Catra Corbett: Wiedergeburt. Catra Corbett

Catra Corbett: Wiedergeburt - Catra Corbett


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bildete mir ein, dass da Leute auf der gegenüberliegenden Straßenseite standen, die mich aus grünen Augen anstarrten. Ich begann, Stimmen zu hören. Ich war davon überzeugt, dass Jasons Katze mich umbringen wollte.

      Meine Freunde nahmen genauso viele Drogen, und auch sie wurden von den Drogen langsam aufgefressen. Einer meiner Freunde schloss sich in der Wohnung ein, da er Angst vor der Welt draußen hatte. (Erinnerungen an ihn kamen hoch, als ich Ultramarathons lief und andere Läufer sich nach etwa 75 gelaufenen Meilen in der Nacht erschreckten, da sie glaubten, einen Dämon vor sich am Weg gesehen zu haben. Dann begannen sie zu schreien oder schneller zu laufen, oder sie hielten sich gar die Augen zu. Ich musste dann immer lachen, denn ich wusste, dass sie halluzinierten.)

      Also nahm ich mehr Drogen, um damit die Stimmen in meinem Kopf zum Verstummen zu bringen und die starrenden Menschen und Halluzinationen verschwinden zu lassen. Ich konnte so gut wie kein normales Leben führen.

      XXX

      Eines Tages fand ich Injektionsnadeln und fand kurz darauf heraus, dass Jason sich das Meth spritzte. Ich konnte bereits sehen, wie schlimm es um ihn stand, und Freunde erzählten mir das Gleiche. Als ich ihn jedoch darauf ansprach, log er mich an und sagte, dass die Nadeln einem seiner Freunde gehörten. Ich ließ es darauf beruhen, denn ich wollte mich nicht mit ihm streiten. Schließlich war ich selbst ja auch süchtig, und ehrlich gesagt, war es mir auch egal. Ich kümmerte mich um meine eigene Sucht. Nur das Highsein zählte, alles andere war mir egal. Ich schnupfte und arbeitete und schnupfte und tanzte und half Jason dabei, Drogen zu verkaufen, und schnupfte. Die Lage war sehr ernst. Drogen zu spritzen ist meist der letzte Schritt, bevor man als Süchtiger verhaftet wird, stirbt oder so abhängig wird, dass man auf der Straße landet und ein Leben als obdachloser Süchtiger führt.

      Eines Tages blickte ich in den Spiegel. Ich fühlte mich furchtbar und brauchte wieder Meth, und da traf es mich wie der sprichwörtliche Blitz: Ich erkannte, dass dies nun mein Leben war, meine Realität. Alles, was ich tat, tat ich nur, um Drogen zu bekommen. Ich tat es nicht aus Liebe oder für meine Eltern oder für mich selbst. Nein, ich tat es nur für das Meth.

      Doch ich sah keinen Ausweg. Ich wusste, dass das echt ätzend war, doch andererseits wusste ich auch, dass ich eben genau so war. Es war meine Zukunft. Ich wusste nicht, wie ich das ändern sollte. Und dann nahm ich wieder etwas, um high zu werden.

      An jenem Tag, oder vielleicht war es auch der Tag danach, rief mich ein Freund an. Ich ging ans Telefon und verabredete mich mit ihm, um ihm ein paar Drogen zu verkaufen.

      Später fand ich heraus, dass er am Vortag verhaftet worden war und die Polizei Speed bei ihm gefunden hatte. Sie hatten ihn nach seinen regelmäßigen Dealern gefragt, denn sie waren hinter den „großen Fischen“ her. Also sagte er ihnen, dass er die Drogen von uns bekommen hätte.

      Doch unser guter Freund hatte sie damals weder von mir noch von Jason bekommen, auch wenn wir ihn gelegentlich mit ein wenig Meth versorgten. In jenem Fall hatte er sie allerdings von einem anderen Dealer gekauft, einem Typen, der in der Kette weit über uns stand. Doch den wollte er nicht an die Polizei ausliefern, denn wer weiß, was ihm dann vielleicht zugestoßen wäre. Vielleicht hätte der Typ unseren Freund und uns einfach kaltgemacht.

      Als unser Freund mich anrief, hörten die Cops am anderen Ende der Leitung mit und instruierten ihn, was er mir sagen sollte. Ich hätte nie im Leben gedacht, dass das wirklich so funktioniert. Allerdings war ich davor auch noch nie verhaftet worden.

      Zwei Tage später, ich stand gerade mit jemandem von Jasons Familie in der Küche und wärmte etwas zu essen auf, hörte ich lautes Klopfen an der Eingangstür.

      „Polizei! Aufmachen!”

      Verdammter Mist.

      „Wer von euch ist Catra? Wer ist Jason?“, riefen die Polizisten, als sie sich ihren Weg ins Haus bahnten.

