H'mong. Gebhard Friebel
da können Minen liegen.“
Der Offizier schrie etwas auf Laotisch. Chris stieg aus und bedeutete ihm mit einer einladenden Handbewegung, selbst zu fahren. „Komm raus Gerd; wenn der unbedingt Platz braucht, soll er selbst fahren.“
Der Militär nahm seine Schirmmütze ab und kratzte sich am Kopf.
Er fluchte, und schrie ein Kommando in Richtung des ersten LKW. Die hintere Ladebordwand öffnete sich. Vier Soldaten sprangen herab.
„Jetzt gibt’s doch Ärger,“ sagte Gerhard.
Chris blieb gelassen. „Nein, schau mal.“
Den abgesessenen Soldaten wurden aus dem LKW Minensuchgeräte herabgereicht. Sie suchten akribisch den Boden links vom Straßenrand über eine Länge von ungefähr zehn Metern und zwei Metern Breite ab. Als sie nicht fündig wurden, ging der Offizier langsam an der abgesuchten Fläche vorbei.
„Jetzt sucht er bestimmt nach Plastikminen“ meinte Chris, „auf die reagieren die Metalldetektoren nicht.“
Als der Offizier nichts gefunden hatte, gab er ein neues Kommando. Weitere zehn Mann sprangen vom LKW. Sie schritten langsam, einen Fuß vor den anderen setzend, im Gänseschritt noch einmal die durchsuchte Fläche ab.
Danach gab der Offizier dem Fahrer des ersten LKW ein Handzeichen. Der Lastwagen setzte sich in Bewegung und fuhr, nachdem die restlichen Soldaten abgestiegen waren, ungefähr zehn Zentimeter neben dem PKW der beiden vorbei.
Die Soldaten der beiden anderen LKW sprangen ebenfalls ab. Die schweren Fahrzeuge setzten sich langsam in Bewegung. Der hintere Truck passierte die Straße fünfzig Zentimeter neben dem PKW. Als er an dem Wagen fast vorbei war, gab es einen dumpfen Knall.
Chris und Gerhard zuckten zusammen.
„Ein Rad hat eine Mine hochgehen lassen,“ bellte Gerhard ärgerlich
„Von uns wollte diese Schweinebacke, dass wir einfach ins Feld fahren, um Platz zu machen.“
Der Fahrer des LKW gab in Panik Gas. Der Wagen beschleunigte und schlingerte hinter dem PKW auf den Weg zurück. Er stoppte abrupt. Es herrschte Stille. Der Offizier schrie den Fahrer des dritten LKW an und begutachtete den Schaden. Die beiden hinteren Zwillingsreifen waren zerfetzt. Er schrie Kommandos. Die Fahrer der ersten beiden LKW sprangen mit Wagenhebern und Radkreuzen aus den Führerhäusern.
„Komm, nur weg von hier“ rief Gerhard Chris zu.
Sie winkten freundlich grinsend in Richtung des Offiziers, stiegen in ihr Auto und fuhren los. Gerhard holte tief Luft.
„Das war wohl eine dieser kleinen Clusterminen. Die sind nicht sehr gefährlich für LKW, nur für Menschen. Wenn das ein chinesischer LKW war, erst recht nicht. Die haben Blech, das ist fünf Millimeter dick.“
„Aber das Blech unseres Hasenwagens hier...“ meinte Chris nachdenklich.
*****
Mit fünf Minuten Verspätung erreichten sie den vereinbarten Treffpunkt.
Die baum- und strauchlose Gegend war menschenleer, nur die Sonne brannte unbarmherzig vom wolkenlosen Himmel.
Chris schaltete die Zündung aus.
Aus seinem Fenster heraus schrie Gerhard: „Ler!“
Niemand war zu sehen. Wenig später blickte Chris in den Rückspiegel. „Da kommt der Bursche.“
Von links kam Ler auf sie zu. Er humpelte nur noch schwach. Er hatte sich hinter einem Steinbehälter verborgen gehalten.
„Wir haben etwas für Euch zum Essen dabei.“
Ler sagte „Danke“ und sah staunend in den Kofferraum
Er rief laut „Mi“und „Ma.“
Zwei der Frauen, die sie am Vortag am Feuer gesehen hatten, erschienen. Zu fünft schleppten sie die mitgebrachten Lebensmittel hinter den nächstgelegenen Steinbehälter.
„Alle werden sich freuen,“ sagte Ler. Er wollte gehen, aber Chris sagte „Stopp.“
Ler drehte sich um und sah ihn fragend an.
