Freiheit und Ehre - Roman nach der wahren Geschichte eines dänischen Freiheitskämpfers. Pernille Juhl

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– fragt mich nicht, wie er heißt ...“

      „Tut ja nichts zur Sache“, unterbrach Petersen.

      „Wie auch immer, jedenfalls hatten die Deutschen Journalisten aus ganz Südjütland nach Aabenraa einbestellt, um sie darüber zu informieren, wie sie sich nach der Besatzung Dänemarks zu verhalten haben. Die Journalisten sitzen also an einem langen Tisch, an dem einen Ende der Deutsche, der die 'Konferenz' leiten sollte, unter einem großen Bild von Hitler.“ Aksels Stimme schwoll mehr und mehr an, und als der Name des Führers fiel, schrie er so laut, dass einige der Gäste sich umdrehten und zu ihrem Tisch herübersahen.

      Petersen schüttelte den Kopf, schien sich aber zu amüsieren. „Aksel, um Himmels willen, ein bisschen leiser. Es gibt reichlich Heimatdeutsche und andere Idioten in diesem Land, die mit den Deutschen sympathisieren. Willst du etwa rausgeschmissen werden?“

      „Lass sie nur kommen“, Aksel breitete die Arme aus, „aber zurück zu dieser sogenannten Konferenz. Was meint ihr dazu? Das ist doch wohl der Gipfel der Arroganz. Was bilden die sich eigentlich ein?“

      „Wie ist es dann weitergegangen?“, fragte Christian und trank einen Schluck Bier.

      „Nun ja, er fängt damit an, dass die Deutschen nicht die Absicht hätten, die Presse zu zensieren. Dann erwähnt er die 'unerfreulichen Zwischenfälle?, zu denen es trotz der Kooperationspolitik seit dem 9. April gekommen sei. Außerdem müsse er feststellen, dass mehrere Proklamationen nicht in den dänischen Zeitungen erschienen seien. Zum Schluss meinte er, die Besatzungsmacht erwarte, dass die Presse keinen passiven Widerstand leisten und keine negative Propaganda verbreiten werde.“ Bei den letzten Worten war Aksels Stimme wieder deutlich lauter geworden.

      „Aber genau das nennt man Zensur“, unterstrich Petersen leise.

      „Sie meinten, es würden viel zu viele negative Artikel über die Besatzungsmacht geschrieben. Stattdessen sollten die Zeitungen doch über die vielen positiven Dinge berichten ...“. Aksel schüttelte den Kopf.

      „Und davon gibt es ja jede Menge“, fügte Christian mit unverhohlener Ironie hinzu.

      „Er nannte sogar ein paar Beispiele, sprach von den Bauarbeiten, die in nächster Zeit beginnen sollen und von denen dänische Arbeitslose profitieren würden.“

      „Ha, Bauarbeiten! Damit ihre Panzer schneller durch unser Land rollen können, oder was? Und im Übrigen finanziert von uns selbst!“ Petersen schlug mit der Faust auf den Tisch.

      Sie stießen ein paar Flüche und Verwünschungen aus und spülten sie mit Hopfen herunter. Dann sagte Petersen: „Genug davon, es ist unser letzter gemeinsamer Abend, und da sollten wir ein bisschen Spaß haben. Obwohl das Bier mehr nach Leichenschmaus schmeckt, wenn man daran denkt, dass Kedde unserer schönen Heimat den Rücken kehrt. Es ist eine Schande, dass du uns verlässt. Und dann müssen wir obendrein noch zusehen, wie wir die Besatzungsmacht wieder loswerden.“

      Sie stießen wieder an, und Aksel sagte:

      „Zur Hölle mit den verdammten Heimatdeutschen!“

      „Ihr kommt auch gut ohne mich zurecht, und die Besatzungsmacht wird wohl so oder so noch eine Weile im Land bleiben“, meinte Christian.

      Er dachte daran, was Freundschaft eigentlich bedeutete und was sie zusammen hätten ausrichten können. An die Bewerbung, die er vor ein paar Monaten abgeschickt hatte und die inzwischen angenommen worden war. Er würde seine Ausbildung auf Frederiksberg Slot und Kronborg fortsetzen, doch hätte ihn jemand jetzt danach gefragt, wäre er froh gewesen, er hätte sie niemals abgeschickt. Er wollte Sønderborg nicht verlassen, wollte nicht von vorne anfangen, wollte nicht alleine sein.

      Er war erst einen Moment lang in seine Gedanken versunken, als plötzlich zwei junge Mädchen an ihrem Tisch standen. Wie eine Fata Morgana. Sie passten nicht hierher, gehörten nicht in dieses ohrenbetäubend laute Wirtshaus voller Zigaretten rauchender Männer.

