Goldstück-Variationen. Michael Klonovsky
anderen kann man sich da nicht so sicher sein. Aber man kann nicht einfach unkommentiert aus dem Völkischen Beobachter Zitate in dieses Wortmuseum, in diesen Wortschatz der deutschen Sprache übernehmen – das geht einfach nicht.«
Die halbwegs pikante Frage stellt sich ein: Was aber, wenn die Führungsnazis oder die Redakteure des VB Wortschöpfer von hohen Gnaden gewesen wären? Müsste dann jedes betreffende Wort im »Grimm« mit einem oberlippenbärtigen, seitengescheitelten Emojiversehen werden? Ist das »Wortmuseum« eine Erziehungs- und Besserungsanstalt für unbedarfte Erbsünder? Am »Molotow-Cocktail« stößt sich ja auch niemand. An den »Blitzkrieg« haben wir uns gewöhnt, seit die Deutschen ihn nicht mehr führen können, die »Fliegerasse« sind ausgestorben, jedenfalls auf deutsch, der »Schienenwolf« ist zwar seit Jahren im Einsatz, gegen die Familie, die Geschlechtszuschreibungen, die Atomenergie, die Gentechnik, die Automobilindustrie, die Bildung etc. pp., heißt aber heute »Gleichstellung«, »Dekarbonisierung«, »Energiewende«, »Gender«, »Diversity«, »Schreiben nach Gehör« usf. Auch die »Gleichschaltung« war niemals smarter als heute, nennt sich aber anders. Und die Gouvernanten bleiben wachsam!
SZ: »Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus für den Umgang mit der gegenwärtigen Sprache?«
Graf: »Die ideologischen ›Stirnarbeiter‹ (Alfred Rosenberg) der neuen Rechten in Deutschland reden wieder ungeniert von ›Volksverrätern‹, vom ›Denkmal der Schande‹. Sie wollen den Begriff ›völkisch‹ wieder positiv besetzt wissen, oder sie erfinden Wörter wie ›Umvolkung‹, die es im Grimm nicht gibt, die aber alt klingen. Was man der Verrohung der deutschen Sprache und Gesellschaft entgegensetzen muss, steht ebenfalls im Wörterbuch der Brüder Grimm: ›Sprachmenschwerdung‹ heißt darin das von Jean Paul geprägte Zauberwort.«
Da scheint der Gevatter Graf wohl zu meinen, er habe diese Menschwerdung bereits vollzogen, obwohl er sie Satz für Satz dementiert. Zunächst einmal ist es eines Hetzers Art und Wesen, präludierend mit einem Nazi-Zitat zu fuchteln, bevor man den Finger auf irgendwelche Zeitgenossen weist.
Sodann: Von einem »Mahnmal unserer fortwährenden Schande« sprach unter anderem Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein, der sich den Neuen Rechten erst postum anzuschließen vermochte, und bei Lichte besehen handelt es sich bei diesem Denkmal um genau das: Der fortwährenden Schande wurde ein Mal gesetzt (also strenggenommen gilt das Denkmal, wie ich hier mehrfach ausführte, weniger der Tat und noch weniger den Opfern als vielmehr der Selbstfeier seiner Erbauer, der trainingsfleißigsten Gedenk-Athleten der Geschichte).
Desweiteren: »Volksverräter« muss eigentlich, da hat der Mann recht, »Verräter derer, die schon länger hier leben« heißen. Und was den Terminus »völkisch« betrifft, das ist ein verbranntes Wort, das habe ich damals auch der Frau Petry gesagt, die sich von zwei journalistischen Hyänen ins semantisch Sumpfige hatte locken lassen, doch die possierlichen Aasfresser verteidigten ihre Beute gegen meine nachträgliche Intervention.
Zuletzt: Der Begriff »Umvolkung« beschreibt den derzeit laufenden Prozess der Verwandlung von »monoethnischen, monokulturellen und monoreligiösen Nationen« in »multiethnische«, multikulturelle und multireligiöse (das Letztere aber nur für eine kurze Übergangszeit, dann gehen wir zurück auf Monoreligiosität), wie ihn der Harvard-Schelm Yascha Mounk unlängst in den Tagesthemen, aber bereits anno 2015 im Spiegel verkündet hat, der Begriff »Umvolkung«, sage ich, beschreibt diesen Prozess auf das Plastischste und Allerexakteste. Er ist tadellos grimmwürdig; gerade Jean Paul würde ihn zu schätzen wissen.
