Seewölfe Paket 27. Roy Palmer

Seewölfe Paket 27 - Roy Palmer


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und konnte keinen Finger rühren.

      Als Carberry liegenblieb, schloß er krampfhaft die Augen, um nicht mitansehen zu müssen, wie der Profos von der primitiven Maschine getötet wurde.

      Carberry wollte gerade wieder hochschnellen, da war das Monstrum heran. Er konnte nichts mehr tun, gar nichts. Er warf sich platt auf den Boden, verkrallte die Hände im Gestein und riß den Mund auf, als sich die Stacheln auf ihn zubewegten. Er sah sie als riesengroße Speere, als eine einzige Masse scharfgeschliffener Speerspitzen, die ihn hundertfach durchbohren würden.

      Da gab der Profos auf – zum ersten Male in seinem Leben. Er konnte nichts mehr tun, nicht mehr seinen Gegner packen, er konnte nur noch auf seinen Tod warten – und der würde fürchterlich sein.

      Hart stieß er die Luft aus und wünschte sich, daß er in den Boden kriechen und sich verstecken könnte.

      Die Dornenwalze geriet wieder über eine Unebenheit. Ihr Tempo war jetzt so schnell geworden, daß wieder einige Stacheln abbrachen. In diesem Augenblick war sie über dem Profos.

      Carberry spürte einen wilden grellen Schmerz in der linken Schulter. Über ihm war ein Geräusch, als ginge die ganze Welt in Bersten und Krachen unter. Kreischend bewegte sich das Ungeheuer weiter und tat den nächsten Satz, der es fast yardhoch in die Luft hob. Unaufhaltsam rollte die tödliche Lawine weiter.

      Als Carberry – mit den Nerven total am Ende – aufblickte, sah er das Monstrum weiterrollen. Es jagte jetzt Ferris und Dan, die in wilden Sprüngen durch die Rinne hetzten.

      Von unten hörte er den Seewolf etwas rufen, aber er nahm es nicht wahr. Er verstand nicht, daß er noch lebte, daß ihn das Ding nicht durchbohrt und mitgeschleift hatte. Dann sah er, daß ihm von der linken Schulter Blut bis auf die linke Hand lief.

      Erst da begriff er vage, daß ihm der kurze Satz der Walze das Leben gerettet hatte. Nur einer der Stacheln hatte ihn erwischt.

      Er erhob sich in sitzende Stellung und sah wie durch einen dichten Schleier Gestalten rennen und brüllen. Unter ihm hatten sich die Arwenacks in einem dichten Halbkreis versammelt, und er hörte immer wieder Hasards Stimme, die jetzt deutlicher klang.

      „Springt durch die Luft, sobald ihr den Rand erreicht!“

      Er erhob sich taumelnd und sah zu, was weiter geschah. Er merkte nicht einmal, daß er am ganzen Körper zitterte. Er spürte auch den anfangs brennenden Schmerz nicht mehr. Er betete nur noch mit zuckenden Lippen, daß Dan und Ferris es schafften. Es waren nur noch ein paar lausige Yards, ein paar verdammte Schritte, die über Leben und Tod entschieden. Wenn jetzt einer von ihnen strauchelte …

      Dann sah er mit großer Erleichterung, daß Dan mit einem wilden Satz über den Rand der Rampe sprang. Er breitete die Arme aus und segelte ins Nichts, jedenfalls schien das so.

      Auch Ferris sprang in blinder Panik mit ausgebreiteten Armen. Er sauste wie eine Kanonenkugel durch die Luft.

      Die beiden Männer rasten mitten in ihre Kameraden hinein, die sie auffingen, zur Seite stießen und dann nach allen Seiten davonstoben. Wie brüllende und tobende Derwische flitzten sie nach links und rechts davon und warfen sich in Deckung.

      Die Stachelwalze donnerte mit mörderischer Wucht an den aufragenden und nach innen gewölbten Rand der Rampe. Dort wurde sie abrupt aufgehalten.

      Ein Stoß erfolgte, der das ganze Insellabyrinth schwanken und beben ließ. Dann flogen die Stacheln nach allen Seiten davon. Die Arwenacks wurden mit einem Schauer aus Holzteilchen überregnet. Es knirschte noch einmal heftig, ein letzter Ruck ging durch die Walze, die jetzt mit zerborstenen Stacheln am Rand lag.

