In irrer Mission. Bernt Danielsson

In irrer Mission - Bernt Danielsson


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nicht den Weg zur Genialität verbauen lassen. Und eigentlich ist das ein Beweis dafür, wie gut sie ist.“

      „Wenn sie abgelehnt wird?“

      „Natürlich. Hast du nicht gewusst, dass Beckett von sämtlichen Verlagen, sowohl in England als auch im Amerika abgelehnt wurde?“

      Ich schüttelte den Kopf. Ich wusste kaum, wer Beckett war, aber ich glaube, er schrieb Theaterstücke. „Schrieb er nicht Theaterstücke?“

      Schröder starrte mich an. „Du lieber Gott. Junge! Was zum Teufel macht ihr denn heutzutage in der Schule? Im Internet herumalbern?“

      „Aber stimmt es denn nicht?“

      „Doch, aber er hat auch Romane geschrieben, weißt du das nicht? Die besten Romane, die je geschrieben wurden, abgesehen von meinen eigenen. Und am Anfang wurden sie von allen Verlagen abgelehnt! Doch. Alle. Und das sag ich doch immer – um Genialität zu bemerken, muss man ziemlich begabt sein, und das sind nicht viele, hier auf dieser Welt und ...“

      „Aber was schreibt sie denn?“, unterbrach ich ihn.

      „Was? Den gleichen Scheiß wie immer. Letztes Mal war es eine verdammte Diskette und jetzt ist es so ein verfluchtes Anrufbeantworterfax. Wie soll das denn weitergehen? Ist es das nächste Mal eine ganze Computeranlage? Muss mir wohl bald einen Umzugswagen mieten. Warum sollen wir immer ihre verfluchten Probleme lösen. Und keinen Pfennig haben wir gesehen. Hast du mal darüber nachgedacht? Ich meine, was haben wir nicht für einen Einsatz geliefert, du und ich. Leib und Leben riskiert, sind misshandelt und verprügelt worden, von Indianern, Kanaken, dem Teufel und seinen Cousins gejagt worden. Und was haben wir dafür bekommen? Nicht einen Furz. Nee, nee, diesmal muss sie verdammt noch mal allein zurechtkommen. Genau!“

      „Dann muss ich es wohl für sie erledigen ...“

      „Du? Ganz allein? Wie soll das denn gehen? Mach dich nicht lächerlich, Junge. So was kann man nicht mit Pickeln auf dem Kinn erledigen, ist doch wohl klar.“

      Er rührte mit dem Löffel im Becher und las schweigend weiter. Ich warf das Haushaltspapier weg, nahm ein Glas aus dem Abtropfgestell und goss mir einen Orangen-Aprikosensaft ein.

      „Hmm, immerhin“, murmelte er. „Doch, die Schraube hat gefasst.“

      „Schraube?“

      „Oder der Nagel, wenn dir das lieber ist.“

      „Wovon redest du?“

      „Also, ich habe doch angerufen und mich beschwert, dass ich nie einen Ersatz für meine Mountaineer-Schuhe bekommen habe, die Rashmal gemopst hat. Und deswegen hat sie sich auch nicht bei mir gemeldet, als sie hier war. Aber dieses Mal hat sie sich gebessert.“

      „Wie, sich gebessert?“

      Er streckte sich nach dem Umschlag, schaute hinein und zog eine Kreditkarte heraus und wedelte energisch damit.

      „Americanos Expressos. Das ist was. Auf meinen Namen ausgestellt, mind you.“

      „Aber sie hat den Brief doch geschrieben, als sie hier war.“

      „Was?“

      „Den Brief. Der war doch schon geschrieben, als ich den Apparillo bekam.“

      „Meinst du?“

      „Er lag doch in der Schachtel.“

      „Ähm ... Stimmt. Da hast du Recht. Aber sie haben meinen Namen falsch geschrieben, verdammt! Schau mal!“

      Auf der Karte stand Schroeder Raymond. „Die ist in England ausgestellt, da haben die keine Ös“, sagte ich und zeigte ganz unten in die rechte Ecke, wo die Adresse des American-Express-Büros stand, das die Karte ausgestellt hatte.

