Mörderisches Schwerin. Diana Salow

Mörderisches Schwerin - Diana Salow


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aber deren Identität ist geklärt. Jan Wilke heißt keiner von beiden.«

      »Ja, aber wo ist denn mein Mann? Kann es sein, dass er einen Schock hat und vielleicht orientierungslos durch die Gegend irrt?«

      »Das ist möglich. Ich werde das gleich prüfen, das verspreche ich Ihnen.« Berger lächelte sie mitfühlend an – mit genau dem Lächeln und seiner charmanten Art, die viele Frauen anziehend fanden.

      »Geben Sie jetzt eine Vermisstenanzeige heraus? Benötigen Sie ein Foto? Ich habe alles dabei.« Sie kramte ihr Smartphone heraus und wischte auf dem Display hektisch hin und her. »Hier. Das ist ein aktuelles Foto vom vergangenen Wochenende. Da haben wir mit meiner Freundin Dörte und ihrer Tochter bei uns zu Hause im Garten gegrillt.«

      »Frau Wilke, wir müssen leider noch etwas abwarten. Vielleicht ist ihr Mann ja schon zu Hause, während Sie hier bei mir sind?«

      »Nein, auf keinen Fall. Ich habe ihm ein paar Nachrichten geschrieben und zu Hause einen Zettel hinterlassen und ihn gebeten, sich sofort bei mir zu melden.«

      »Wir müssen trotzdem noch etwas Zeit verstreichen lassen. Ihr Mann ist volljährig und kann sich aufhalten, wo er möchte. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch …« Berger rutschte auf seinem Stuhl nervös hin und her.

      »Und wenn er mit einem Schock irgendwo gestürzt ist und Hilfe benötigt? Bitte, Herr Hauptkommissar, es muss ihm was zugestoßen sein!« Die Frau war zwischenzeitlich aufgestanden und lief mittlerweile hektisch in Bergers Büro auf und ab. »Genau deshalb bin ich zu Ihnen gekommen. Ich dachte, Sie könnten mir helfen. Ansonsten hätte ich auch eine Anzeige bei der Polizei im Internet aufgeben können. Sie haben doch bisher schon so viele Fälle gelöst!«

      »Ja, aber …«

      Sie stand nun vor Berger und sah ihm tief in die Augen. »Bitte, Herr Hauptkommissar! Ich flehe Sie an. Finden Sie meinen Mann Jan!«

      Ihn begann die Förmlichkeit in der Anrede »Herr Hauptkommissar« langsam auf den Geist zu gehen. »Frau Wilke, ich werde sehen, was ich machen kann. Sie haben ja recht, es war gestern eine Ausnahmesituation und vielleicht ist ihm doch etwas im Nachhinein passiert? War er denn mit dem Auto unterwegs?«

      »Das ist der nächste Punkt, Herr Hauptkommissar. Auch das wollte ich Ihnen noch unbedingt sagen. Das Auto steht nirgends am Theater. Der Audi ist verschwunden und das Handy ist ausgeschaltet. Das kenne ich von meinem Mann nicht. In seinem Büro meldet sich auch niemand. Alles sehr merkwürdig, finden Sie nicht?«

      »Wie erreiche ich Sie, Frau Wilke?«

      »Hier. Ich gebe Ihnen meine Visitenkarte.«

      Berger nahm die Karte entgegen und warf einen Blick auf die goldglänzende Schrift. »Sie sind Schmuckdesignerin?«

      »Ja, gelernte Goldschmiedin – ›mit ganz viel Herz und Engagement‹«, antwortete sie stolz und lächelte.

      Während sie dies sagte, fand Berger den Slogan der Handwerkerin auch auf der Rückseite ihrer Visitenkarte: Ihre Goldschmiedin mit ganz viel Herz und Engagement.

      »Schauen Sie mal, Herr Hauptkommissar. Das ist unser Ehering seit 25 Jahren. Den habe ich für meinen Mann und mich selbst entworfen und angefertigt.« Sie drehte den Ring am Finger.

      ›Herr Hauptkommissar, Herr Hauptkommissar‹, dachte Berger, brachte aber nur ein »Wunderschön!« heraus, das der Herr Hauptkommissar immerhin ehrlich meinte. »Frau Wilke, ich kümmere mich jetzt um Ihren vermissten Mann und melde mich bei Ihnen, wenn ich etwas erfahre. Sollte Ihr Mann auftauchen, rufen Sie mich bitte gleich an!«

      »Natürlich, Herr Hauptkommissar. Vielen Dank! Ich weiß, dass Sie meinen Jan finden werden. Wenn Sie ihn nicht finden, dann findet ihn auch kein anderer.« Sie reichte Berger die Hand und verließ mit einem hoffnungsvollen Lächeln dessen Büro.

