H'mong. Gebhard Friebel
wir lange nichts gehört. Sie sind ganz in der Nähe, sagen Sie? Sie müssen wissen, jeder Kontakt kann für mich und meine Familie gefährlich sein,.“ sagte er leise.„Der Älteste hat nicht nur für die CIA gekämpft, sondern vorher für die Franzosen und danach auch noch für den König. Es kommt sehr selten vor, dass jemand drei Kriege überlebt. Es sind drei schlimme Gründe für die Machthaber, die ganze Gruppe auszumerzen. Es sind schlimme Zeiten. Immer noch, obwohl es schon sehr lange her ist.“
Er schüttelte den Kopf. „Von den alten Kämpfern lebt kaum noch einer, aber die Verwandten und Nachkommen werden verfolgt. “Er schwieg und kratzte sich am Kopf.
Dann fuhr er leise fort: „Wenn ich helfe, riskiere ich dieses Unternehmen, meinen Kopf und das Leben meiner ganzen Familie.“
„Wir würden selbstverständlich für Ihre Dienste bezahlen. Was halten Sie von fünf Millionen Kip?“
„Würden Sie für 700 Dollar ihre Existenz und das Leben Ihrer Familie auf das Spiel setzen?“ Er sah sie ärgerlich an. „Das Geld ist schön. Aber wenn ich es tue, dann tue ich es für die Verwandtschaft. Für die Familie. Lassen Sie mich etwas nachdenken. Wohin genau soll es denn gehen?“
„Zum nächsten Punkt am Mekong, wo er die Grenze zu Thailand bildet.“
Lia Thao stand auf und ging zu einer großen Landkarte an der Wand. Sie gesellten sich neben ihn. Er zeigte mit einem Lineal auf eine Fläche, die von einer dicken,blauen Linie durchtrennt wurde.
„Das wäre die Gegend zwischen Vientiane und Muang Palxxan.“ sagte er nachdenklich und setzte sich wieder. „Kommen Sie bitte später noch einmal wieder. Ich muss darüber nachdenken. Sie können bis 22.00 Uhr kommen. Dann schließen wir. Ich bin die ganze Zeit hier im Office.“
Sie verabschiedeten sich und fuhren zu den Second Hand Geschäften, die sie am Vortag in einer großen Wellblechhalle entdeckt hatten. Auf dem Weg dorthin sagte Gerhard „Mal gespannt, wie dieser Herr Thao sich entscheiden wird. Ob der Mann wohl mitspielt?“
„Ich denke schon. Sie sind verwandt. Für Asiaten ist die Familie heilig. Ein Stamm entspricht einer Großfamilie in Südeuropa. Asiaten würden nie ein Familienmitglied oder einen Stammesangehörigen hängen lassen.“
Sie kauften eine große Menge Kleidungsstücke und Schuhe, sowie viele kleine Utensilien, die nötig waren, allen das Aussehen von zivilisierten Thailändern zu geben. Als sie die Sachen in den Wagen brachten, sagte Gerhard:„Es kann verdammt gefährlich werden, für alle.“
„Trotzdem! Ich bin sicher, dass er mitmachen wird. Wie ist es eigentlich bei Dir? Bist Du Dir über die möglichen Konsequenzen im Klaren? Wenn es schief geht, kann es auch für Dich böse Folgen haben.“
Sie gingen weiter zu einem Gemischtwarenladen auf der anderen Straßenseite. Als sie vor dem Schaufenster standen, sagte Chris:
„Onkel! Hör’ auf mit den Unkenrufen. Wir hängen schon so tief drin. Was soll’s. Zu Hause leben wir in Ruhe und Sicherheit. Wenn ich an die armen Leute hier im Busch denke, wird mir übel. Von Tag zu Tag werden es weniger. Unsere Hilfe hier ist nützlich, oder denkst Du anders?“
„Nein, nein! Nur: es kann ins Auge gehen. Es kann ganz heftig ins Auge gehen. Auch für uns. Vergiss das nicht. Aber ich denke auch, dieses Risiko sollten wir auf uns nehmen. Ich wusste, dass Du so denkst. Ich wollte es nur noch einmal aus Deinem eigenen Mund hören. Also: Augen zu und durch. Es wird vielleicht gefährlich werden, aber...“
„Was aber?“
„Es hört sich seltsam an. Wir versuchen, etwas Sinnvolles für Andere zu tun. Es macht mich glücklich.“
„Das ist gut so. Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss!“
„Denn man los! Aber zuerst in das Geschäft. Wir brauchen noch Nassrasierer, Seife, Nähnadeln und Nähgarne in allen Farben.“
„Warum Nähnadeln und Garne?“ fragte Chris
„Unsere Freunde sind derartig abgemagert, dass die vier Frauen mit dem Kürzen und enger Nähen viel zu tun haben werden.“
Nach den Einkäufen fuhren sie zurück zum Reisebüro .
