Jahresabschluss nach dem Schweizer Rechnungslegungsrecht. Marco Gehrig

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von 1936 war es in der Lehre unbestritten, dass insbesondere in buchführungspflichtigen Unternehmen mit überblickbaren Verhältnissen für die »ordnungsgemässe Führung der Bücher« die einfache Buchführung genügt. Diese beschränkte die laufende Kontenführung auf einzelne ausgewählte Buchungsobjekte, z. B. Zahlungsmittel, Forderungen (Debitoren) und Zahlungsverpflichtungen (Kreditoren). Das Geschäftsergebnis würde anhand des Inventars durch Vermögensvergleich ermittelt.33

      Bereits im VE 2005 war für nicht im Handelsregister eintragungspflichtige Einzelunternehmen, Stiftungen und Vereine ausdrücklich eine auf Einnahmen und Ausgaben sowie die Vermögenslage beschränkte Buchführung vorgesehen (VE 957 II). Der Entwurf 2007 ergänzte die Vorschrift lediglich mit der Aussage »Die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung gelten sinngemäss«. In der parlamentarischen Beratung wurde der Gesetzesartikel des Entwurfs gründlich überarbeitet. Das Parlament wollte, ähnlich wie im Ausland mit der sog. Mikro-Richtline der EU, insbesondere kleine Unternehmen administrativ entlasten. Die Buchführungspflicht wurde von der Eintragungspflicht im Handelsregister abgekoppelt und in Abweichung vom rechtsformenneutralen Buchführungs- und Rechnungslegungsrecht für Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit weniger als CHF 500‘000 Nettoerlös die Sonderregelung der Einnahmen- und Ausgabenrechnung eingeführt. Im Entwurf 2007 war diese nur für Kleinstunternehmen mit weniger als CHF 100‘000 Nettoerlös vorgesehen. Von der vom Parlament beschlossenen Erhöhung des Schwellenwertes sollten neben kleineren Gewerbebetrieben auch die freien Berufe von der Ausnahmeregelung profitieren können.

      OR 957 II enthält keine Bestimmungen über die qualitativen Mindestanforderungen an die Aufzeichnung der Einnahmen und Ausgaben, wobei sich diese Begriffe in Anlehnung an den Sprachgebrauch der Praxis auf Einzahlungen und Auszahlungen und somit auf eine Geldrechnung beziehen. Bargeschäfte werden im Kassenbuch und der Post- und Bankzahlungsverkehr in den entsprechenden Büchern erfasst. Wie grundsätzlich im Buchführungsrecht handelt es sich nicht mehr um Bücher im herkömmlichen Sinn, sondern um elektronische Listen oder Tabellen. Bareinzahlungen und -auszahlungen müssen gemäss den Grundsätzen ordnungsmässiger Buchführung »fortlaufend, lückenlos und zeitnah aufgezeichnet werden«.

      Bei einer auf den Zweck ausgerichteten Auslegung von OR 959 genügen eine zahlungsmittelorientierte oder eine der auf Ende des Geschäftsjahres noch vorhandenen Gegenwerten von Auszahlungen beschränkte Vermögensaufzeichnung ebenso wie alle Aktiven nicht dem Begriff der Vermögenslage nach herrschender Lehre.

      2.6 Formelle und materielle Qualitätsanforderungen an die Buchhaltung

      2.6.1 Gesamtaufbau der Buchhaltung und Datenerfassung


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