Goldstück-Variationen. Michael Klonovsky
hoffentlich prüfen und ahnden.
»Doch die Russen hoben die Wut und die Paranoia immer wieder auf ein höheres Niveau. Sie pumpten Sauerstoff in jedes Glutnest der Angst und der Zwietracht, das irgendwo im Land glimmte, bis es hell aufloderte.«
Und säten als leicht entzündliche Keimzelle der flammenden Drehscheibe im Netzwerk der Zwietracht den lodernden Flächenbrand, der als Feuerwalze des Hasses die Angst bis ins Weiße Haus trug. – Majestätisch lodert der Verdacht auf, dass lustige russische Hacker diesen Seim platziert haben.
26. Februar
Mein Achtjähriger hört gestern in der Aktuellen Kamera, dass die Ministerposten für das neue Kabinett vergeben seien und Frau von der Leyen Verteidigungsministerin bleibe. »Und wer«, fragt er, »ist zuständig für Angriff?«
Viele Leser haben mich durchaus erregt auf das Interview hingewiesen, das der in Harvard lehrende Politikwissenschaftler Yascha Mounk vor ein paar Tagen den Tagesthemen gegeben hat, und nachdem ich es mir angehört hatte, verstand ich die allgemeine Empörung. Ein als liberaler Jude auftretender gebürtiger Deutscher, der 2017 die amerikanische Staatsbürgerschaft erworben hat, um nach eigener Auskunft besser oder zumindest effektvoller gegen Trump kämpfen zu können, weil er sich als Zuspätgeborener nicht auf den originalen Donald mit dem Schnauzbärtchen stürzen durfte, verkündet zur besten Sendezeit im deutschen Premium-fernsehen rechtsextremistische, rassistische, fremdenfeindliche Verschwörungstheorien – die angebliche Umvolkung und den noch angeblicheren Großen Bevölkerungsaustausch (Le grand remplacement) –, und die Moderatorin lässt ihn einspruchslos gewähren! Wahrscheinlich war Frau Miosga eingelullt, weil Mounk in seinen Eingangssätzen schlau den Nationalismus und den Rechtspopulismus verurteilt hatte, um dann die Sau raus oder vielmehr reinzulassen mit Worten, die inzwischen landauf, landab rauschen, nämlich »dass wir« – wer auch immer dieses »Wir« sein mag, welches ein amerikanischer Politikwissenschaftler im deutschen TV gebraucht – »hier« – dito – »ein historisch einzigartiges Experiment wagen, und zwar eine monoethnische und monokulturelle Demokratie in eine multiethnische zu verwandeln. Das kann klappen, das wird, glaube ich, auch klappen, dabei kommt es aber natürlich auch zu vielen Verwerfungen.« Der Interviewpartner der Tagesthemen sagt also genau das, was diese rechten Spinner und AfD-Typen uns immer einreden wollen: Die Deutschen würden durch Einwanderer verdrängt und sukzessive ausgetauscht, sie würden fremd im eigenen Land, die Flüchtlinge seien gar keine Flüchtlinge, sondern Eindringlinge und dergleichen Fakehetze mehr. Welch ein Skandal! Der Sender freilich scheint keinerlei Konsequenzen aus dem Schurkenstück ziehen zu wollen.
Was dieses Experiment – speziell im Hinblick auf die begleitenden »Verwerfungen« – für die in Deutschland bzw. in den Nachbarländern lebenden Juden bedeutet, auch das muss u.a. in den Tagesthemen täglich neu ausgehandelt werden, gern einmal wieder mit dem während einer seiner Kampfpausen aus Übersee zugeschalteten Herrn Mounk.
2. März
»Was ich an Menschen am meisten bewundere, ist eine heitere Gemütsverfassung, eine Abneigung gegenüber moralischen Werturteilen und eine allumfassende Toleranz – kurz, eine sportlich faire Einstellung. (…) ein solcher Mensch wacht immer über seinen amour propre, indem er zunächst immer annimmt, dass sein Gegner ein genauso anständiger Kerl ist wie er selbst und am Ende vielleicht sogar recht haben könnte. Eine derartige Einstellung ist für einen Demokraten unvorstellbar. Sein Merkmal ist es geradezu, dass er seinen Gegner grundsätzlich nicht nur mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln angreift, sondern auch seine moralische Verachtung deutlich zum Ausdruck bringt. (…) Ich kann solche Burschen nicht ausstehen. In ihre Gefühle kann ich mich nicht hineinversetzen, ich kann ihre moralische Entrüstung nicht verstehen, ebensowenig wie ihr cholerisches Temperament. Ganz unbegreiflich ist mir ihr Neid – deshalb bin ich gegen sie.« Henry Louis Mencken
Nun beginnt es also. Nach dem jahrelang von bewaffneten schwarzen Banden gewissermaßen auf Raten veranstalteten Massaker an weißen Farmern hat das südafrikanische Parlament beschlossen, weiße Bauernfamilien, die ihr Land teilweise schon seit Generationen bewirtschaften, entschädigungslos zu enteignen.
