Parodontologie von A bis Z. Peter Eickholz

Parodontologie von A bis Z - Peter Eickholz


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mit einem bestimmten Gesundheitszustand assoziiert (z. B. Nikotinkonsum).Risikoindikator: Ein potenzieller Risikofaktor, der nur in Querschnittsstudien ermittelt, jedoch (noch) nicht longitudinal bestätigt wurde (z. B. psychosozialer Stress).Risikomarker/-prädiktoren: Eng mit erhöhter Erkrankungswahrscheinlichkeit verknüpfte Faktoren, die jedoch kein Bestandteil der Ursache(n) sind (z. B. Zahl der bereits fehlenden Zähne).Hintergrundfaktoren: Sie sind mit erhöhter Erkrankungswahrscheinlichkeit vergesellschaftet, aber nicht beeinflussbar (z. B. Lebensalter).Relatives Risiko: Es gibt an, um welchen Faktor sich die Erkrankungswahrscheinlichkeit bei Exposition mit dem Agens erhöht. Der Faktor sollte > 2 sein (z. B. ist das relative Risiko für Parodontitis bei Rauchern 2,5–6).Attributables Risiko: Jener Anteil, um den die Erkrankungsprävalenz bei vollständiger Elimination des Risikofaktors abnähme.

      Systemische Risikofaktoren/-indikatoren

      Endogene Faktoren/Indikatoren

      Genetische Faktoren/Indikatoren

      Viele Patienten, bei denen fortgeschrittene Formen von Parodontitis diagnostiziert werden, berichten über ähnliche Erkrankungen bei Geschwistern bzw. frühzeitigen Zahnverlust bei ihren Eltern. Diese Beobachtungen weisen auf den Einfluss genetischer bzw. erblicher Faktoren hin. Die familiäre Häufung einer Erkrankung kann aber auch durch in der Familie geteilte Mundhygiene- bzw. Ernährungsgewohnheiten oder die Transmission von pathogenen Mikroorganismen innerhalb der Familie erklärt werden. Bei einigen schweren systemischen Erkrankungen mit genetischer Ätiologie ist der Effekt der genetischen Störung auf die parodontalen Gewebe bekannt (z. B. „Leukocyte adhesion deficiency“ [LAD]Syndrom, ChédiakHigashi-Syndrom, familiäre Neutropenie, Papillon-Lefèvre-Syndrom)13. Die genetischen Defekte bei diesen Erkrankungen sind aber so schwer, dass sie meist mit einer allgemeinen Anfälligkeit für Infektionen einhergehen. Die Parodontitis wird deshalb als Manifestation dieser systemischen Erkrankungen aufgefasst und die Erkrankung nicht primär als Risikofaktor für die Entstehung der Parodontitis betrachtet.

      Es sind aber auch genetische Abweichungen denkbar, die keine systemische Abwehrschwäche verursachen, sondern unter den besonderen Bedingungen der dentogingivalen Region bei ausgeprägter Dysbiose in der multifaktoriellen Ätiologie der Parodontitis das Gleichgewicht von Homöostase (Resolution) zur Destruktion (chronische Entzündung ohne Resolution) verschieben können (Abb. 4).

      Es konnte gezeigt werden, dass für die (chronische) Parodontitis auch unter Berücksichtigung externer Faktoren wie Rauchen etwa 50 % der Variabilität von Schwere und Ausmaß der Erkrankung erblich, d. h. genetisch moduliert, sind8. Für viele Gene, die die Zytokinexpression kodieren, existieren Polymorphismen, d. h. Abweichungen in der DNS-Sequenz des betreffenden Gens. Wenn solche Polymorphismen in den Regulationsregionen der Gene auftreten, können sie zur Überproduktion von Zytokinen und damit zu einer überschießenden Entzündungsreaktion führen, die nicht mehr vor Infektion schützt, sondern Gewebe zerstört. Ein Polymorphismus des IL-1B-Gens, das für IL-1β kodiert, führt zu einer zwei- bis vierfachen Produktion des Zytokins bei Parodontitis (Abb. 5)6. Personen mit Parodontitis, die diesen Polymorphismus aufweisen, scheinen ein erhöhtes Risiko für parodontale Attachment- bzw. Zahnverluste zu haben6. Vermutlich liegt bei Parodontitis ein polygenes Vererbungsmuster vor, d. h. eine Anzahl verschiedener Gene muss verändert sein, bevor ein klinischer Effekt im Sinne einer verstärkten Prädisposition für Parodontitis manifest wird.

      Abb. 5 Interleukin-1-Polymorphismus-Genotyp: Bei einem entzündlichen Reiz (z. B. bakterielle Plaque) wird bei Patienten vom IL-1-Polymorphismus-Genotyp die zwei- bis vierfache Menge von Interleukin-1 ausgeschüttet, was mit einer stärkeren Entzündungsreaktion und damit Gewebedestruktion einhergeht.

