Petra und der Reiterhof. Torbjörg Hagström

Petra und der Reiterhof - Torbjörg Hagström


Скачать книгу
er eine Weile und fuhr dann fort: „Tut es dir sehr leid?“

      „Ach, es kommen schon noch andere Gelegenheiten. Denk nicht mehr daran. Wir können sicher später wieder an Wettkämpfen teilnehmen.“

      Petra überlegte, daß sie mit dem, was sie Klaus zu sagen hatte, vielleicht besser warten sollte, bis er wieder gesund war. Er kam jedoch selbst darauf zu sprechen, sobald seine Tante das Zimmer verlassen hatte.

      „Das hast du doch damals nicht ernst gemeint – du weißt schon, was du zu mir sagtest, ehe wir in den Graben fuhren?“

      Petra sah ihn schweigend an. Es hatte keinen Sinn, so zu tun, als wüßte sie nicht, wovon er redete. Sie konnte ihn auch nicht belügen. Das hätte später alles nur noch schwieriger gemacht.

      „Doch“, sagte sie schließlich leise.

      Klaus starrte sie an.

      „Ich verstehe nicht – meinst du wirklich …?“

      „Daß wir zwar weiterhin Freunde bleiben können, aber nicht mehr“, vervollständigte sie seinen Satz.

      Klaus schüttelte ungeduldig den Kopf.

      „Freunde! Begreifst du denn nichts? Weißt du denn nicht, daß ich … daß ich mehr für dich empfinde als nur Freundschaft?“

      „Nein, das tust du nicht“, erwiderte Petra müde. „Das glaubst du nur!“ Klaus schnitt eine Grimasse, die ein Lächeln sein sollte.

      „Du schießt wirklich den Vogel ab! Kommst hierher und behauptest, besser als ich zu wissen, was ich fühle und denke!“

      Es wurde still im Zimmer. Petra sah zum Fenster hinüber. Draußen schien die Sonne auf das grüne Laub der Bäume.

      „Also gut, ich bin wohl ein bißchen ungeschickt gewesen.“ Klaus’ Stimme klang nun etwas ruhiger. „Aber einen Fehler macht schließlich jeder einmal. Du kannst doch nicht wirklich Schluß machen wollen, nur weil ich eine Kurve nicht richtig eingeschätzt habe?“

      „Nein, nicht deswegen! Es hätte nichts geändert, wenn wir ohne den kleinsten Kratzer auf dem Schutzblech davongekommen wären“, erwiderte Petra heftig. „Es hätte auch keine Rolle gespielt, wenn du den Wagen bei dieser Geschwindigkeit perfekt unter Kontrolle gehabt hättest. Was die Sache so schlimm macht, ist, daß es dir völlig gleichgültig war, wie ich mich fühlte. Du hast dich keinen Deut darum gekümmert, daß ich dich immer wieder bat, langsamer zu fahren!“

      „Und das kannst du mir nicht verzeihen?“ fragte Klaus verblüfft.

      „Doch.“ Petra sprach in einem Ton, als würde sie einem Kind etwas erklären. „Aber ich weiß jetzt, daß ich dir viel weniger wichtig bin, als ich glaubte. Wenn du mich gern hättest, wäre es dir nicht gleichgültig gewesen, daß ich Angst hatte. Nein, dir macht es einfach Spaß, mit einem Mädchen wegzugehen, um jemandem zu zeigen, wie großartig du bist. Aber verliebt bist du nicht in mich. Und wir können nie mehr sein als Freunde.“

      Klaus sah an ihr vorbei. Eine Weile sagte keiner ein Wort. Petra überlegte fieberhaft; sie hätte Klaus so gern etwas Freundliches gesagt.

      „Wie geht es dir denn jetzt?“ murmelte sie schließlich. „Meinst du, du kannst zur Einweihungsfeier kommen?“

      „Ich glaube nicht, daß ich Lust dazu habe. Ich bleibe wohl lieber zu Hause.“

      „Anna-Lena wird in der Quadrille auf Polly einspringen, und Karin reitet Rex selbst. Sie haben also wenigstens Ersatz für uns gefunden.“

      Petra erzählte noch ein wenig von der Reitschule, doch Klaus gab nur kurze Antworten und wirkte nicht sehr interessiert. Er war offensichtlich mit den Gedanken weit fort und ging nicht auf Petras Versuch ein, ihn aufzumuntern.

      Jetzt ist also die Bahn für Agneta frei, dachte Petra, als sie wieder heimwärts ging. Ich will ihr nicht länger im Weg stehen, wenn sie sich noch immer etwas aus Klaus macht.

