Gangster Squad. Paul Lieberman

Gangster Squad - Paul  Lieberman


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neben einem 218 Hektar großen Grundstück einen Frachter mit dem Namen Santa Maria, der angeblich zum Transport von Bananen aus Zentralamerika bestimmt war. Darüber hinaus hatte er eine von den Leuten als „das schönste Lustschiff an der ganzen Küste“ bezeichnete Fregatte erworben.

      Er hatte den Fünfmaster, der für den Einsatz im Ersten Weltkrieg gebaut worden war, aber seit der Zeit ausschließlich für die Fischerei genutzt wurde, mit fünf Freunden gekauft. Sie bauten das Hauptdeck in ein Casino um, mit acht Tischen für Würfelspiele, 16 für Black Jack, fünfzig Glücksspielautomaten und vier Roulettetischen, die manipuliert waren, damit niemand zu viel gewann. Auf dem glänzend polierten Boden eines der Säle durften sich die Tänzer vergnügen, und ein Restaurant versprach „die beste Fischmahlzeit in Kalifornien für nur einen Dollar“. 1928 wurde die ein Fußballfeld lange Monfalcone das erste Schiff einer wahren Flotte von Glücksspielkreuzern, die in internationalen Gewässern schipperten, die unter kein Gesetz fielen. Man richtete einen Shuttle-Service mit Wasser-Taxis ein, um die wohlhabenden Stammkunden vom Land zum Schiff und wieder zurück zu bringen. Sie waren gut beraten, im Fall eines unwahrscheinlichen Gewinns höchste Vorsicht walten zu lassen, denn es konnte möglich sein, das sie auf dem Rückweg zu den Limousinen ausgeraubt wurden. Sogar Dragna hielt Sicherheitsvorkehrungen für angebracht. Zwei Polizeibeamte machten den Fehler, seinen Wagen einmal frühmorgens anzuhalten, nachdem er mit drei Männern vom Schiff gekommen war. Einer der Leibwächter Dragnas hielt den Cops eine abgesägte Schrotflinte direkt unter die Nase. In aller Seelenruhe hob Dragna die Hand und gab seinem Bodyguard das Zeichen, die Waffe zu senken. Dabei erklärte er, dass sie die Flinte – zusammen mit vier Pistolen und zwei Messern – unbedingt bräuchten, um im Ernstfall die Gewinne vom Wochenende zu verteidigen. Allerdings verriet er den Beamten nichts davon, dass ein Mann seiner Crew der Cousin des in Los Angeles so „beliebten“ Scarface Al Capone war. Später, als Dragna offiziell die US-Staatsbürgerschaft beantragte, meinte ein Richter, dass die Zeit noch nicht reif sei, er aber seine Bemühungen fortsetzen solle, denn scheinbar habe er ja eine so „nette Familie“!

      Fred Whalen hingegen wusste, mit was für ungehobelten Subjekten aus der Alten Welt – den sogenannten „Schnurrbart-Italos“ – er es zu tun hatte, denn er war zwischenzeitlich selbst auf einigen der Boote zugange, angeblich den schnellsten dort draußen.

      Er benannte eins davon, ein wahres Prachtstück mit einer mit Mahagoni getäfelten Chefkabine, nach seiner Tochter Bobie. Die Schaluppe wurde von zwei Liberty-Motoren angetrieben, die man auch für Flugzeuge benutzte, und konnte sowohl der schwer bewaffneten Armada Dragnas und seiner Gauner entkommen als auch den Patrouillenbooten der Küstenwache. Doch die größte Innovation der Whalen-Boote stammte von Freds Schwager.

      Gus Wunderlich sah mit seinem verformten Gebiss und dem quadratischen Schädel aus wie ein Tölpel – der klassische Kanisterkopf. Doch wenn es um Technik ging, war er ein wahres Genie, genauso gut wie Fred mit dem Billardstock. Er kam auf die Idee, vermittels Schnellbooten Alkohol zu schmuggeln. Nachdem sie eine Ladung von dem Mutterschiff gelöscht hatten, oder auch von einem dazwischengeschalteten leichteren Schmugglerboot, wurden die voluminösen Fässer mit einem starken Tau am Heck des Schnellboots zusammengebunden. Gus platzierte die erste Tonne am hinteren Ende des Decks, beinahe in Wasserhöhe. Unter dem Bodenplanken hatte er eine Hydraulik installiert – der Schlüsselmechanismus seiner Erfindung, die den vorderen Teil des Bodens leicht anheben und somit die komplette Ebene in die Schräge bringen konnte. Wenn ihnen die Bundesbeamten auf den Fersen waren, musste er nur noch einen Knopf drücken, der die Installation in Gang setzte, und schon zog das erste Fass die anderen mit auf den Grund des Ozeans. Die Apparatur stellte ihren Nutzen unter Beweis, nachdem sie sage und schreibe 200 Barrel harten Alkohols geladen hatten. Das Boot erreichte trotz der beiden Libertys nicht die normale Geschwindigkeit, und die Küstenwache holte von Sekunde zu Sekunde auf. Fred betätigte den Knopf, und schon hätten die verdammten Beweisstücke in den Fluten versinken sollen. Doch ärgerlicherweise trieben die Fässer auf der Wasseroberfläche, da der Lieferant des Mutterschiffs an Hochprozentigem knapp gewesen war und ihnen nur halbvolle Behälter geliefert hatte. Der Schwindel stellte sich schlussendlich aber als Glück im Unglück heraus, denn die treibenden Fässer bildeten ein regelrechtes Minenfeld für das Schiff der Küstenwache: Sie schwappten auf dem Wasser und knallten immer wieder an den hölzernen Rumpf des Bootes, was die Beamten zur Untätigkeit verdammte.