       Kapitel 6

      »Bist du allein, Lars?«, fragte Hauptkommissar Berger erstaunt, als er Lars Paulsen Freitagabend vor seiner Haustür empfing. Er und Lea hatten seinen Kollegen und dessen Freundin Kirsten zum Abendessen eingeladen.

      »Ja, Kirsten hat leider Dienst. Ihr müsst mit mir allein vorliebnehmen«, antwortete er und reichte Lea eine wunderschöne Orchidee.

      »Oh, eine Tigerorchidee!«, strahlte Lea, als sie die hübsche Blume sah. »Eine exotische Schönheit unter den Orchideen. Und dann noch in meiner Lieblingsfarbe!«, stellte Lea fest und nahm ihm behutsam die gelbe Pflanze ab.

      »Tigerorchidee, wie originell!«, murmelte Berger vor sich hin und war ein klein wenig eifersüchtig, als er sah, wie sehr seiner Frau die Blume gefiel.

      »Tja, der Tiger verschenkt eben auch mal eine Tigerin!«, lachte Paulsen. Er war entzückt, dass seine ausgewählte Pflanze so gut bei Lea ankam und sie sogar den Namen der Orchidee kannte.

      »Die duftet ja sogar«, sagte Lea, »und dann auch noch so passend zu unserem Abendessen. Schade, dass Kirsten nicht mitkommen konnte.«

      Paulsen lächelte: »Ja, sie bedauert das auch sehr. Zumal wir uns so auf den ›Asiatischen Abend‹ mit euren Urlaubsfotos gefreut haben. Aber ich wollte auch nicht kurzfristig absagen. Ich hoffe, ihr entschuldigt, dass ich allein gekommen bin.«

      »Na klar, dann komm mal durch ins Wohnzimmer!« Berger brachte ihn in die Wohnstube.

      Paulsen staunte, als er den aufwendig dekorierten Tisch sah. »Wow, ich muss gleich ein Foto machen und es Kirsten schicken.« Einen Moment bewunderte er das Geschirr mit den Kranichmotiven und die zu Lotosblüten gefalteten Servietten, die edlen dunklen Essstäbchen und die kleinen Suppenschälchen aus hauchdünnem Porzellan.

      »Lass das lieber mit dem Foto, sonst ärgert Kirsten sich nur noch mehr, dass sie arbeiten muss und nicht mit uns gemeinsam das schöne Essen genießen kann.« Berger zwinkerte Paulsen zu.

      »Hast ja recht, Thomas.« Paulsen steckte sein Telefon wieder in seine Hosentasche zurück. Die beiden Männer nahmen am Tisch Platz und Lea ging in die Küche, um die Suppe zu holen.

      »Thomas, unser neuer Fall hat es ganz schön in sich, oder?«, fragte Lars.

      »Ja, das stimmt absolut. So etwas ist in Schwerin noch nie passiert.«

      »Die ganzen Geschehnisse um die Weltkulturerbe-Gala haben mich ganz schön mitgenommen. Die Schweriner werden dieses Desaster nicht so schnell vergessen können.«

      Da kam Lea mit einer köstlich duftenden Kokossuppe zurück. »Lasst es euch schmecken!« Sie nickte Thomas und Lars freundlich zu. »Bevor wir essen, möchte ich mit euch anstoßen.« Sie erhob ihr Longdrink-Glas und prostete den beiden zu.

      »Das ist ein Thai-Moorgin«, erklärte Thomas. »Und es ist mein persönlicher Beitrag zum heutigen Abend: ein asiatischer, feinherber Gin-Tonic mit Minze, Ingwer und Kardamom. Prost! Das ist auch mein einziger Beitrag, um es mal so festzuhalten.« Berger lachte laut.

      »Ich bin schon sehr gespannt auf eure Fotos von der Asien-Rundreise.« Lars Paulsen blickte Lea an.

      Lea war eine sehr gute Gastgeberin. Sie hatte passend zum Fotoabend gekocht und dekoriert. Am liebsten hätte sie noch ein Cheongsam, das traditionelle chinesische Frauenkleid aus Satin, zu diesem besonderen Anlass angezogen. Aber Thomas hatte ihr davon abgeraten. Er war der Meinung, dann hätte Lea den beiden Gästen vorab sagen müssen, dass es einen Dresscode geben würde. Die Begründung hatte seine Frau überzeugt. Sie wollte Paulsens Freundin Kirsten, die ihr sehr sympathisch war, keinesfalls bloßstellen.

      Lea brachte nach ein paar Minuten die leeren Schälchen in die Küche. »Es dauert noch einen kleinen Augenblick mit dem Nasigoreng. Ihr könnt ja noch was trinken«, rief sie laut von nebenan.

      Eine gute Gelegenheit für die beiden, dienstlich zu sprechen. Es fiel den zwei Polizisten schwer, von ihrem derzeitigen Fall abzuschalten.

      »Ja, das ist schon heftig. Wir müssen auf die Gästeliste des Theaters warten, um endlich herauszubekommen,


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