*****
Herr Lia Thao hatte sie offenbar schon erwartet. Auf dem kleinen Tischchen, vor dem er jetzt saß, dampfte in drei winzigen Tassen grüner, chinesischer Tee. Er bat, Platz zu nehmen
„Darf ich Sie, bevor ich ihnen meine Entscheidung mitteile, etwas fragen?“
„Gerne.“
„Warum wollen Sie Sich überhaupt einmischen?“
Sie sahen sich sprachlos an. Gerhard antwortete: „Diese Frage überrascht uns. Ich denke, Sie kennen die Situation dieser Leute. Wir wollen ihnen helfen. Von Soldaten wurden, kurz bevor wir zum ersten Mal dort waren, vier Leute getötet. Drei Frauen und ein Kind.“
„Waren es uniformierte Soldaten?“
Gerhard schluckte. „Wir haben die Soldaten nicht bei dem Überfall gesehen. Sie hatten die Straße abgesperrt. Diese Toten haben nie etwas mit den Amerikanern oder dem ehemaligen König zu tun gehabt. Sie waren viel zu jung damals, wenn sie überhaupt schon gelebt haben. Es ist ein Verbrechen, was da geschieht.“
Er zeigte auf Chris. „Mein Neffe hier war dabei.“
Chris übernahm das Gespräch. „Ja, ich war dabei. Es war der reinste Horror! Wenn wir ihnen nicht helfen, wer sollte ihnen dann helfen. Aus eigener Kraft können sie dem Elend dort nicht entkommen. Stimmen Sie uns nicht zu, Herr Lia Thao?“
„Diese H’mong haben sich schuldig gemacht!“
„Nicht die Frauen, Kinder und jungen Leute. Sie hätten diese Leute sehen müssen; sie sind völlig unterernährt. Sie haben zum Essen nur Reis, Wurzeln und diese roten Nüsse. Viele sind krank. Sie haben keine Kraft mehr und sind dauernd auf der Flucht. Das ist kein menschenwürdiges Leben. Sie wollen aus dem Busch raus und sicher leben. Die Kinder sollen zur Schule gehen können. Ich denke, das ist wirklich nicht zuviel verlangt.“
„Ich habe mich entschlossen, meinen Leuten und Euch zu helfen. Aber ich kann Euch nur bis zum Fluss bringen. Wie Ihr dann weiterkommt, ist allein Eure Sache. Unterschätzt die thailändischen Grenzkontrollen nicht. Die patrouillieren sogar nachts, und auch auf dem Fluss. Es kann sehr gefährlich werden; auch für Euch als Ausländer.“
„Das ist uns klar.“
„Wie habt Ihr Euch nun genau das Ganze vorgestellt?“
„Können wir morgen früh noch mal vorbei kommen; dann werden wir über Einzelheiten sprechen. Wann öffnen Sie Ihr Reisebüro?“
„Um neun Uhr.“
„Gut, dann sind wir um neun hier, morgen früh.“
Sie verabschiedeten sich, und verließen das Zimmerchen.
*****
Sie gingen ins Hotel zurück. Als sie im leeren Restaurant saßen, fragte Chris:
„Wie wollen wir genau vorgehen?“
Der Kellner brachte die Speisekarte und stellte unaufgefordert zwei Flaschen Bier auf den Tisch.
„Guter Service, Danke.“ Gerhard grinste. „Am besten trennen wir uns. Einer geht nach Thailand und mietet gegenüber von Muang Paxxan möglichst nahe am Fluss ein alleinstehendes Haus an.
„Wer fährt nach Thailand?“,fragte Chris.
„Ist mir egal – würfeln wir?“
„Wir haben keine Würfel.“
„Gut, dann Schere, Stein, Papier. Wer gewinnt, fährt oder fliegt morgen Nacht.“
Gerhard gewann die Tour direkt zurück nach Thailand, und Chris lachte. „Glückspilz! Die Damen dort sind besser.“
Gerhard wurde wieder ernst. „Der,