H'mong. Gebhard Friebel

H'mong - Gebhard Friebel


Скачать книгу
sollen in diesem Haus warten?“

      „Richtig. In Bangkok gehen wir zur deutschen Botschaft und zum UN-Gebäude. Dort sehen wir weiter.“

      „Wir können auch zur französischen Mission und zur EU Botschaft gehen. Die haben sicherlich eigene Vertretungen in Bangkok.“

      „Oder auch zu den Amerikanern. Die haben, als sie sich aus Vietnam verabschiedet haben, etliche H’mong und deren Familien in die USA mitgenommen. Deswegen gibt es auch in den USA einige H’mong Gemeinden. Wenn dort Verwandte leben, können einige vielleicht dorthin.“

      Der Kellner kam, um die Bestellungen entgegen zu nehmen.

      „Für mich ein Pfeffersteak, und roten Reis, bitte,.“bestellte Chris.

      „Haben Sie auch grünen Reis?“ fragte Gerhard den Kellner.

      Der schaute ihn überrascht an. „Ja mein Herr, aber Ausländer essen immer weißen Reis.“

      „Trotzdem, und auch ein Pfeffersteak. Ich muss testen.“

      „Sehr wohl mein Herr, danke.“Der Kellner ging.

      Gerhard wandte sich wieder an Chris. „Wenn in den USA Mexikaner eingebürgert werden, die nichts für die Amerikaner getan haben, warum nicht noch ein paar von denen, deren Vorfahren geholfen haben. Sie haben schließlich ihr Leben riskiert. Bei den Franzosen ist es ähnlich. Einige H’mong wurden in französisch Guayana angesiedelt.“

      Der Kellner brachte die dampfenden Speisen und zwei weitere Flaschen Bier. Chris nickte dankend und ass zuerst von seinem Reis.

      „Also roter Reis schmeckt wie normaler Reis. Und Deiner?“

      Gerhard probierte von seinem Reis und wartete etwas mit seiner Antwort. „Ich würde sagen, hmm, hmm, leichtes Waldmeisteraroma.“

      Chris machte große Augen. „Lass probieren.“ Er steckte seine Gabel in Gerhard Reis. Er schob die Gabel in den Mund. „Dann schmeckt meiner nach Erdbeeren. Gaukler, Possenreißer! Schabernacktreiber. Du denkst, mit mir kannst Du’s machen. Nur weil ich jung bin. Alter Sack, Prost!“

      „Prost.“

      „Färben die den Reis?“

      „Nein, er wächst so.“

      „Einfach so?“

      „Einfach so!“

      Sie aßen weiter. Das Pfeffersteak schmeckte, wie Pfeffersteaks immer schmecken. Der Kellner räumte das Tischgeschirr ab. Chris sagte: „Vorzüglich, das Bier!“

      Der Kellner sah ihn mit einem schiefen Grinsen an. „Danke.“

      Als er fort war, nahm Gerhard das Gespräch wieder auf.

      „Wenn uns das bei Franzosen und Amerikanern nicht gelingt, versuchen wir das UNHCR dazu zu bewegen, den Leuten Flüchtlingspapiere auszustellen, und eine offizielle Nummer zu verpassen. Die Leute sind damit aus dem Schneider, und dürfen nicht mehr abgeschoben werden.“

      „Wenn das nur mal so einfach wäre, wie es klingt!“

      Chris bestellte neues Bier.

      „Ist Dir klar, dass das alles teuer wird. Ich meine, was Geld angeht?“

      „Du, wir geben so viel aus für irgendwelchen Mist. Warum nicht mal Geld für etwas Sinnvolles. Was kann sinnvoller sein, als Leben zu retten.“

      „Klingt wirklich toll“ meinte Chris nachdenklich. „ Also ich bin dabei. Fifty-fifty bei den Kosten?“

      „Klar, mach dir da keine Sorgen.“

      „Nun einige Einzelheiten: Wie kommen wir über den Fluss?“

      „Weiß ich noch nicht genau. Im schlimmsten Fall müssen wir ein Boot stehlen. Ich würde es nicht gerne tun. Viele Leute hier sind bettelarm. Aber in diesem Fall heiligt der Zweck die Mittel. Wenn man drüben ist, lässt man es leer mit dem Fluss wegtreiben.“

      Beide bestellten nochmals zwei große Biere und stießen auf ihren grandiosen Plan an.