      „Willst du denn nie so lieb wie Svala werden, du kleiner Teufel?“

      Astrid saß in Cherokees Box und sprach mit dem Pony. Im Stall war er immer gutmütig und freundlich, so eigensinnig er auch auf der Reitbahn oft sein konnte. Nun drückte er den Kopf gegen Astrids Schulter und wollte gekrault werden.

      „Eigentlich bist du schon ganz nett“, sagte sie und streichelte seine Stirn. „Ich werde mich wohl mit dir begnügen müssen. Eine zweite Svala finde ich ja doch nicht. Und Lena mag dich sehr gern.“

      Astrid hatte es irgendwie noch nicht geschafft, sich eine klare Meinung über Cherokee zu bilden. Wie war er, und wie sah er eigentlich aus? Er war ebensogroß wie Svala, das wußte sie. Gut gebaut und kräftig, hatte Petra gesagt, doch Astrid konnte sich nicht viel darunter vorstellen. Er war natürlich warm und weich und roch wie alle anderen Ponys. Astrid griff nach Cherokees Ohren und ließ langsam die Hände über seinen Kopf gleiten. Sie spürte die dicke, rauhe Stirnlocke, den harten Nasenrücken und das große, weiche Maul mit der langen Oberlippe. War er wirklich ein hübsches Pony, wie Petra behauptete?

      Svala jedenfalls war schön, davon war Astrid völlig überzeugt. Sie hatte das Gefühl, das schwarze Pony leibhaftig vor sich zu sehen, und es war so vollkommen, wie ein Pferd nur sein konnte.

      Natürlich machte es ihr Spaß, Cherokee zu reiten. Trotzdem hatte Astrid ein Gefühl schmerzlichen Verlustes bei dem Gedanken, daß sie Svala nicht mehr reiten konnte, wenn Petras Arm wieder geheilt war. Svala wieherte stets zur Begrüßung, wenn sie kam, und versetzte ihr freundschaftliche Püffe mit dem Maul. Von Cherokee erhielt sie nie solche Liebesbeweise. Er bettelte höchstens um Leckerbissen oder wollte gestreichelt werden, doch er behandelte Astrid genau wie jeden anderen, der gerade in den Stall kam.

      Plötzlich hörte sie rasche Schritte, die sich über die Stallgasse näherten.

      „Darf ich Cherokee jetzt reiten?“ fragte Lena. „Karin will für diejenigen, die auf den Pferden der Reitschule am Wettkampf teilnehmen, eine Springübung abhalten. Ich würde gern mitmachen.“

      „Ja, natürlich, nimm ihn nur.“

      Lena holte rasch Sattel und Trense und sagte: „Hoffentlich plumpse ich heute nicht wieder vom Pferd. Morgen haben wir Generalprobe für die Vorführung, und übermorgen, am Samstag, ist schon Einweihung. Ich bin schon ganz nervös. Und am Sonntag hast du Geburtstag, Astrid! Heiliger Strohsack, was zur Zeit alles los ist! Ach, du, wollen wir Cherokee nicht behalten? Da gibt’s doch nichts mehr zu überlegen, oder?“

      „Ja, vielleicht sollten wir ihn nehmen …“

      „Prima! Es wäre ein tolles Geburtstagsgeschenk für dich, meinst du nicht?“

      „Ja, ein Pony bekommt man nicht alle Tage geschenkt.“

      Am nächsten Tag kam Petra natürlich zur Reitschule, um sich die Generalprobe anzusehen. Die Quadrille wurde ein fürchterliches Durcheinander. Sie begann damit, daß alle sechs Reiter paarweise im Trab auf die Bahn kamen. Das erste Paar bestand aus Rosemarie und Karin auf den Füchsen Ballade und Rex; dann folgten die Zwillinge auf Karamell und Fleur. Anschließend das Fjordpferd Troll sowie Polly und zwei Gotland-Ponys, Puppe und Fricka.

      Als die Abteilung zur Schmalseite der Reitschule kam, bog ein Reiter eines jeden Paares nach rechts und der andere nach links ab. Dann sollten sie eine Wendung quer durch die Bahn ausführen – vier von jeder Ecke über die ganze Reitbahn hinüber zur Ecke der anderen Schmalseite. Rex, Fleur, Polly und Puppe kamen von der einen Seite und Ballade, Karamell, Troll und Fricka von der anderen. Mitten auf der Reitbahn kreuzten sich ihre Wege, und Ballade ging elegant zwischen Fleur und Polly. Doch als Troll dicht hinter Pollys Schwanz trabte, blieb die Schimmelstute plötzlich stehen, legte wütend die Ohren an und schlug nach hinten aus. Das Fjordpferd warf sich zur Seite, und die nervöse Fleur galoppierte davon.

      „Versuchen wir’s noch einmal von vorn“, sagte Karin, als die Pferde sich wieder beruhigt hatten.

      Es war etwas schwierig für sie, die Übung zu leiten


Скачать книгу