Games | Game Design | Game Studies. Gundolf S. Freyermuth
loc. 1095; Mäyrä: Game Studies, loc. 580.
16 Die Notwendigkeit der historischen Analyse gegenüber ahistorisch-systematischen Definitionsversuchen betont auch Mäyrä: Game Studies, loc. 550.
17 Vgl. z.B. Fullerton et al.: Game Design Workshop, loc. 465 oder loc. 535 sowie Jesse Schell, »The Two Great Myths of Interactive Storytelling«, in ebd., loc. 3165.
18 Vgl. z.B. Juul: Half-Real, loc. 103.»[T]he history of video games is partly about breaking with the classic game model«.
19 Ebd., loc. 63. Explizit sieht Juul digitale Spiele auch nicht in der Tradition von »cinema, print literature, or new media«. (Ebd.)
20 Salen/Zimmerman: Rules of Play, loc. 1358.
21 Mäyrä: Game Studies, loc. 715.
22 Ebd., loc. 691.
23 Ebd., loc. 812.
24 Mersch, Dieter: »Logik und Medialität des Computerspiels. Eine medientheoretische Analyse«, in: Distelmeyer, Jan/Hanke, Christine/Mersch, Dieter (Hg.), Game over!?: Perspektiven des Computerspiels, Bielefeld: transcript 2008, S. 19-41, hier S. 20.
25 Ebd., S. 35.
26 Im Hinblick auf analoge Spiele räumt Mersch ein: »Zwar können auch klassische Spielformen auf entscheidungslogische Operatoren zurückgeführt und damit mathematisiert werden, wie Schachcomputer beweisen, dennoch ist die Logik der Entscheidung für viele Spielsituationen – erinnert sei an Kinderspiele, Wettkämpfe, rituelle Spielformen, Sport usw. – nicht konstitutiv.« (Ebd., S. 37.) Offen bleibt dabei freilich, welches Verhältnis sich aus diesen Überlegungen zwischen digitalen und analogen Spielen beziehungsweise den beiden ›Sorten‹ analoger Spiele ergeben soll: jenen, die wie digitale Spiele »entscheidungslogischen Operatoren« unterliegen, und jenen, die von ihnen unberührt bleiben.
27 Vgl. Bergo, Bettina: »Emmanuel Levinas«, Stanford Encyclopedia of Philosophy, 3. August 2011, http://plato.stanford.edu/entries/levinas/. Vgl. auch Levinas, Emmanuel: »The Philosopher and Death«, in: Ders., Alterity and Transcendence, New York: Columbia University Press 1999, S. 153-168.
28 Vgl. Reynolds, Jack: »Jacques Derrida (1930-2004)«, Internet Encyclopedia of Philosophy – A Peer-Reviewed Academic Source O. J., http://www.iep.utm.edu/derrida/; Derrida, Jacques: Memoires: for Paul de Man, New York: Columbia University Press 1986.
29 Vgl. Baudrillard, Jean/Lotringer, Sylváere: The Ecstasy of Communication, Brooklyn N.Y.: Autonomedia 1988. Als das »radikal Andere« bleiben für Baudrillard am Ende nur die Objekte und vor allem Maschinen: »the inhuman alterity of an intelligent device [...] artificial alterity« (Baudrillard, Jean/Guillaume, Marc: Radical Alterity, Los Angeles, CA; Cambridge, Mass.; London: Semiotext(e); Distributed by the MIT Press 2008, S. 110.
30 Butler, Judith: Bodies that Matter: On the Discursive Limits of ›Sex‹, Abingdon, Oxon / New York, NY: Routledge 2011 (*1993). »The exclusionary matrix by which subjects are formed thus requires the simultaneous production of a domain of abject beings, those who are not yet ›subjects,‹ but who form the constitutive outside to the domain of the subject.« Ebd., S. xiii.
