Liebe, wie geht's?. Sabine Bösel

Liebe, wie geht's? - Sabine Bösel


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viel wird. Vielleicht gönnen Sie sich eine Mittagspause außer Haus, bei der Sie gut durchatmen und Ihre Batterie wieder aufladen können. Dann sammelt sich gar nicht erst so viel Schmutz an. Und wenn Ihnen auffällt, dass Sie häufig in solchen ermüdenden Tagen landen, dann laden wir Sie herzlich ein, zu hinterfragen, weshalb Sie sich so antreiben lassen und sich viel zu spät eine Auszeit gönnen. Auch hier hilft ein Blick in Ihre Familienhistorie, denn möglicherweise gibt es eine vorgelegte Spur, die sich vielleicht sogar schon über Generationen hinzieht.

      Ein letztes, sehr hilfreiches Tool, um zu verhindern, Schmutz von außen in die Beziehung hineinzubringen, ist zu lernen, gute Übergänge zu gestalten. Wir haben oft einen stressigen Tag und manchmal sind uns die verschiedenen kleinen Widrigkeiten, die uns die Laune verdorben haben, gar nicht bewusst. Da hilft es, Rituale zu finden. Freunde von uns haben sich angewöhnt, mit dem Fahrrad von der Arbeit nach Hause zu fahren, weil die körperliche Anstrengung ihnen hilft, so manches wegzustrampeln. Bewährt ist auch alles, was mit Wasser zu tun hat: beim Heimkommen als Erstes Hände waschen, duschen oder auch ein Glas Wasser trinken. Auch die Kleidung zu wechseln hilft. Ein Paar hat uns erzählt, dass die Frau sich beim Heimkommen zuerst in die Tür stellt, sagt, dass sie sich freut, hier zu sein, und sich ansonsten ein paar Minuten ruhig umschaut und sich auf diese Weise eintaktet in die private Welt.

      In Beziehungen ist es eine unserer größten Aufgaben, genau zu unterscheiden, wo der Schmutz hingehört, der auf unser Gemüt drückt, damit wir ihn nicht unserer Partnerin, unserem Partner um die Ohren schmieren. Damit reduzieren wir nicht nur die vielen kleinen Querelen und zeigen gleichzeitig Respekt und Achtung vor unseren Beziehungen, sondern sind auch noch ein gutes Vorbild für die nächste Generation.

       Wie konnte ich mich nur in die verlieben!

      Wenn der reizende Mensch, in den wir uns verliebt haben, zu einer Enttäuschung wird, zweifelt man gern an der eigenen Urteilskraft.

      Warum wir uns ausgerechnet in diesen einen Menschen verlieben und in keinen anderen – und was das für einen unschätzbaren Wert hat.

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       8. Der Zebraeffekt

      Was hinter der Magie der Partnerwahl steckt. Wie wir unseren Seelenverwandten finden und welche unschätzbaren Vorteile das hat.

       Er: Wo gehst du hin?

      Sie: Habe ich dir doch gesagt, ich habe heute Supervision.

       Er: Wann kommst du nach Hause?

      Sie (ungehalten): Weiß ich nicht.

      Er: Das letzte Mal ist es so spät geworden.

       Sie (verärgert): Ich kann es dir nicht sagen. Du wirst bestimmt schon schlafen, wenn ich komme, also ist es doch egal!

       Er: Bitte sage mir, wann du kommst. Ich mache mir sonst Sorgen!

      Sie schnaubt wütend, verdreht die Augen und macht die Tür hinter sich zu.

      Es ist schon etwas Magisches daran: Wir gehen an einem Samstagabend mit Freunden aus, und da ist plötzlich jemand, der offenbar einen Magneten eingebaut hat. Beim bloßen Anblick dieses Menschen kribbeln Schmetterlinge im Bauch, wir bekommen Herzklopfen, unsere Wangen röten sich leicht. Alle anderen rundherum sind nicht mehr wichtig. Amor hat seinen Pfeil abgeschossen und getroffen. Wir haben uns verliebt.

      Warum jedoch verlieben wir uns gerade in diese eine Person? Wir finden vielleicht mehrere attraktiv, aber diese eine Person hat es uns angetan – woran liegt das? Weil diese eine Person mit uns seelenverwandt ist. Und weil die Natur uns so ausgestattet hat, dass wir diese Seelenverwandtschaft intuitiv erkennen, obwohl wir sie kognitiv noch gar nicht erfassen konnten. Wir haben ein Erklärungsmodell für Sie, damit Sie sich das gut vorstellen können: den Zebraeffekt.

      Ein Zebra hat, wie Sie wissen, ein gestreiftes Fell, am Rumpf ist es längs-, an den Beinen quergestreift, und dort, wo diese zusammenstoßen, entsteht ein Muster, das wie ein Daumenabdruck höchst individuell ist. Wird ein Zebrababy geboren, ist es abhängig von seiner Mutter, weil es nur von ihr genährt wird. Es ist also überlebenswichtig, die Mutter in der Herde jederzeit erkennen zu können. Daher macht sich das Zebrababy ein inneres Bild von diesem individuellen Streifenmuster seiner Mutter. Mit dem Strichcode hat die Natur also vorgesorgt, dass jedes Zebrababy überleben kann.