      Schon bald verpassten die Behören Whalen den Spitznamen „Freddie, der Dieb“, den seine Familie für unangemessen hielt. Sie umschrieben sein wichtigstes Talent mit „die Kunst, meilenweit entfernt zu sein“, denn wann immer Probleme oder Katastrophen über die Whalens hereinbrachen, hielt sich Freddie in sicherer Entfernung auf. Und beim Alkoholschmuggel gab es viele Probleme. Als seine Unabhängigkeit liebender Ire versuchte Freddie, sich aus dem Fahrwasser der Italos wie Dragna und Tony „The Hat“ Cornero (geborener Stralla) herauszuhalten. Cornero besaß schon mit 25 Jahren einen Cadillac mit Chauffeur. Er hatte einen riesigen Fuhrpark mit Trucks zum Alkoholschmuggel aufgebaut und kontrollierte zahlreiche Mutterschiffe, darunter einen schwerfälligen Schoner, der 7.000 Kisten mit Whiskey von Kanada nach Mexiko transportierte. Doch sogar Cornero und sein Bruder mussten den Diebstahl von Ware befürchten und ließen die Konkurrenz in Ruhe walten, damit diese ihnen nicht bei den eigenen Projekten in die Quere kam. Es konnte auf See geschehen oder bei der nächtlichen Landung in einer Bucht, wenn die Schnellboote ihre Motoren ausstellten und man den Whiskey in kleine Ruderboote umlud, um ihn an den Strand zu rudern, wo die Cops für Geld und einige Flaschen schnell ein Auge zudrückten. Bei jedem Schritt der Transaktion lauerten Gefahren, obwohl folgende zeitgenössische Erzählung doch ein wenig zu melodramatisch klingt:

      Abgehacktes Maschinengewehrfeuer im dichten Nebel. Verschwommene Scheinwerfer wartender LKWs. Gedämpfte Stimmen auf dem Strand und das Stottern von Schiffsmotoren, das von See aus herüberklingt. Quietschende Türschlösser und Paddelboote, die aus der Gischt ans Land schießen … Harte Männer, gefährliche Männer, Männer, die zum Töten bereit sind.

      Fred Whalen beschränkte sich bei den Schmuggelgeschäften auf einen Schwarzbrenner in Mexiko – Percy Hussong. Seiner Familie gehörte ein bekanntes Restaurant in Ensenada, dessen Bar einige Zeit später die Erfindung des Margarita für sich in Anspruch nahm. Die Hussongs hatten mit einem Mutterschiff ein perfektes Geschäft ausgehandelt, denn sie bekamen für den Whiskey Kisten voller Früchte und Gemüse zuzüglich ein wenig Bares. Wenn die Familie wieder zur Küste zurückfuhr, schoss die mexikanische Marine immer über ihre Köpfe hinweg, denn die Soldaten wollten sich nicht die Aussicht auf ein zünftiges Besäufnis am nächsten Abend vermasseln. Doch in den Staaten sah es anders aus, denn als die Whalen-Wunderlich-Gang sich in einer mondlosen Nacht dem Strand näherte, hatten sie nicht den Eindruck, dass die Schützen auf den Klippen daneben zielten.

      In diesen Tagen zählte ein Cop aus Santa Monica, der Gemeinde am Meer, auf deren Pier ein Karussell stand, zu Freddies wichtigsten Geschäftspartnern. Lieutenant Thomas Carr war der Sherlock Holmes der lokalen Polizeiwache, benutzte tatsächlich ein professionelles Make-up-Set und besaß einen Schrank voller Kostüme, um sich als britischer Dandy oder tätowierter Seemann zu verkleiden. In den Strandbars mischte er sich unters Volk, damit er Tratsch und Informationen über die Schwarzbrenner und Schmuggler sammeln konnte. Die Zeitungen nannten ihn nach dem Stummfilmschauspieler Lon Chaney „den Mann mit den tausend Gesichtern“, der sich gekonnt in das Phantom der Oper und den Glöckner von Notre Dame verwandelt konnte. Der bemerkenswerte Lieutenant Carr war ein olympiareifer Schütze, was durch ein Duell unterstrichen wurde. Eines Tages stolzierte ein angeblich treffsicherer Sheriff aus Twin Falls, Idaho, in einer Wildlederjacke in die Stadt und prahlte mit seiner Knarre, die von einem in Perlmutt eingelegten Revolverlauf geschmückt wurde. Er hatte ein Wettschießen des Idaho Frontier Club in sechs Waffendisziplinen gewonnen. Nachdem der einen Cowboyhut tragende Macho Carr herausgefordert hatte, ließen die beiden ein Pikass in für das Polizeitraining üblicher Entfernung an einen Pfosten nageln. Wer konnte das winzige schwarze Symbol häufiger treffen? Der Strandcop aus Kalifornien blies den Gesetzeshüter aus dem Wilden Westen förmlich aus der Stadt!

      Durch diese und ähnliche Episoden wurde Carr zu einer lokalen Berühmtheit, aber wenn die Reporter von dannen zogen und der Cop seinen britischen Derby-Hut in den Spind schloss, war er ein ganz normaler Bursche, der gerne einen hob und sich ein bisschen etwas dazuverdiente. Freddie Whalen


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