»Es ist sehr gut, daß es gelbe, schwarze und braune Franzosen gibt. Sie zeigen, daß Frankreich offen ist für alle Rassen und daß es eine universelle Bedeutung hat. Aber unter der Bedingung, daß sie eine Minderheit bleiben. Sonst wäre Frankreich nicht mehr Frankreich. Wir sind vor allem ein europäisches Volk von weißer Rasse, griechischer und römischer Kultur und christlicher Religion. (…) Die Leute, die die Integration anpreisen, haben ein Kolibrihirn, auch wenn sie sonst viel wissen mögen. Versuchen Sie einmal, Essig und Öl miteinander zu mischen. Schütteln Sie die Flasche. Binnen kurzer Zeit werden sie sich wieder trennen. Araber sind Araber, Franzosen sind Franzosen. Glauben Sie denn wirklich, daß der französiche Volkskörper zehn Millionen Muslime aufnehmen kann, die morgen zwanzig Millionen und übermorgen vierzig Millionen sein werden? (…) mein Heimatdorf wird dann bald nicht mehr Colombey-les-DeuxÉglises, sondern Colombey-les-Deux-Mosquées heißen!« Charles de Gaulle am 5. März 1959. (Aus: Alain Peyrefitte, C’était de Gaulle, Paris 1994, zitiert nach: Renaud Camus, Revolte gegen den Großen Austausch, Schnellroda 2016)
8. März
Das Wort zum Frauentag: Ich bin Femininist.
Wenn man beobachtet, wie sich ein Mensch politisch positioniert, ob er sich Mehrheiten oder Meuten anschließt, was er wegen seiner Ansichten zu riskieren bereit ist, dann erhält man zwar keinen Aufschluss über die Wahrheit, aber über Charakter.
Vor anderthalb Wochen gab der Historiker Michael Wolffsohn der Neuen Zürcher Zeitung ein Interview, dessen Kernaussage lautete: Gewalt gegen Juden in Deutschland geht ausschließlich von Muslimen aus. Hören wir kurz hinein:
»NZZ: Wenn heute von Judenhass die Rede ist, dann geht es fast immer um rechte Antisemiten.
Wolffsohn: Die gibt es natürlich. Mit einem Unterschied: Der alte Jean-Marie Le Pen, so grässlich er war und ist, hat keine Gewalt an Juden verübt und sie auch nicht gefordert. Gleiches gilt in Deutschland für AfD und Pegida. Der gewalttätige Antisemitismus kommt heute nicht von rechts, auch wenn die irreführenden Statistiken etwas anderes sagen.
NZZ: Die deutsche Kriminalstatistik hat vergangenes Jahr knapp 1 500 antisemitische Straftaten erfasst. 90 Prozent sollen Rechtsradikale verübt haben.
Wolffsohn: Dieses Bild ist völlig verzerrt. Viele Vorfälle landen unter dem Stichwort ›Israel-Palästina-Konflikt’ in einer anderen Statistik, der für politisch motivierte Kriminalität. Freundlich formuliert, könnte man von Verschleierung sprechen.
NZZ: Und unfreundlich?
Wolffsohn: Es ist eine Lüge. Wenn ich mich in meinem jüdischen Bekanntenkreis umhöre, dann sagen alle das Gleiche: Gewalt gegen Juden geht ausschliesslich von Muslimen aus.
NZZ: Sind Sie selbst schon bedroht worden?
Wolffsohn: Natürlich. Auf der Strasse, im Taxi, an der S-Bahn-Haltestelle. ›Du bist doch dieser Israel-Freund‹, höre ich dann.«
Ich habe extra ein bisschen Zeit verstreichen lassen, um abzuwarten, ob irgendein Medium diese Aussage eines ja nicht ganz unprominenten deutschen Juden verbreitet. Man kann sich ja nach bewährter Art und Weise ausmalen, was abginge, wenn Wolffsohn gesagt hätte, diese Gewalt ginge vorwiegend von Neonazis oder indigenen Wutbürgern aus; Spiegel online hätte die Meldung ganz oben auf der Propagandarolle platziert, Lanz lüde lüstern zum Lamentieren, Zeit und SZ hätten es ja schon immer gewusst und so immerfort. So aber: kein Mucks. Von der Jungen Freiheit abgesehen, erwähnte lediglich die BZ schüchtern den für die Wahrheits- und Regierungspresse recht erschütternden Befund.
Unlängst hat Karlheinz Weißmann in seiner »Gegenaufklärungs«-Kolumne folgende Bilanz veröffentlicht: 1960 lag der weiße Bevölkerungsanteil in Südafrika bei 21,6 Prozent, in Südwestafrika/Namibia bei 11,76 Prozent, in Algerien bei 10,2 Prozent, Süd-Rhodesien/Simbabwe 7,3 Prozent, Angola 3,5 Prozent, Nord-Rhodesien/Sambia 3,1 Prozent, Swasiland 2,6 Prozent, Madagaskar 2,1 Prozent, ebenso Libyen und Spanisch-/später Äquatorial-Guinea, Betschuanaland/Botswana 1,4 Prozent, Senegal 1,3 Prozent.
2017