Zwischen Gartenbau und Gartenkunst: Gärtner und Gartengestalter in Wien und Umgebung 1918–1945. Erika Karner

Zwischen Gartenbau und Gartenkunst: Gärtner und Gartengestalter in Wien und Umgebung 1918–1945 - Erika Karner


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(Entnazifizierung) ihre eigene Unwichtigkeit innerhalb der des Systems beteuerten.21

      Im Bereich der gärtnerischen Schulausbildung wirkte sich die unklare Kompetenzverteilung zwischen den Verwaltungsträgern erschwerend auf das Auffinden von Akten aus. So zählte der Gartenbau zum Gewerbe, manche Schulen wurden jedoch als landwirtschaftliche Schulen geführt. Die Verwaltungsagenden lagen im Falle der Zugehörigkeit zur Landwirtschaft beim Ministerium für Landwirtschaft, im Falle der Gewerbezugehörigkeit beim Ministerium für Unterricht und dementsprechend lagen die Agenden der Schulverwaltung entweder beim Bund oder bei den Ländern.

      Weiters wurde Material aus dem Archiv der Österreichischen Gartenbau-Gesellschaft, hier vorwiegend Sitzungsprotokolle, und dem Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde verwendet. Auch ausländische Archive wie das Deutsche Bundesarchiv in Berlin, das Sigmund Freud Archiv in London und das Archiv der Library of Congress in Washington wurden in die Recherche einbezogen.

      Gärtnerische Fachzeitschriften aus Österreich und Deutschland stellten eine weitere Quelle dar. Sie spiegelten die Konflikte und Differenzen innerhalb der Gärtnerschaft wider. Zumeist kamen nur Repräsentanten der jeweils dominierenden Fraktion zu Wort, die Unterschiedlichkeit der Interessen wurde verschwiegen oder verschleiert. Es war daher wichtig, zwischen den Zeilen zu lesen, um dahinterstehende Interessenslagen freizulegen und in oppositionellen Medien Gegenpositionen zu erforschen. Anhand der Beiträge in den Zeitschriften „Der Erwerbsgärtner“ und „Allgemeine Österreichische Gärtner-Zeitung“ war es möglich, die Konfliktlinien innerhalb der Gärtnerschaft nachzuzeichnen und das Verhältnis zwischen Meistern und Gehilfen zu beleuchten. Ersteres war das Organ der Wiener Gärtnergenossenschaft und Letzteres das Blatt des Gehilfenausschusses der Gärtner, das eng mit der sozialdemokratischen Freien Gewerkschaft kooperierte.

      Die nicht namentlich gekennzeichneten Artikel in den Zeitschriften „Gartenzeitung“, „Allgemeine Österr. Gärtner-Zeitung“ und „Der Erwerbsgärtner“ werden in den Fußnoten als Kurzbelege angeführt – das Langzitat findet sich im Literaturverzeichnis unter „Artikel ohne Verfasser“ und dem jeweiligen Medium. Alle anderen Zeitungsartikel ohne Verfasserangaben werden in den Fußnoten als Langzitate angeführt.

      Die Zeitschrift der Österreichischen Gartenbau-Gesellschaft mit dem Titel „Gartenzeitung“ sowie die Publikationen „Illustrierte Flora“, „Wiener Garten-Börse“, „Nach der Arbeit“ und „Allgemeine Gärtner-Zeitung“ stellten weitere wichtige Informationsquellen dar. Architekturzeitschriften und Magazine, wie zum Beispiel „Die Bühne“, „Mein Garten“ oder „Architektur und Baukunst“, wurden für ergänzende Recherchen herangezogen.

      Quellenkritische Schwierigkeiten ergaben sich bei der Betrachtung von Festschriften und Tätigkeitsberichten von Verbänden. Der Historiker Stefan Eminger beschreibt diese treffend:

      Die Onlinedatenbank www.garden-cult.de erleichterte das Recherchieren in deutschen Zeitschriften wie „Die Gartenkunst“ und „Die Gartenwelt“ enorm.

      Interviews mit Zeitzeugen und Nachkommen von Gartenarchitekten runden die Datensammlung ab.