      „Na, wen haben wir denn da? Wenn das mal nicht Gurli und Lis sind“, trompetete Aksel und lächelte über das ganze Gesicht. „Setzt euch, Mädchen. Was wollt ihr trinken?“

      Christian nahm an, dass Aksel sie eingeladen hatte, zu kommen. Vielleicht sollte es eine Überraschung sein, aber es dauerte nicht lange, und Christian wünschte, sie wären nicht gekommen. Er hätte sich lieber noch länger mit seinen Kameraden unterhalten, ein paar Geschichten aus ihrer gemeinsamen Ausbildung erzählt, aber jetzt änderte sich die Stimmung, wurde anzüglich. Die Mädchen kicherten albern, und zweideutige Bemerkungen flogen hin und her.

      Petersens Augen glänzten und drückten schamloses Interesse an der Dunkelhaarigen der beiden aus, während Aksel damit beschäftigt war, der vollbusigen Lis Komplimente zu machen. Sein Blick klebte förmlich an ihrem Ausschnitt.

      Die Mädchen besuchten die Krankenpflegeschule in Sønderborg. Wenn sie nicht redeten, kicherten sie.

      Petersen hatte gerade eine Runde ausgegeben, und Christian trank sein Glas aus, stand auf und sagte: „Na, dann mal vielen Dank für den netten Abend, Jungs.“

      „Kedde, zum Teufel, willst du etwa schon gehen? Sie sind doch gerade erst gekommen … Sagt mal, Mädels, habt ihr nicht noch irgendwo eine Freundin versteckt?“

      „Nein, nein. Viel Spaß noch, ich muss morgen früh raus.“ Er deutete eine Verbeugung an. „Schönen Abend noch.“

      Mit schnellen Schritten ging er zur Tür und überhörte Aksels Proteste. Fühlte Erleichterung, als er draußen stand. Langsam ging er durch die dunklen Straßen. Es waren mehr Bier geworden, als ihm lieb war, und er fühlte sich leicht benommen. Die Fenster der Häuser waren mit Verdunkelungsvorhängen hermetisch abgeriegelt, sodass kein Licht auf den Bürgersteig fiel. Es waren so gut wie keine Menschen auf der Straße. Er dachte an Gerda. Das tat er immer, wenn er etwas getrunken hatte. Er stellte sich vor, wie er nach Kollund fuhr und an ihrer Tür klingelte. Wie sie ihm um den Hals fiel.

      Er schüttelte den Kopf über sich selbst, blieb stehen und lauschte in die Dunkelheit. Gleichmäßige Schritte mit Nägeln beschlagener Militärstiefel waren zu hören. Deutsche Soldaten? Unwillkürlich trat er in den nächsten Hauseingang und wartete, bis die Patrouille vorüber war. Sie gingen mit einer Ruhe und Selbstgefälligkeit die Straße hinunter, die ihn irritierte. Er spürte den Drang, auf sie loszugehen. Keine besonders kluge Strategie. Kurz darauf waren die Geräusche verschwunden, und wieder schüttelte er den Kopf über sich selbst. Was bin ich für ein Idiot, was soll das nützen, auf sie loszugehen und ihnen ins Gesicht zu schreien, was ich von ihnen halte? Sie würden mich einsperren, und was hätte ich damit erreicht?

      Am nächsten Morgen verabschiedete er sich von den Kameraden in der Kaserne und warf einen letzten Blick auf das majestätische, hohe Gebäude aus rotem Backstein, hinter dem sich das Wasser wie ein riesiger Spiegel bis zum Horizont erstreckte. Er würde diesen Ort vermissen, sowohl wegen seiner Schönheit als auch wegen der Kameradschaft, die er hier erlebt hatte. Ob er noch einmal solche Freunde wie Aksel und Petersen fand?

      Kronborg, Herbst 1940

      Christian war überwältigt, als er zusammen mit einigen hundert anderen jungen Männern aus allen Teilen des Landes, die ebenfalls an der Offiziersanwärterschule beginnen würden, vorm Kronborg Slot ankam. Unwillkürlich musste er lächeln. Hier stand er mit seinem Koffer an der einen und dem Einberufungsbefehl in der anderen Hand, genau wie der Großteil der anderen um ihn herum, und war sicher, dass sich keiner von ihnen wohler fühlte als er.

      Den ganzen Sommer über hatte er sich in Kollund verwöhnen lassen, hatte jeden Tag auf der Hühnerfarm mit angepackt, hatte Oma und Tidde und Tante Adda besucht, die wieder ins Krankenhaus nach Augustenborg gebracht worden war. Er hatte ein paar Kilo zugelegt und richtige Apfelbäckchen bekommen. Sie neckten ihn und meinten, jetzt habe er wenigstens ein bisschen was auf den Rippen, bevor es nach Kopenhagen gehe.

      Kopenhagen war eine andere Welt, wenn man Südjütland gewohnt war. Plötzlich bemerkte Christian seinen Akzent und fühlte sich wie ein dummer Bauerntrampel aus der Provinz, sobald er den Mund aufmachte, und er spürte keinen besonderen Drang,


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