Betrayal - Stirb für mich. Fenja Wächter

Betrayal - Stirb für mich - Fenja Wächter


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Schulter zu ihnen, rang sich ein Grinsen ab, das ihm schon lange vergangen war. »Die werden mich begleiten?«

      Er starrte Butcher an, der seinen Blick ungerührt erwiderte. Das übliche Strahlen auf seinem Gesicht, wenn es um sein Spiel ging. Nur dieses Mal war da mehr.

      »Kenai.« Butchers Stimme eine eindeutige Ermahnung.

      »Du bist nicht die einzige Neuerung«, druckste Kenai herum. »Es wird zum ersten Mal einen Teilnehmer geben, der sich nicht freiwillig angemeldet hat.«

      »Freiwillig.« Chase schnaubte. »Die Wenigsten machen das aus Spaß an der Freude. Vielleicht mit Ausnahme derjeniger, die mich jagen wollen.«

      Butcher lachte vor sich hin. »Oh, glaub mir, er ist anders. Er hat keine Ahnung von der Sache, die hier läuft. Gar keine. Er ist süße fünfundzwanzig, Cop und nur für dich hier.« Er deutete auf den Bildschirm, doch Chase wagte es nicht, dorthin zu sehen.

      »Butcher, was soll der Scheiß?«

      »Ich bin auf ihn aufmerksam geworden, als wir die Hintergründe der Teilnehmer abgeklärt haben. Sein Bruder hat sich angemeldet. Warum auch immer. Und irgendwie hat er mich sofort an –«

      Jäh stand Chase auf, wollte sich Butcher über den Tisch hinweg schnappen. Noch rechtzeitig realisierte er, was er im Begriff war zu tun und dass es zum Scheitern verurteilt war. Seine Hand knallte auf die Tischplatte, mit der anderen zeigte er mahnend auf Butcher. »Wag es nicht, seinen Namen auszusprechen. Nicht du!«

      Butchers Leibwächter waren Witzfiguren, die erst jetzt bei Chase eintrafen und ihn packten.

      »Chase, bitte, ich bin nicht derjenige, der abgedrückt hat«, sagte Butcher gelassen und gab seinen Männern mit einem Wink zu verstehen, dass sie Chase wieder loslassen sollten.

      »Du bist aber der Grund für seinen Tod!«

      »Nun, das kann ich nicht verneinen.« Er deutete abermals auf den Bildschirm. »Meine Wiedergutmachung. Willst du ihn dir nicht wenigstens mal ansehen?«

      Genau das wollte Chase um nichts in der Welt tun. Doch in ihm war eine einsame, leere Sehnsucht. Ein stummes Vermissen, das er niemals überwunden hatte und das ihn nun dazu zwang.

      Es war ein typisches Bild eines Polizisten aus seiner Führungsakte und auf eine absurde Weise ähnelte er Reed, obwohl sie gänzlich anders waren. Schmale Gesichtszüge ohne auch nur einen Schatten von Bart. Das Grübchen am Kinn fehlte ihm hingegen. Dafür trug er das dunkelblonde Deckhaar lässig zur Seite gegelt und wenn Chase hätte raten müssen, aus den gleichen Gründen. Denn der Ansatz von frech gewellten Haaren war auf dem Foto zu erkennen. Reed hatte seine Haare gehasst. Er hatte Vieles gehasst und stets verbissen dabei gewirkt. Ganz anders der Polizist. Ein aufmerksamer, klarer Blick. Offen. Der junge Mann weckte Vertrauen.

      Der Anblick des Fremden war viel zu vertraut und zog Chase den Boden unter den Füßen weg. Schmerz, den er niemals zugelassen hatte, bahnte sich seinen Weg nach außen und Chase kannte nur eine Antwort darauf: Zorn.

      Butcher erkannte seinen Fehler, sprang noch rechtzeitig auf. Mit einem Satz hievte Chase sich über den Schreibtisch hinweg, spürte das Stechen in der Schulter erst kurz vor seinem Ziel. Schwere durchflutete seinen Körper, ließ ihn in der Bewegung stocken.

      »Herr Gott, Chase!«, rief Butcher aus, wich vor ihm zurück und zum ersten Mal, seit Chase ihn kannte, hörte er so etwas wie Furcht aus dessen Stimme.

      Sein Blick verschwamm. Die Wut verpuffte in Ermattung. Er schwankte, griff irritiert an seine Schulter und zog die Nadel heraus.

      »Tut mir leid«, flüsterte Kenai.

      Chase stützte sich noch am Schreibtisch ab, nur um doch auf die Knie zu sacken und in Dunkelheit zu fallen.