      „Wenn alles klappt, wie geplant, werden wir uns in Thailand sehen. In drei Tagen, oder vier. Den genauen Termin machen wir telefonisch aus. Also: schauen wir mal,“ sagte Gerhard. „Morgen wird ein wichtiger Tag werden; da ist es wichtig, früh schlafen zu gehen. Lass uns noch ein Bier nehmen, und dann ab in die Falle!“

      *****

      Chris schaltete das Licht in seinem Zimmer an. Stickige Hitze schlug ihm entgegen. Die Klimaanlage war ausgefallen. Wieder einmal! Im Zimmer war es wärmer als draußen. Trotzdem pfiff er unter der lauwarmen Dusche ein Lied. Das Wasser brachte keine Abkühlung. Heute konnte ihn nichts ärgerlich machen. Er fühlte sich wohl, war gut gelaunt. Ohne sich abzutrocknen, legte er sich nackt aufs Bett und zündete eine Zigarette an.

      Das Handy summte. Auf dem Display stand: ‚Schatzi’. Erfreut drückte er die grüne Taste. Es war Nina, seine Verlobte.

      „Na Liebling, wie geht es Dir? Ist das Wetter in Deutschland wieder besser?“

      „Nein. Es ist wie immer! Du fehlst mir.“

      „Du fehlst mir auch. Du hättest mitfahren sollen! Ich muss Dir was erzählen. Kannst Du Dir vorstellen, wir sind hier in eine Rettungsaktion verwickelt.“

      „Was, wo bist Du? Was ist los?“

      „Wir sind noch in Laos. Die Ebene der Tonkrüge. Ich habe es Dir im Reiseführer gezeigt. Da, wo die Krüge rumstehen, von denen keiner weiß, warum. Morgen oder Übermorgen geht es zurück nach Thailand. Wir retten eine Gruppe H’Mong. Das ist ein Stamm, der wird verfolgt.“ Er hörte sie schlucken.

      „Was soll das? Was sagst Du da?“

      „Es sind ganz arme Leute, die im Busch umherirren. Sie werden von Soldaten getötet, wenn...“

      Sie fiel ihm ins Wort. „Du spinnst. Du bist wahnsinnig. Was sagt Gerhard dazu? Dass Du Dich mit Streunern einlässt.“

      „Gerhard ist dabei.“

      „Aber wenn Soldaten hinter ihnen her sind, haben sie bestimmt Dreck am Stecken. Und mit solchen Leuten treibt Ihr Euch herum?“

      „Du verstehst das nicht. Es sind arme Leute aus dem Busch, ganze Familien. Die werden hier ausgerottet. Wir sind die einzigen, die Ihnen helfen können. Lies mal im Internet über die H’mong in Laos. Dann wirst Du es verstehen. Du würdest sicher auch helfen.“

      „Warum sollte ich Hungerleidern helfen, die ich nicht einmal kenne.“

      Sie schrie in den Hörer. „Darauf läuft es doch immer hinaus. Sie wollen immer unser Geld. Und dieser Quatsch wird sicher auch wieder Geld kosten, wie ich Dich kenne.“

      „Was regst Du Dich denn auf. Du weißt doch gar nicht, worum es geht.“

      Sie unterbrach ihn wieder. „Wenn Du Dich mit Gammlern einlässt, ist es aus zwischen uns. Du vergisst, wer Du bist.“

      „Versteh doch bitte, ihnen muss jemand helfen.“

      Sie schrie wieder: „Schwachkopf!“

      Es knackte in der Leitung. Dann folgte Rauschen. Sie hatte aufgelegt.

      Er drückte die Rückruftaste. Biep biep, biep biiep, biep biep. Besetzt.

      Er knipste das Licht aus und dachte nach. Er war nicht ärgerlich. Nur enttäuscht, sehr enttäuscht

      *****

      Am nächsten Morgen trafen sie sich zum Frühstück wieder. Gerhard sah Chris sofort an, dass irgend etwas nicht stimmte.

      „Ist noch alles klar bei Dir?“

      Chris begann zögernd. „Gestern Abend habe ich mit meiner Freundin telefoniert. Sie hat mir abgeraten, mit diesen Leuten zu gehen. Als ich ihr gesagt habe, dass für sie sonst kein Überleben möglich sei, hat sie gemeint, und das ist wörtlich: „Irgend welchen Dreck werden


Скачать книгу