Parodontologie von A bis Z. Peter Eickholz
Introduction and key changes from the 1999 classification. J Clin Periodontol 2018;45 (Suppl 20):S1–S8.
2. Eickholz P, Nickles K. Glossar der Grundbegriffe für die Praxis. Klassifikation der parodontalen und periimplantären Erkrankungen und Zustände. Parodontologie 2019;30:65–77 (s. Beitrag 9 in diesem Buch).
3. http://www.orpha.net/consor/cgi-bin/index.php?; letzter Zugriff am 23.11.2020.
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Peter Eickholz, Beate Schacher, Katrin Nickles
Endodontal-parodontale Läsionen | 7 |
Ätiologie
Endodont und Parodont liegen räumlich eng benachbart und sind nur vom Dentin der Zahnwurzel getrennt. Pathologische Prozesse können sich von einer Struktur in die andere ausbreiten und es können sogenannte endodontal-parodontale (Endo-Paro-)Läsionen entstehen. Parodontalerkrankungen, die im Zusammenhang mit solchen Endo-Paro-Läsionen stehen, bilden in der Klassifikation der parodontalen und periimplantären Erkrankungen und Zustände einen eigenen Unterpunkt1–3. Über das Foramen apicale, aber auch über zahlreiche akzessorische Wurzelkanäle, die lateral oder in die Furkationen mehrwurzeliger Zähne münden, stehen beide Gewebe in direkter Verbindung (Abb. 1). In einer nekrotisierten Pulpa kommt es zu Vermehrung und Zerfall von Mikroorganismen. Von den Bakterien, die besonders häufig in den Wurzelkanälen avitaler endodontisch unversorgter Zähne gefunden werden, gehören Porphyromonas gingivalis, Prevotella intermedia, Fusobakterien und Spirochäten auch zu den parodontalpathogenen Mikroorganismen4,5. Enzyme und Zerfallsprodukte dieser Bakterien können über Wurzelkanäle ins Parodont gelangen und dort entzündliche Reaktionen, Degradation kollagener Fasern und Osteolyse verursachen. Gelangen diese bakteriellen Produkte über das Foramen apicale ins Parodont, was als häufigste Möglichkeit zu betrachten ist, kommt es zu einer periapikalen Osteolyse, die röntgenologisch darstellbar ist (lesion of endodontic origin: LEO).
Abb. 1 Endodont und Parodont liegen räumlich eng benachbart und sind nur vom Dentin der Zahnwurzel getrennt. Verbindungen sind z. B. das Foramen apicale oder Seitenkanäle der Pulpa, die lateral oder in die Furkationen mehrwurzeliger Zähne münden.
Von der Ätiologie aus betrachtet ist es möglich, dass Defekte primär einen endodontalen Ursprung haben, sich ausbreiten und auch das Parodont in Mitleidenschaft ziehen (Abb. 2a)6. Der Weg bakterieller Produkte und Antigene über einen lateralen Wurzelkanal kann zu einer lateralen Osteolyse führen, die im Röntgenbild einen vertikalen Knocheneinbruch vortäuschen kann. Die Ausbreitung über einen interradikulären Seitenkanal kann zu einer interradikulären Osteolyse führen, die in ihrer röntgenologischen Darstellung den Verdacht eines Furkationsbefalls rechtfertigt. Solche lateralen bzw. interradikulären Prozesse können zum Parodont perforieren und so zu einer parodontalen Beteiligung und bei längerem Persistieren zu einer Superinfektion führen. Erreichen andererseits tiefe intraalveoläre Läsionen die periapikale Region, kann es zur Fortleitung der Infektion von marginal nach endodontal und zur retrograden Pulpitis kommen. Hierbei handelt es sich dann um eine primär parodontale Läsion (Abb. 2b). Es gibt allerdings auch Situationen, in denen ein primär parodontaler Prozess und eine primär endodontale Läsion unabhängig voneinander entstehen, aufeinander „zuwachsen“ und unter Umständen konfluieren (Abb. 2c). Klassifikationen, die sich primär auf die Ätiologie der endodontal-parodontalen Läsionen beziehen7,8, sind allerdings für die Differenzialdiagnose zwischen primär endodontalen und primär parodontalen Läsionen wenig geeignet. Die gültige Klassifikation der parodontalen und periimplantären Erkrankungen und Zustände von 2018 sieht eine Einteilung vor, die zunächst unterscheidet, ob die Wurzel beschädigt ist (z. B. Wurzelfraktur) und bei Läsionen ohne Beschädigung der Wurzel Patienten mit und ohne Vorliegen einer Parodontitis differenziert (Tab. 1)9.
Abb. 2 Endodontal-parodontale Läsionen: a) primär endodontale Läsion; b) primär parodontale Läsion; c) kombinierte EndoParo-Läsion.
Tab. 1 Klassifikation endodontal-parodontaler Läsionen nach der aktuellen Klassifikation9.
Endodontal-parodontale Läsion mit Beschädigung der Wurzel | Wurzelfraktur oder -riss | |
Perforation eines Wurzelkanals oder der Pulpakammer | ||
externe Wurzelresorption | ||
Endodontal-parodontale Läsion ohne Beschädigung der Wurzel | bei Parodontitis-Patienten | Grad 1 – enge, tiefe parodontale Tasche an einer Seite des Zahns |
Grad 2 – weite, tiefe parodontale Tasche an einer Seite des Zahns | ||
Grad 3 – tiefe parodontale Tasche an > 1 Seite des Zahns | ||
bei Patienten ohne Parodontitis | Grad 1 – enge, tiefe parodontale Tasche an einer Seite des Zahns | |
Grad 2 – weite, tiefe parodontale |