Die Abgeordnete Thandeka Mbabama von der Democratic Alliance Party, die gegen den Beschluss stimmte, sagte: »Making this argument lets the ANC off the hook on the real impediments — corruption, bad policy and chronic under-funding. Expropriation without compensation would severely undermine the national economy, only hurting poor black people even further.« Doch dass sich Südafrika damit wirtschaftlich massiv schadet, wird den Neid und die Gier nicht stoppen. Die schwarzen Kommunisten Südafrikas haben stets mit dem Rassenhass kokettiert – in einem Video sieht man den ANC-Chef und langjährigen südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma vor großem Publikum »Shoot the Boer« (»Erschieße den Buren«) singen. Aber was werden die westlichen Medien schreiben, wenn nach den Enteignungen und Bandenmorden weiße Farmer jetzt systematisch und praktisch mit staatlichem Segen misshandelt, getötet und außer Landes gejagt werden sollten? Wird es der Rassismus des weißen Mannes sein, der auch daran schuld ist? Werden sie die Vertreibung, von der man ja bereits jetzt sprechen kann, moralisch legitimieren?
Die Globalisten und Weißenhasser im Westen tragen durch ihre Selbstbezichtigungspropaganda eine Mitschuld an der nunmehrigen Diskriminierung der Weißen am Kap und in anderen Ländern auf dem schwarzen Kontinent, etwa in Simbabwe. Sie haben den schwarzen Rassisten die Argumente geradezu aufgenötigt. In Umkehrung einer bekannten Kanzlerinnenforderung hat diese Propaganda Fluchtursachen geschaffen. In allen afrikanischen Ländern nimmt die weiße Population ab. Was wird passieren, wenn weiße Farmer in Deutschland Asyl beantragen, wo doch verfolgte Weiße im Weltbild der Progressisten nicht vorkommen?
Am 14. Februar lief in der ARD der Film »Aufbruch ins Ungewisse«, eine deutsch-südafrikanische Co-Produktion. Witzigerweise fliehen die Protagonisten des Propagandastücks aus Deutschland, wo sie von Nationalisten und Rassisten verfolgt werden, nachdem die Rechtspopulisten die Macht übernommen haben, ausgerechnet in den Süden Afrikas.
4. März
Mitunter fallen einem Bücher in die Hände, bei denen man sich wundert, dass es sie nicht schon lange gibt. Vor kurzem ist im Verlag »Das kulturelle Gedächtnis« – diese Wortprägung dürfte von Jan Assmann stammen – ein Opus mit dem Titel Ungemein eigensinnige Auswahl unbekannter Wortschönheiten aus dem Grimmschen Wörterbuch erschienen, das ich seit drei Tagen auswendig zu lernen versuche. Ich gestehe, das Grimmsche Wörterbuch ist in meiner Bibliothek nicht vorrätig; ich benutze die Online-Versionzum Stöbern. Aber die 351 Seiten umfassende Auswahl von Peter Graf, eines Mannes, der so bescheiden ist, dass sich weder im Buch noch auf der Verlagswebseite irgendeine Information zu ihm findet, lässt nun gewisse Entschlüsse in mir reifen. Diese Sammlung ist eine Art Trockenbeerenauslese, ach was: ein Eiswein aus dem Weinberg der deutschen Sprache, auf jeder Seite entdeckt man neue Düfte und Geschmacksnoten, es ist ein berauschendes Vergnügen. Vor allem aber erinnert das Buch daran, dass die Worte im Volke entstehen, im Munde ihrer exponierten Sprecher Gestalt annehmen und so die Sprache wächst und immer neue Blüten treibt.
Das Besondere am Deutschen ist bekanntlich die Möglichkeit, Begriffe unendlich zu kombinieren, ob nun zum »Netzwerkdurchsetzungsgesetz« (Maas) oder zum »Kulturbegleitgeschwafel« (Henscheid). Gut die Hälfte der Sammlung besteht aus solchen Schöpfungen, etwa das göttliche getümmelmüde (Campe) oder Heines dämmersüchtig (»es ward mir so selig dabei zu Sinne, so dämmersüchtig, so sterbefaul«). Oder schnellgeschenkelt (»die schnellgeschenkelten Rosse«, Bürger) schnellherschmetternd (»gleich schnellherschmetternden Donnern«, Klopstock) oder schnellknallendstark (»wan durch schnell-knallend-starcken dunder sein zorn und grim wird offenbar«, Weckherlin).
Oder aber die Prägungen:
deutschkomisch