Athanor 3: Die letzte Bastion. David Falk

Athanor 3: Die letzte Bastion - David  Falk


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das ihnen«, brummte Athanor und deutete vage auf zwei Männer, die mit Beilen einen zu Kohle verschmorten Baum zerteilten. Jedes andere Brennmaterial war angenehmer als getrockneter Eselsdung.

      Mahanael lächelte. »Es wird nichts nützen, denn in ihren Augen hast du dich bewährt. Du hast den Nekromanten getrotzt und das Drachenheer besiegt. Wenn du ein Elf wärst, würde ich bei der Wahl zum Ältesten auch für dich stimmen.«

      »Hab ich ein Glück, dass ich kein Elf bin.«

      Mahanaels Lächeln bekam einen bitteren Zug. »Dann wären wir wohl nicht hier.«

      Nein. Denn dann wäre unser ungeborenes Kind kein Bastard gewesen, und Davaron hätte Elanya niemals umgebracht. Zumindest glaubte er, dass Davarons Hass auf die Menschen der Grund für den Mord gewesen war. Der Mistkerl hatte nie einen Hehl daraus gemacht, wie sehr ihn …

      »Herr!«

      Aufgeregte Stimmen rissen ihn aus den Gedanken.

      »Kommt alle helfen! Schnell!«

      »Ehrwürdiger Kaysar!«

      »Was ist los?«, rief Athanor dem Jungen entgegen, der auf ihn zueilte. »Komm!«, wandte er sich an Mahanael und lief bereits in die Richtung, aus der die Stimmen kamen.

      »Da ist jemand verschüttet. Unter den Trümmern. Ganz in der Nähe«, sprudelte der Junge hervor. Er war zwölf oder dreizehn und hatte das schwarze Haar und die hellbraune Haut der alten Dionier geerbt.

      »Warum zum Dunklen hört mir hier nie jemand zu! Ich hatte strenge Anweisung gegeben, jede Ruine erst abzustützen, bevor darin etwas angerührt wird. Wie die Zwerge ihre Stollen sichern.«

      »In den Silberminen arbeiten nur Zwerge?«

      »Vergiss es einfach.« Selbst Vindur hatte den Dioniern als kleingeratener Mensch gegolten. Sie verstanden nicht, was ein echter Zwerg war.

      »Aber es kann keiner von uns sein, Herr. Ich schwöre beim Großen Drachen! Wir waren da nicht drin.«

      Skeptisch musterte Athanor den Schuttberg, vor dem sich bereits zahlreiche Helfer eingefunden und Menschenketten gebildet hatten. Mit Feuereifer reichten sie Ziegelsteine und Mörtelbrocken weiter, nur um sie planlos auf einen anderen Haufen zu werfen. Es musste ein Nebengebäude des eingestürzten Drachentempels sein, an den es grenzte. »Du meinst, jemand hat unter den Trümmern überlebt?«

      Der Junge nickte aufgeregt.

      »Ja, Herr«, mischte sich eine Fremde ein. »Wir haben Kratzen und Pochen gehört. Als ob sich jemand befreien oder auf sich aufmerksam machen will.«

      Nach einem halben Mond? Athanor wechselte einen erstaunten Blick mit Mahanael.

      »Vielleicht hatten sie einen unterirdischen Lagerraum und wurden darin verschüttet«, vermutete der Elf.

      »Ein Keller?« Das wäre möglich. Wenn sich dort auch Fässer mit Wasser oder Wein befunden hatten, konnte jemand so lange ausgeharrt und vergeblich um Hilfe gerufen haben. »Du hast recht. Holen wir die arme Seele da raus!«

      * * *

      Bald war die Morgenkühle verflogen, und die unbarmherzige Sonne Dions sengte auf die Retter herab. Nur noch verkohlte Stümpfe erinnerten an die Bäume, die dem Tempelgarten einst Schatten gespendet hatten. Hin und wieder ließ Mahanael eine magische Brise vom Hafen herüberwehen, doch selbst ihm rann der Schweiß über die Stirn.

      Athanor hatte die Spitze einer Menschenkette übernommen und klaubte Brocken für Brocken auf, um ihn dem Elf zu übergeben, der ihn wiederum weiterreichte. Längst hatte er sich des Kettenhemds entledigt und ignorierte das Stechen im verwundeten Arm. Die Arbeit ging quälend langsam voran. Immer wieder rutschte der Schutt an Stellen nach, an denen sie es nicht erwartet hatten. Oder sie stießen auf größere Trümmer, die erst zerschlagen werden mussten, bevor mehrere Männer gemeinsam in der Lage waren, sie zur Seite zu wuchten. Einmal blieb ihnen sogar nichts anderes übrig, als einen Steinblock der Tempelmauer mit einem Eselsgespann aus dem Weg zu ziehen. Von Zeit zu Zeit rief jemand nach den Verschütteten und sprach ihnen Mut zu. Zur Antwort polterte es dumpf unter dem Schutt, als ob Fäuste gegen Holz hämmerten. Schon arbeiteten die Retter trotz der Hitze wieder schneller.