      „Ha! Das kann doch nicht so verdammt schwer sein, da zwei Tüpfelchen hin zu machen? Mit dem heutigen IT-Scheiß und Computern und Ödem und allem.“

      „Modem.“

      „Ja, ja, gib mir einen Stift, damit ich meine unsterbliche Unterschrift darunter setzen kann.“

      „Aber warum?“, fragte ich und holte einen Filzschreiber aus der großen Keramikschale auf der Ablage. Das ist so eine Kramschale, in der es alles gab, Stifte, Gummis, Pastillenschachteln, Rabattmarkenheftchen, Ansichtskarten mit Kirchen auf Gotland, die Mama nach Hause geschickt hatte, als wir im Mai eine Woche dort waren, Büroklammern und Sicherheitsnadeln, Bleistifte und Kulis und ganz unten Pencemünzen von der letzten Reise nach England.

      „Sonst kann man sie doch nicht verwenden, du Knallkopp.“ Er nahm ärgerlich den Stift und schaute ihn an. „Habt ihr keinen Füllfederhalter“, fragte er mit übertrieben arroganter Aussprache.

      Ich schüttelte den Kopf.

      „Das hier ist so ein Wasserfarbenstift aus dem Kindergarten, verdammt. Damit kann man doch keine Kreditkarte unterschreiben, das siehst du doch ein.“

      „Es ist ein Filzstift. Außerdem waterproof. Steht drauf.“

      Er hielt den Stift unter die Küchenlampe und blinzelte. „Japanisch! Wasserfestival!“

      „Was?“

      „Da steht ‚Wasserfest‘, das bedeutet im Leben nicht waterproof. Das haben die kleinen Gelben falsch verstanden. Sie haben ein bisschen Probleme mit Fremdsprachen, die Ärmsten, aber das kann man ja verstehen.“

      „Wie verstehen?“

      „Na, wenn man sie reden hört. Das muss natürlich wasserbeständig heißen. Wie kriegt man die Kappe ab?“

      „Was?“

      „Die Kappe. Muss man bloß ziehen, oder was?“

      „Ich nehme es an“, sagte ich und versuchte ein Lachen zurückzuhalten. Hatte er noch nie einen Filzstift gesehen?

      Mit misstrauischem Blick und herausgestreckter Zungenspitze zog er den Stift auseinander und machte ein Gesicht, als ob er ein Knallbonbon oder so was erwarten würde.

      Ich wollte natürlich wissen, warum sie eine Karte für ihn besorgt hatte und setzte mich.

      „Für die Reisekosten, verstehst du.“ Er zielte genau und schrieb dann in einer Art Anfall seinen Namen. „So, ja! Meine allererste carto plastico! Aber was zum Teufel ... Schau mal. Was habt ihr bloß für Stifte?“

      Er hielt die Karte hoch und zeigte sie mir. Ich wusste nicht wohin, mein ganzer Bauch verkrampfte sich bei dem prustenden Lachanfall. Es war ihm gelungen, seinen Namen so zu schreiben, das er fast die ganze Rückseite der Karte bedeckte, weit über den dafür vorgesehenen Streifen hinaus, die Buchstaben reichten sogar in das schwarze Magnetfeld.

      Er starrte mich sauer an. „Du bist schuld. So einen breiten Stift hab ich im Leben noch nie gesehen. Und mit dem Tintendruck stimmt auch etwas nicht.“ Er setzte die Kappe wieder drauf und knallte den Stift auf den Tisch. „Mit dem ganzen Stift stimmt was nicht, ihr solltet ihn zurückgeben. Wasserfestivalstift! Pah!“ Er zuckte mit den Schultern und lehnte die Karte gegen die Blumenvase. „Wann kommen deine Eltern zurück?“

      „Am Montag.“

      „Right, Kiddo. Pack the bags. We is going places!“

      „We are“, korrigierte ich ihn automatisch und bekam ein höhnisches Grinsen als Antwort. „Was sabbelst du da?“, fügte ich deshalb schnell hinzu.

      „Willst du mich damit vielleicht hochnäsigerweise darauf aufmerksam machen, dass deine Mutter Engländerin ist? Machst du doch sonst immer? Und das deine Englischkenntnisse deshalb ... nachgerade verblüffend sind. Was? Dann hätten wir das hinter uns, gewissermaßen? Nein? Dann eben nicht. Also, wenn dieser Apparillo ‚bleep!‘ macht, fahren wir aux Londres, mon ami!“

      „Ich fahr überhaupt nirgendwohin.“

      „Und ob du fahren wirst.“

      Ich dachte natürlich, er macht Spaß, aber ich hätte wissen müssen, dass dem nicht so war. Lena hatte


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