      Am Anfang der Arbeit stand die deutsche Fachzeitschrift „Die Gartenkunst“. In dieser Zeitschrift wurden auch die Mitgliederbewegungen der „Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst“ verzeichnet. In einem ersten Schritt wurden alle Mitglieder mit einer österreichischen Adresse (die Liste findet sich im Anhang) exzerpiert, um so einen Überblick über die an Gartenkunst interessierten Personenkreise zu erhalten. Im nächsten Schritt wurden biografische Daten der in Wien ansässigen Personen in Archiven und Fachzeitschriften gesammelt. Begleitend wurden Zeitzeugen ausfindig gemacht und interviewt.

      In diese Phase der Arbeit fiel eine erste Analyse der österreichischen gartenbaulichen Zeitschriften. Innerhalb dieser Medien wurde nach Autoren gesucht, die in der Mitgliederliste aufschienen, und nach Artikeln, die Lebensumstände bzw. politische Einflüsse sichtbar machten. Innerhalb der in Zeitschriften wie der „Gartenzeitung“, „Der Erwerbsgärtner“ oder der „Allgemeinen Österr. Gärtner-Zeitung“ meist vorhandenen Rubriken „Mitteilungen“, „Personen“ oder „Korrespondenz“ wurde die Tätigkeit der bekannten Personen in Vereinen und Verbänden recherchiert, um so deren Bedeutung für die Berufsgruppe darstellen zu können.

      In einem weiteren Schritt wurde die Affinität einzelner Personen zum Nationalsozialismus untersucht. Zu diesem Zweck wurden alle in Wien ansässigen Personen dieser Mitgliederliste am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien auf ihre NSDAP-Zugehörigkeit überprüft und das Vorhandensein von Personenakten in österreichischen und ausländischen Archiven recherchiert. Gleichzeitig wurden die Quellen auf das Vorhandensein von jüdischen Gärtnern durchleuchtet, die vorgefundenen Akten analysiert und forschungsrelevante Daten exzerpiert. Die vorhandene Personenliste wurde überarbeitet und auf diejenigen Personen reduziert, die sich als systemrelevant herauskristallisierten, so zum Beispiel SchuldirektorInnen oder in Berufsverbänden aktive Personen. Mit der Vertiefung und Erweiterung des Wissens über die sozialen, politischen und ökonomischen Veränderungen während des Forschungszeitraums wurde eine nochmalige Durchsicht der Fachzeitschriften notwendig.

      Bei der nachfolgenden Betrachtung und Ordnung des gesammelten Materials stand die Frage der Relevanz der Quellen im Vordergrund. Ausgehend von einer möglichst umfassenden Betrachtung der Fragestellung wurden die gefundenen Materialien den unterschiedlichen Fragen zugeordnet und auf ihre Bedeutung hin analysiert. Das Ergebnis dieser Betrachtung spiegelt sich in der inhaltlichen Gliederung der Arbeit. Um die möglichen Auswirkungen der jeweils herrschenden politischen Systeme auf die Berufsgruppe darstellen zu können, wurde die Arbeit in fünf thematische Abschnitte unterteilt.

      Im ersten Kapitel finden sich einleitende Worte. Kapitel zwei beschreibt Methodik, Zielsetzung und Abgrenzung der Arbeit zu anderen gartenbaulichen Themenbereichen.

      Das dritte Kapitel befasst sich mit den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen im Untersuchungszeitraum und ihrer Bedeutung für die Berufsgruppe. Anhand einzelner Unterkapitel werden Themen wie „Arbeitslosigkeit“ oder „Wirtschaftskrise und Gartenbau“ näher beleuchtet.

      Im vierten Abschnitt werden gesetzliche und freiwillige Berufsverbände, deren organisatorischer Aufbau und ihre Funktionäre beschrieben und die Folgen politischer Entscheidungen für die Vereinigungen dargestellt.

      Das fünfte Kapitel befasst sich mit für den Untersuchungszeitraum wichtigen Fragen, die die Gärtner beschäftigten und die es dringend zu lösen galt. So gab beispielsweise die Frage der Zugehörigkeit des Gartenbaus, ob zur Landwirtschaft oder zum Gewerbe, den Vertretern des Berufsstandes bis 1934 und noch darüber hinaus Anlass zu heftigen Kontroversen.

      Das sechste Kapitel beschreibt die in Wien vorhandenen Möglichkeiten der schulischen Ausbildung im Gartenbau und weist in


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