      Athanor hätte nicht sagen können, wann Rhea aufgetaucht war. Mit einem Mal stand das kleine Mädchen da und sah ihm zu. Die ernsten Augen waren so dunkel wie das strähnige Haar. Athanor hob einen weiteren Brocken aus Mörtel und Ziegelsteinen und blickte sich nach Laurion um, der sich des Waisenmädchens angenommen hatte wie ein Verwandter.

      Der Magier kam auf ihn zu und verneigte sich. Obwohl sie geflickt und abgetragen war, leuchtete seine weiße Robe in der Sonne. »Willkommen zurück, ehrwürdiger Kaysar.«

      »Wie’s aussieht, bin ich immer rechtzeitig, wenn’s Arbeit gibt«, schätzte Athanor und wischte sich den Schweiß aus den Augen. »Pack mit an!«

      »Tut mir leid, Herr, ich kann nicht bleiben«, bedauerte Laurion. Seit der Schlacht um die Ordensburg hatte sich ein erwachsenerer Zug in sein blasses Jungengesicht gegraben, der seinem Alter besser entsprach. »Die Regentin hat mich geschickt, um nachzusehen, was Euch so lange aufhält.«

      »Warum kommt sie nicht selbst?« War ihr doch etwas zugestoßen?

      »Die Regentin ist beschäftigt. Sie fertigt mit ihren Dienerinnen ein Fischernetz.«

      »Sie macht was

      »Soll sie etwa den ganzen Tag nach Euch Ausschau halten … Herr?«

      War das Trotz in Laurions Augen? Was zum Henker …

      »Helft mir!«, rief Rhea leise. »Holt mich hier raus!«

      Gereizt wandte sich Athanor ihr zu. »Was redest du da?«

      »Er sagt das.« Sie deutete auf die Trümmer direkt vor ihnen.

      Wieder pochte es dumpf, aber lauter.

      »Hol’s der Dunkle! Wir vergeuden hier unsere Zeit, während da unten jemand verzweifelt.«

      Mit neuem Eifer stürzten sie sich auf den Schutt. Selbst Laurion schien beschämt genug, um nun doch mit anzufassen. Bei genauem Hinsehen war seine Robe ohnehin geflickt und mit den Rändern alter Blutflecken übersät.

      Schon nach wenigen Augenblicken kamen unter den Trümmern dicke Bohlen zum Vorschein. Hastig legten Athanor und Mahanael die gesamte Falltür frei. Staub tanzte auf den Brettern, als erneut jemand von unten dagegen schlug. Aufgeregt drängten sich die Flüchtlinge um Athanor und ließen ihm kaum genug Platz, um die schwere Tür am aufgenagelten Bronzering anzuheben. Sobald es einen Spalt gab, griffen mehrere Männer unter die Bohlen. Gemeinsam warfen sie die Tür förmlich auf.

      Mit einem entsetzten Aufschrei wich die vorderste Helferin zurück und der ganze Kreis der Neugierigen mit ihr.

      »Gütiger Alfar von Wey!«, entfuhr es Mahanael, während Athanor das Schwert zog.

      Auf den Stufen nach unten kauerte eine bis auf die Knochen abgemagerte Gestalt und richtete sich langsam auf. Im ganzen ausgemergelten Leib knirschte und knisterte es dabei. Staub rieselte aus den zu weit gewordenen Gewändern. Der kahl rasierte Schädel und das goldene Amulett wiesen den Mann als Drachenpriester aus, und er hatte das Schicksal seines Gottes geteilt. Sein Grinsen war nur noch das zur Maske erstarrte Zähneblecken geschrumpfter Lippen.

       Es gab wohl doch kein Wasser dort unten.

      Wie gelähmt starrten die Flüchtlinge den Untoten an. Athanor zögerte. Mit dem Schwert konnte er einen Wiedergänger ohnehin nicht aufhalten. Wo bekam er auf die Schnelle Feuer her?

      Würdevoll stieg der wandelnde Leichnam die Stufen herauf. Sobald er die Treppe hinter sich hatte, hob er wie grüßend eine Hand. Plötzlich wankte er, schlug der Länge nach hin und rührte sich nicht mehr.

      »Er wünscht sich ein ehrenvolles Begräbnis, damit seine Seele in die Alte Heimat reisen kann«, sagte Rhea in die Stille hinein.

      Athanor sah


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