„Wir wollen mit Dir reden. Aber nicht hier auf der Straße, wo vielleicht noch mal Soldaten vorbeikommen. Das könnte Verdacht erregen. Lass uns irgendwohin fahren, wo wir uns ungestört unterhalten können. Kennst Du einen solchen Ort?“
„Ja, fahrt einfach zehn Minuten weiter. Da ist der Platz, wo die Minibusse der Touristen warten. Da sind keine Minen mehr, und Schatten ist dort auch.“
Er sagte etwas zu den Frauen, stieg ein und setzte sich nach hinten. Chris fuhr los. Nach fünf Minuten kam ihnen ein weiterer Militär- LKW entgegen. Chris murmelte: „Verdammt“ und hielt an.
Der LKW wich aus und fuhr langsam an ihnen vorbei. Ler hatte sich vor der hinteren Sitzbank auf den Fahrzeugboden gelegt. Als der LKW zehn Meter hinter ihnen war, rief Gerhard: „Du kannst wieder hochkommen, Ler. Sie sind vorbei.“
„Entweder war der Fahrer doof, oder er wusste, dass dort keine Minen lagen,“ stellte Chris lakonisch fest.
Kurz darauf erreichten sie einen großen, schattigen Platz. Auf einem blauen Schild war er auf Englisch, Französisch und Laotisch als ‚Parking Area’ ausgewiesen.
Grosse, wunderbar rot blühende Flamboyant Bäume bildeten in ihrer Farbenpracht einen krassen Gegensatz zur Einöde ringsherum. In ihrem Schatten hielt der Wagen.
*****
Sie schauten sich um. Der Platz war menschenleer. Chris zog seine Jeans Jacke aus. Er reichte sie Ler. „Zieh’ sie ruhig an. Wenn eine Kontrolle kommen sollte, sehen sie Dir sonst an, dass Du aus dem Busch kommst.“
Ler nickte und zog die Jacke über. Er ging vor zu einem Steintisch mit zwei Bänken.
Chris fuhr fort: „Euer Schicksal hat uns sehr berührt. Wir würden Euch gerne helfen, aus diesem verdammten Land herauszukommen.“
Ler blickte auf: „Ich verstehe Dich nicht.“
„Wir haben uns überlegt, wie wir Euch heraus helfen können.“
„Ich glaube, ihr wisst nicht, worauf Ihr Euch einlassen wollt. Wenn Ihr auffallt, sperrt man Euch für mindestens zehn Jahre ins Gefängnis. Ob ihr dort nur ein Jahr übersteht, ist fraglich.“
Ler’s Stimme klang schroff, abweisend. „Wenn Ihr in ein Umerziehungslager kommt, dann gute Nacht. Dort wird gefoltert. Sie machen auch vor Ausländern nicht halt. Lasst das bitte sein.“
„Mache Dir um uns keine Sorgen. Wir hatten vierzig Jahre lang in unserem Land ein kommunistisches Regime, die DDR. Auch dort zog man keine Samthandschuhe über die blutigen Hände. Wir sind uns des Risikos bewusst.“
Mit Nachdruck fuhr Chris fort.
„Wir haben genau überlegt. Wir wollen nicht nach Hause fahren, und Euch Eurem Schicksal überlassen. Über kurz oder lang werdet Ihr hier umkommen. Was hältst Du davon, wenn wir Euch in einem Minibus zum Mekong an die Grenze bringen?“
„Ihr setzt Euer Leben auf’s Spiel.“
„Dort setzen wir bei Nacht über den Fluss. Die Geister, an die Ihr glaubt, werden Euch und uns schützen. Wenn wir Thailand erreicht haben, bringen wir Euch in den Isaan. Dort sprechen viele Leute Eure Sprache. Viele Laoten leben dort illegal. Vielleicht habt Ihr Verwandte dort, bei denen Ihr unterkommen könnt?“
„Dort sind Verwandte von uns, sogar Leute von unserem Stamm. Einige leben dort legal. Aber die meisten Flüchtlinge, die es bis dorthin geschafft haben, hausen in Lagern. Sie dürfen sie nicht verlassen.“
Er schüttelte verzweifelt den Kopf. Dann hellte sich seine Mine auf.
„Einige von uns sind von den Amerikanern, als der Vietnamkrieg verloren war, mitgenommen worden. Sie sind jetzt echte Amerikaner mit Pass.“
„Vielleicht