2 Spiele in der Neuzeit. Eine kurze Mediengeschichte
Spiele sind Medien, das scheint unbestritten. Dennoch wird es selten unternommen, analoge oder digitale Spiele im Kontext der Geschichte und Theorie der Medien zu situieren. Gerade die deutsche Sprache verrät dabei deutlich die gemeinsame Herkunft und fortdauernde ästhetische Nähe des Spiels zu den wichtigsten anderen Varianten audiovisueller Darstellung, die in der Neuzeit aufkamen: Vom Bühnenspiel mit seinen Untergattungen Lustspiel, Trauerspiel, Singspiel oder Festspiel führt eine klare Linie zum Lichtspiel, das um 1900 mit den beiden Varianten Spiel- und Dokumentarfilm entstand, und von dort weiter über das Fernsehspiel zum Video- und Computerspiel.
SPIELE
Moritz Lazarus bemerkte bereits 1883, »dass die sprachgeschichtliche Herkunft des deutschen Wortes ›Spiel‹ auf eine leichte, ziellos schwebende, in sich zurücklaufende Bewegung verweise [...,] also auf eine Bewegung, die nicht in einem Aktionstunnel gefangen, die nicht auf einen Zweck hin fortschreitend gerichtet ist, sondern die sich auf Hin und Her, ein Vor und Zurück zwischen polaren Positionen bezieht.«1 Eine bis heute im Deutschen verbreitete Bedeutung von ›Spiel‹, die solch zielloses Hin und Her zum Kern hat, richtet sich auf eine meist unbeabsichtigte Bewegungsfreiheit innerhalb ineinandergreifender Maschinenteile: ›Die Lenkung hat zu viel Spiel.‹ Nicht anders definieren Katie Salen und Eric Zimmerman, wie bereits zitiert, menschliches Spielen: »Play is free movement within a more rigid structure.«2 Dass also die wichtigsten audiovisuellen Medien der Neuzeit im Deutschen denselben ›Nachnamen‹ tragen, der seine Wurzel in solcher Bewegung hat, zeigt an, was sie bei aller Verschiedenheit verbindet: das Prinzip des ästhetischen Spiels. Nach Friedrich Schlegel besitzt es stets auch narrativ-repräsentierende Züge und besteht darin, mit künstlerischen Mitteln den »Schein von Handlungen« zu erzeugen.3
Die digitalen Spiele der Gegenwart stehen so deutlich in der Kontinuität neuzeitlicher Audiovisualität. Insbesondere setzt sich mit ihnen der in der Renaissance begonnene Prozess steter Rationalisierung – Beschleunigung, Vereinfachung, Verbilligung – einer auf perspektivischem Realismus beziehungsweise später auf Fotorealismus und Hyperrealismus zielenden Bild- und Tonproduktion fort: von Albertis perspektivischem Fensterblick – »una finestra aperta«4 –, der mühsam manuell konstruiert werden musste, zur echtzeitigen Bildkonstruktion mittels Real-Time 3D Engines. Wie einst die industriellen Medien Film und Fernsehen keinen radikalen Bruch mit dem vorindustriellen Medium Theater bedeuteten, sondern auf vielfältige Weise dessen ästhetische Interessen auf höherem technologischen Niveau fortsetzten – etwa die optische Funktionalisierung des Blicks oder das Jahrhunderte lange Streben nach einem audiovisuellen Gesamtkunstwerk –, so sind nun die digitalen Spielformen der Gegenwart den älteren Medien Theater, Film und Fernsehen mehr als von Ferne verwandt.
Historisch freilich geht das Spielen allen audiovisuellen Repräsentationen voraus. Denn es ist wie Chris Crawford in seiner »Phylogeny of Play« argumentiert, älter als die Menschheit:5 Spielerisch simulieren bereits viele Tierarten realweltliche Bewegungsabläufe, etwa die Jagd, um sie in einiger Sicherheit einzuüben. Auf solche Weise zu spielen und darüber hinaus kompliziertere regelbestimmte Spiele zu entwickeln, erscheint