      Diabetes mellitus

      Das Risiko an Parodontitis zu erkranken, ist für Patienten mit Diabetes mellitus (Typ 1 und 2; erworbener Risikofaktor) größer als für Patienten, die nicht an Diabetes erkrankt sind. Der Zusammenhang zwischen Parodontitispathogenese und Diabetes mellitus wird vom Schweregrad der Stoffwechselstörung, der Dauer der Erkrankung und anderen mit Diabetes einhergehenden Komplikationen beeinflusst. Wie andere chronische Entzündungen ist Parodontitis allerdings auch ein Risikofaktor für Diabetes mellitus8. Der Einfluss von Parodontitis und Diabetes mellitus ist bidirektional.

      Je besser die Stoffwechselstörung kontrolliert wird, desto geringer die Prädisposition durch Diabetes für Parodontitis. Je länger ein Patient an Diabetes mellitus erkrankt ist, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass er eine destruktive Parodontitis entwickelt. Je nach metabolischer Einstellung liegen bei Diabetikern Hyperglykämie und Hyperlipidämie vor. Die chronisch erhöhten Glukosespiegel im Blut führen zur beschleunigten Bildung fortgeschrittener Glykierungsendprodukte (Advanced Glycation Endproducts: AGE), nichtenzymatisch glykierter Proteine und Lipide. Es kommt so auch zur Glykierung des Typ-IV-Kollagens der Basalmembran der Gefäße. Daraus resultieren eine Behinderung der Diapedese von Leukozyten, der Sauerstoffdiffusion und des Abtransports von Stoffwechselprodukten. Der entstehende oxidative Stress fördert die Freisetzung proinflammatorischer Zytokine. Bei Diabetikern wird eine verringerte Chemotaxis, Adhäsion, Phagozytose und Abtötung von Bakterien durch segmentkernige neutrophile Granulozyten beobachtet. Dies kann zum einen ebenfalls auf metabolische Effekte (Funktionsstörung durch Glykierung) zurückgeführt werden, zum anderen wird eine genetische mit Diabetes mellitus in Verbindung stehende Dysfunktion der Granulozyten angenommen. Diese genetische Prädisposition geht auch mit einem abnormen Monozytenphänotyp einher, der bei Kontakt mit Lipopolysacchariden überschießend Entzündungsmediatoren freisetzt und so eine überschießende und destruktive Entzündungsreaktion hervorruft. Andererseits besitzen Monozyten Rezeptoren für AGE und Lipide, die ebenfalls die Freisetzung von Zytokinen verursachen (Tab. 2).

Parodontale Mikroflora: Keine Unterschiede zu systemisch gesunden Patienten.
Neutrophile Granulozyten (PMNs) und Antikörper-Clearance: Geschwächte Adhäsion, Chemotaxis, Phagozytose und Abtötung von Bakterien durch PMNs. Die Dysfunktion der PMNs hängt von der Kontrolle des Blutzuckerspiegels ab.
Monozyten und Lymphozyten: Spezifisch verstärkter Monozytenphänotyp aufgrund genetischer und metabolischer Einflüsse. Diese Monozyten sind entzündungssteigernd und haben eine verringerte reparative Kapazität. Die Beseitigung apoptotischer Zellen durch Monozyten wird durch oxidativen Stress verstärkt.
Zytokine und Entzündungsmediatoren: Übersteigerte Sekretion von Entzündungsmediatoren (IL-1β, PGE2, TNF-α) durch Monozyten und in der Sulkusflüssigkeit als Reaktion auf Lipopolysaccharide, erhöhte Sekretion von proinflammatorischen Zytokinen durch Wechselwirkung fortgeschrittener Glykierungsendprodukte (Advanced Glycation Endproducts: AGE) mit Monozyten über spezifische Rezeptoren (RAGE). Oxidativer Stress induziert IL-1β, IL-6, TNF-α, COX-2, MIP-1α.
Bindegewebe und Gefäßveränderungen: Erhöhte Aktivität der Matrix-Metalloproteinasen, beschleunigte Bildung von AGEs, vermehrte Kreuzverknüpfung des Kollagens, Verdickung der Basalmembran der Gefäße mit Behinderung der PMN-Diapedese, der Sauerstoffperfusion und des Abtransports von Stoffwechselprodukten. Verringerte Sekretion von Wachstumsfaktoren, schlechtere Wundheilung. Oxidativer Stress fördert programmierten Zelltod (Apoptose).
Klinische Konsequenzen: Erhöhte Prävalenz und erhöhter Schweregrad von Gingivitis und Parodontitis. Der Schweregrad ist mit dem Blutzuckerspiegel und der Dauer der Erkrankung korreliert. Parodontitis spricht schlecht auf Therapie an.

      Exogene (Umwelt-/Verhaltens-)Faktoren/Indikatoren


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