      Alle mussten sich auf den Boden legen. Jasons Eltern, sein Bruder und dessen Freundin blickten zu mir.

      Ich sagte, ich sei Catra.

      Dann durchsuchte die Polizei das Haus. Sie fragten uns, ob wir irgendwelche Waffen hätten und wo unsere Drogen wären.

      Während die Polizei durch das Haus stürmte, fragten Jasons Eltern, was hier eigentlich los sei.

      Als die Cops schließlich bemerkten, dass wir doch nicht die Großdealer waren, wie sie vermutet hatten, beruhigte sich die Lage etwas. Wir kooperierten und zeigten ihnen, wo wir unser Meth aufbewahrten und dass wir keine illegalen Waffen besaßen. Als sie dann auch mitbekamen, dass Jasons Eltern nichts mit der ganzen Sache zu tun hatten, brachen sie die Durchsuchung kurz darauf ab.

      Dann setzte mich einer der Polizisten auf einen Stuhl und erklärte, dass Jason und ich ins Gefängnis wandern würden.

      Der Polizist, der mich zum Wagen brachte, war sehr nett. Er sah, dass ich Angst hatte, denn ich war ganz hektisch, weinte und zitterte am ganzen Leib. Er setzte mich auf die Rückbank des Einsatzwagens und begann, mit mir zu reden.

      „Wieso bist du überhaupt mit diesem Typen zusammen?“, fragte er.

      Ich konnte keine Antwort darauf finden.

      „Du siehst nicht gerade so aus, als wärst du ein schlechter Mensch. Du warst auch noch nie in gröberen Schwierigkeiten. Warum also?“

      Wieder fand ich keine Antwort. Doch ich wusste, es war, weil ich mein High brauchte.

      Der Polizist sagte, dass alles in Ordnung kommen würde und ich wahrscheinlich gleich am nächsten Tag auf Bewährung wieder freikäme und er sich darum kümmern würde, dass ich meine eigene Zelle bekäme. Aber er sagte auch, dass ich ins Gefängnis müsse.

      Wir fuhren los und kamen schließlich in Downtown San José an, wo wir in Handschellen in ein Vernehmungszimmer gebracht wurden.

      Auf der Polizeistation übernahm Jason die Verantwortung für alles, und man trennte uns. Er blieb dort, und ich wurde in ein Frauengefängnis überstellt.

      Der erste Ort, an den man mich brachte, erinnerte mich an ein Wartezimmer oder einen Flughafenterminal. Überall lagen Hochglanzmagazine herum, und es gab sogar einen kleinen Fernseher. Doch ich hatte furchtbare Angst. Der einzige Grund, warum ich noch durchhielt, war die Gewissheit, dass ich wahrscheinlich schnell wieder hier rauskommen würde und dass ich, wenn ich für ein paar Stunden in Haft bleiben sollte, eine Zelle für mich allein hätte.

      In dem Warteraum befanden sich auch noch andere Frauen, und wir begannen, uns zu unterhalten. Ein paar davon sahen so aus, als gehörten sie hierher, doch die meisten taten dies nicht. Eine Frau fiel mir besonders auf. Sie war schon älter und sah aus, als wäre sie bereits Großmutter. Die arme Frau hatte nur einen Streit mit ihrem Mann gehabt, doch als die Polizisten auftauchten, bemerkten sie Kratzspuren an ihm und verhafteten die Frau wegen häuslicher Gewalt.

      Es dauerte nicht lange, dann wurde ich von den Vollzugsbeamtinnen in ein Hinterzimmer gebracht, wo sie eine komplette Leibesvisitation an mir vornahmen und mir dann einen Overall gaben, in dem ich wie eine übergroße orange Karotte aussah.

      Ich war damals so dünn und zart, dass mir die Kleider wortwörtlich vom Körper fielen.

      Dann erklärte mir eine der Beamtinnen, dass ich die Nacht hier verbringen würde.

      „Moment“, sagte ich. „Einer eurer Kollegen hat mir gesagt, dass ich gar nicht hier sein sollte. Ich sollte gar nicht hier sein. Ich gehöre hier nicht her!“

      Die Wachebeamtinnen lachten, und dann brachten sie mich in den Haupttrakt des Gefängnisses.

      „Leute, ich gehöre hier wirklich nicht her.“

      Ich wiederholte diesen Satz vielleicht 20-mal, doch als sie mich zusammen mit all den anderen Frauen in die Zelle brachten, kam es mir in den Sinn, dass ich vielleicht doch hierhergehörte. Langsam erkannte ich, dass das hier alles real war, und nun fürchtete ich mich wirklich.

      Ich gehe ins Gefängnis, und ich werde die ganze Nacht unter diesen Kriminellen verbringen. Dabei bin ich gar keine Kriminelle, dachte ich zumindest.

      Natürlich


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