen Kultusminister Alexander Lorz (CDU). Den Pädagogen geht es um Migranten im Alter von elf bis 16 Jahren, die sie selbst in sogenannten Alphabetisierungsklassen unterrichten. Die Jugendlichen hätten in ihren Herkunftsländern keine oder kaum Schulerfahrungen gesammelt. Sie seien ›primäre Analphabeten‹, hätten also nie gelernt, zu lesen und zu schreiben. Überdies fehlten ihnen auch soziale Kompetenzen, die Grundvoraussetzung für einen Schulbesuch seien, etwa die Fähigkeit, selbständig zu arbeiten und Regeln einzuhalten.« Ist aber nur »unter derzeitigen Bedingungen« ein Problem. Die echten Fachkräfte können ihren Hartz IV-Fragebogen schon bald mit wenig Hilfe ausfüllen.

      Das BKA hat im vergangenen Jahr fast 100 Übergriffe auf Christen in Deutschland gezählt, darunter ein mutmaßlicher Mord, neun Körperverletzungen und eine Brandstiftung. In etwa einem Viertel der Fälle seien Kirchen oder christliche Symbole angegriffen worden. Die Motive sind rätselhaft, hängen aber wahrscheinlich mit der hohen Anzeigebereitschaft von Christen zusammen.

       6. Februar

      Freund *** berichtet von einem Gespräch mit einem Deutschlehrer, der gemeinsam mit anderen humanitär bewegten Kollegen in Berlin gestrandeten Neubürgern Deutschunterricht anbietet, ehrenamtlich in seiner Freizeit versteht sich. Alle diese Lehrer, erklärt der Vertreter der Sparte, hätten dabei dieselben Erfahrungen mit ihren Zöglingen gemacht: Ab der zweiten oder dritten Stunde trete Lustlosigkeit ein, würden die Zeiten nur noch abgesessen, spielten sie auf ihren Smartphones herum, statt zuzuhören. Kaum einer zeige die Bereitschaft, Vokabeln zu lernen, von der Grammatik gar nicht zu reden. Letztlich blieben sämtliche Bemühungen fruchtlos.

      Dieses Resümee werde, wie gesagt, unisono gezogen. Dann aber trete ein interessanter Bruch in der Lehrerschar zutage: Während die eine Hälfte die Goldstücke schulterzuckend für unbeschulbar erkläre und sich aus dieser Sisyphosiade zu verabschieden gedenke, suche die andere Hälfte die Schuld bei sich. Offenbar habe man die »Flüchtlinge« nicht hinreichend motiviert, sei man nicht genug auf sie eingegangen und dergleichen fromme Floskeln mehr. Das Schema ist bei diesen Zerknirschten immer dasselbe: Wir sind diejenigen, die etwas falsch machen – die uns Zugelaufenen kommen dafür nie in Betracht. Wir müssen uns nach ihnen richten. Wir sind für sie verantwortlich. Das gilt bekanntlich auch für die Speisewünsche, religiösen Gebote und kulturellen Bizarrerien der unverhofft so zahlreich Hereingeschneiten bzw. immer noch Hereinschneienden.

      Man stelle sich vor, sagt Freund ***, eine Kohorte Deutscher wandere nach China aus und verlange dort neben Sozialleistungen, Unterkunft und eigenen Andachtsräumen täglich Schweinshaxe, Königsberger Klopse, Pils – und von den chinesischen Pädagogen mehr Motivationsofferten für das Erlernen ihrer schwierigen Sprache. Fairerweise will ich hinzufügen, dass unsere Neumitbürger dergleichen ja nicht verlangen, sie nehmen es einfach nur an. Und dann erzählen sie eben in ihre Länder weiter, wie grandios bescheuert die Deutschen sind, bei denen man all das für lau bekommt, wofür sie daheim hart arbeiten müssten. Nur die Sprache von diesen Freaks, die würden sie nicht mal geschenkt nehmen.

      »Die AfD ist wichtig, um die falsche Politik der offenen Grenzen zu stoppen, die sich fatal auf die Welt auswirkt«, schreibt Rafi Eitan, der Mann, der Adolf Eichmann vor seine irdischen Richter gebracht hat. In einem Grußwort zu einer Veranstaltung der AfD-Bundestagsfraktion zum Thema »alter und neuer Antisemitismus« erklärte der ehemalige Geheimdienstagent und israelische Minister, die Judenfeindschaft habe heute »ein anderes Gesicht« als in der Vergangenheit. Wenn man nichts dagegen unternehme, würden »die Moslems die freie demokratische Gesellschaft in etwas anderes verwandeln«. Ein Land, das seine Grenzen nicht sichere, sei ein schwaches Land. Der AfD bescheinigte er: »Sie haben mehr Freunde in der Welt, als sie denken.«

      Das Gros der Wahrheits- und Qualitätspresse beschwieg das unerhörte Statement beflissentlich; nur da und dort, etwa aus dem Internet-Flusensieb Huffington Post, ertönte leises Gegrummel dergestalt, dass die AfD nun einen Nazi-Jäger »instrumentalisiere«, um von sich selber abzulenken. Einzig der israelische Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, reagierte in üblicher Schrillheit: Mit den Worten »Ich weise die Ausführungen von Rafi Eitan aufs schärfste zurück« zeigte er auf Twitter, was er in Deutschland gelernt hat. Eitan lobe deutsche Rechte, »die die Nazi-Vergangenheit verherrlichen« (wen genau er damit meint, ließ der Botschafter offen; es wird wohl im Zweifelsfall, wie stets, der Meister Urian aus Thüringen dafür herhalten müssen). Dass Eitan, dieser Scheitan, sogar noch den Wunsch äußerte, die Alternative für Deutschland möge eine Alternative für Europa werden, sei »traurig und eine Schande«; Letztere praktisch für ganz Deutschland.

      Nun lautet die Frage, wessen Wort mehr Gewicht hat: Dasjenige des Eichmann-Entführers und Tatmenschen, oder das eines Karrierediplomaten, der die Welt hinter getönten Autoscheiben wahrnimmt und dessen berufliche Biografie sich im Wesentlichen darin erschöpft, dass er irgendwelchen Delegationen angehörte.

      Das Genie der Voralpen, Heribert der Beherzte, hat in einem Leitartikel des Süddeutschen Beobachters kundgetan, dass Fußballvereine selbstverständlich das Recht besitzen, AfD-Mitgliedern den Eintritt zu verweigern. Leider hat er vergessen, zwei wichtige Folgefragen zu beantworten, die Beantwortung der ersten wahrscheinlich nur deswegen, weil es ja logisch ist, dass die Vereine dann auch SPD-Mitglieder, Grüne, Moslems oder Bibelforscher abweisen dürfen. Die zweite Frage betrifft den Verfahrensrahmen: Dürfen denn die Vereine künftig von jedem Anwärter auf Mitgliedschaft verlangen, dass er Auskunft über seine Parteizugehörigkeit erteilt? Ich meine, das sollte in einer entwickelten Gesellschaft möglich sein, solange es noch unterschiedliche Parteien gibt.

      


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