      1998

      New York City

      Sie joggten erst seit fünfzehn Minuten durch die kühle Morgendämmerung des Parks, aber Reed schnaufte bereits gequält. Zusätzlich breitete sich in seiner Seite ein fieses Stechen aus, was das Atmen auch nicht gerade erleichterte.

      Er verzog das Gesicht, bremste ab. »Lauf ohne mich weiter.«

      Seine Aussage unterstrich er mit einem entsprechenden Winken. Natürlich tat sein Liebhaber genau das nicht. Ohnehin war er innerhalb der letzten Woche zu einer Glucke mutiert, mit der Reed recht wenig anfangen konnte. Wofür hatte man einen Liebhaber, wenn der sich weigerte, einen zu vögeln? Und das nur, weil Lance der Meinung war, Reed sollte sich schonen!

      »Vergiss es. Es war einfach noch zu früh, um wieder damit anzufangen«, sagte Lance. »Macht nichts, wir könnten –«

      »Du nervst, Lanny!«

      Die Worte waren Reed herausgerutscht und ein klein wenig bedauerte er sie auch. Im Grunde meinte Lance es nur gut, und es war Reed, der es auf ganzer Linie verbockt hatte. Sogar das Geständnis war er Lance immer noch schuldig. Aber je mehr Tage verstrichen, desto schwerer fiel es ihm. Außerdem hatte er bezüglich des Spiels überhaupt nichts gehört. Und egal, wie absurd es war, Reed klammerte sich allmählich an der Hoffnung fest, dass Butcher es dabei belassen würde.

      Lance stand vor ihm, sagte kein Wort und schaute Reed wie ein treudoofer Hund an, der nicht so recht wusste, was er gerade falsch gemacht hatte. »Sorry, Lance, ich weiß deine Hilfe wirklich zu schätzen, aber … dieses ständige Aufeinanderhängen ist nichts für mich. Ich brauche ein bisschen Abstand.«

      Sein Liebhaber schwieg weiterhin, wobei sich die Linien auf seiner Stirn vertieften. Es ging Reed näher, als es sollte. Lances grimmig stille Abneigung galt bisher immer anderen, aber niemals Reed!

      Sachte stupste er Lance am Oberarm an. »Jetzt sei nicht so. Du hast mich gebeten, ehrlich zu dir zu sein!«

      Er war ein mieser Lügner.

      Unvermittelt schaute Lance ihn an. »Hast du immer noch Ärger mit Butcher?«

      In Reeds Magen zog sich alles zusammen, verklumpte. »Äh, wie kommst du jetzt darauf?«

      Lance nickte an ihm vorbei. Zögernd drehte Reed sich um, erstarrte. Butchers Leibwächter waren auf dem Weg zu ihnen.

      »Scheiße! Lance, ich –«

      »Egal, was passiert, halt dich raus«, raunte Lance ihm zu und lauter: »Was wollt ihr?«

      Spencer grinste schräg. »Abholservice.«

      »Vergesst es!«, knurrte Lance.

      Die Erheiterung der Leibwächter erstarb. Dafür glitt ihr Blick unweigerlich zu Reed. Lance trat ihnen entgegen, versperrte den Weg und Reed war zu perplex, um zu reagieren. Sein Liebhaber legte sich gerade ohne zu zögern mit Butchers Leuten an, forderte damit im Prinzip den miesesten Typen überhaupt heraus.

      »So oder so, ihr kommt mit.«

      »Sehen wir dann.« Mit den Worten schnellte Lance vor, trieb Spencer die Faust in den Magen.

      Dessen Schnaufen war eindeutig. Den nächsten Hieb fing er ab, während sein Kamerad einen Elektroschocker zückte.

      »Wow, langsam!« Reed sprang vor, schlang von hinten seine Arme um Lance. Er zog und zerrte an ihm. »Komm runter!«

      Es war Reeds Glück, dass Spencer von sich aus auf Abstand ging und auch der Kerl mit dem Schocker kein Interesse daran hatte, diesen auf Teufel komm raus zu verwenden.

      »Lance, bitte, beruhig dich!«

      Sein Liebhaber ließ sich von ihm zurückziehen. Doch sein Körper bebte vor ungewohnter Wut und Anspannung. Dabei war Reed sonst das Nervenbündel von ihnen und Lance der Ruhepol, der jeden Auftrag nüchtern und sachlich durchführte. Nicht einmal unvorhersehbare Ereignisse warfen ihn aus der Bahn.

      Spencer rotzte Blut in den Dreck. »Schwuchtel!«

      Ein Zucken jagte durch Lances Muskeln. »Die Schwuchtel reißt dir gleich den Arsch auf!«

      Normalerweise …

      »Lass


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