      Auch für uns Menschen hat die Natur eine Art Strichcode vorgesehen. Ab dem Zeitpunkt der Geburt machen wir uns ein inneres Bild von unseren Eltern und anderen Bezugspersonen. Das geschieht natürlich alles unbewusst. Als hätten wir eine integrierte Kamera eingebaut, speichern wir viele Bilder ab: wie gut es ist, wenn wir vor Hunger schreien und schnell an die Brust genommen werden; wie beängstigend es ist, wenn Mama und Papa streiten; wie Mama und Papa nach Schulschluss nicht zu Hause sind und wie überfordernd es als Schlüsselkind ist, auch noch auf das jüngere Geschwister aufpassen zu müssen; wie einsam man sich fühlt, wenn sich in der Familie alles nur um den kranken Bruder dreht … All diese unzähligen Erfahrungen werden abgespeichert und ergeben unseren individuellen Strichcode, mit dem wir durch die Welt gehen. Wenn wir dann auf einen Menschen treffen, der einen ähnlichen Strichcode mit sich herumträgt, passiert es: Wir fühlen uns hingezogen und verlieben uns.

      Je größer die Seelenverwandtschaft – je ähnlicher also der Strichcode –, desto stärker ist die Anziehung. Wir bekommen schwitzige Hände, Herzklopfen, die Hormone kribbeln im Bauch. Wir geraten in einen Zustand der Euphorie, kommen mit weniger Schlaf und weniger Essen aus. Ein ganzer Hormoncocktail sorgt dafür, dass unser Kritikzentrum ausgeschaltet ist. Wir finden diesen Menschen toll! „Er ist mein Fels in der Brandung“, sagen wir dann, oder: „Sie ist so wunderbar quirlig, ich liebe das!“ Wir sehen also quasi nur die hellen Streifen im Zebramuster, die dunklen blenden wir aus, die interessieren uns nicht. Umgekehrt zeigen wir uns auch von unserer besten Seite, präsentieren unser ganzes Potenzial und wagen dabei Dinge, für die uns sonst immer der Mut gefehlt hat. Das ist auch gut so, denn würden wir gleichzeitig auch die dunklen Seiten sehen, würden wir uns womöglich gar nicht verlieben und die Menschheit wäre längst ausgestorben!

      Warum machen wir das? Die Wissenschaft ist sich einig darin, dass die Seelenverwandtschaft der entscheidende Aspekt für die unbewusste Partnerwahl und auch der Kitt in der Beziehung ist. Wir Menschen haben alle den Willen zur Entwicklung in uns, und dazu müssen wir Erfahrungen machen und Anregungen bekommen, um zu lernen. Auch in puncto Beziehung wollen wir Erfahrungen machen und uns in unserer Persönlichkeit weiterentwickeln, wir wollen unsere eigenen Themen, unsere Licht- und Schattenseiten neu sortieren, bearbeiten und vielleicht auch korrigieren. Seelenverwandtschaft heißt, dass wir zu ähnlichen Themen ähnliche Erfahrungen gemacht haben, sie aber meist unterschiedlich bewältigt haben. Ein Beispiel: Beide haben streitende Eltern erlebt und die Angst, die man als kleines Kind dabei empfindet. Der Mann hat als Kind beschlossen, dass er das nie wieder erleben will, und geht jedem Konflikt aus dem Weg. Die Frau entwickelte als Kind eine Loyalität zu ihrem Vater, der den Streit meistens angezettelt hatte, und ist dann diejenige, die Konflikte auf den Tisch legt und anspricht. Das heißt, wir suchen uns einen Partner, der uns einerseits an die hellen Streifen unserer Kindheit erinnert, der uns aber auch an unseren wundesten Punkten frustrieren kann.

      Schon an diesem Beispiel können Sie erkennen, dass in der Seelenverwandtschaft auch das Potenzial für Krisen steckt. Und so nehmen Beziehungsgeschichten auch ihren typischen Verlauf: Sobald nach ein paar Monaten die Verliebtheit langsam abklingt und der Alltag einkehrt, wird auch die emotionale Bindung weniger und wir werden dadurch verunsichert. Haben wir den richtigen Partner gewählt? Was uns zu Beginn der Verliebtheit begeistert hat, bekommt Risse. Aus einem schwärmerischen „Er ist mein Fels in der Brandung“ wird ein frustriertes „Er ist so langweilig und unternimmt nichts mit mir“, aus „Sie ist so erfrischend quirlig“ wird ein „Sie nervt mit ihrer dauernden Quasselei“. Man könnte sagen, dass wir uns dann langsam darauf einarbeiten, uns mit den dunklen Streifen unseres Strichcodes zu befassen:


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