      Danach herrschte eine unwirkliche geisterhafte Stille. Hasards Mannen wirkten wie erstarrt.

      Als der Profos unten anlangte, herrschte immer noch Schweigen. Sie sahen ihn an wie einen, der von den Toten auferstanden war, und sie konnten es immer noch nicht glauben.

      „Verdammter Scheiß“, keuchte Carberry. „Das war mal ein feines Spielchen. Wirklich aufregend und abwechslungsreich.“ Er stand da und pumpte Luft in seine Lungen, während der Kutscher sich ihm näherte und seine Schulter betrachtete. Auch ihm stand das blanke Entsetzen noch im Gesicht.

      Hasard schloß sekundenlang die Augen, um das höllische Bild zu verdrängen. Dann holte er tief Luft.

      „Mein Gott, haben wir ein Glück gehabt“, flüsterte er.

      In die Arwenacks kam langsam wieder Leben. Sie hatten den Schreck einigermaßen überwunden.

      „Das muß sich der Satan selbst ausgedacht haben“, sagte Dan. „Ein teuflisches Ding. Da lag so verlockend ein Tau, und es hatte den Anschein, als sei es zur Erleichterung angebracht. Aber als Ed daran zog, erschien der Teufel persönlich.“

      „Vielleicht hab ich den Satan am Schwanz gepackt“, knurrte Carberry. „Wenn ich das Rübenschwein jemals erwische, das die unfreundliche Seegurke da oben angebracht hat, weiß Gott, dem drehe ich den Hals um, daß er für den Rest seines Lebens rückwärts läuft.“

      „Du hast mehr als Glück gehabt“, sagte der Kutscher. „Das ist zwar eine hundsgemeine Verletzung, aber nur eine Fleischwunde. Ich lege dir jetzt einen Hemdstreifen darüber und binde ihn fest. Nachher werde ich die Wunde säubern und richtig verbinden.“

      „Pah“, sagte Carberry abwinkend. „Das juckt mich überhaupt nicht. Das ist nicht der Rede wert.“ Er schob den Kutscher lässig beiseite.

      „Kann ja sein, daß die Holzstacheln vergiftet sind“, sagte der Kutscher sehr höflich, weil der Profos alles bagatellisierte. Er glaubte zwar nicht daran, denn die Stacheln allein reichten aus, um zu töten.

      „Oh, dann juckt es mich vielleicht doch“, sagte Carberry kleinlaut.

      „Wir kehren an Bord zurück“, entschied Hasard. „Uns allen ist der Schreck mächtig in die Knochen gefahren. Wir können ein wenig ausruhen und bei der nächsten Flut noch einmal nachsehen.“

      Doch die Überraschung war damit noch nicht beendet. Die Muscheltrompete erklang wieder, und dann glaubten sie auch eine Stimme zu hören, ein Stimmchen eher, das zart und klagend klang. Es schien direkt unter ihren Füßen zu sein.

       8.

      Sie sahen sich ungläubig an, als das zarte Rufen wieder erklang.

      „Es muß in diesem Schacht sein.“ Der Kutscher deutete nach unten, wo sich im Boden die steingefaßten Schächte befanden.

      Dan und Ferris standen da und hatten die Hände ins Kreuz gepreßt. Der Aufprall in der Rinne und das mehrmalige Überschlagen hatten Hautabschürfungen hinterlassen. Alle Knochen taten ihnen weh.

      „Ich sehe einmal nach“, sagte Hasard entschlossen.

      Er ließ sich die Fackel geben und zwängte sich mühsam in den engen Schacht, bis er festen Grund verspürte. Von oben waren jetzt nur noch seine schwarzen Haare mit den silberfarbenen Schläfen zu sehen.

      Der Seewolf bückte sich und hielt die Fackel vor sich. Sie versengte ihm fast das Gesicht, so eng war es.

      Vor ihm befand sich ein waagerechter Gang aus Basalt, der etwa zehn Yards weit in das Gestein getrieben worden war. Der Gang war zwei Yards breit, aber so niedrig, daß er nur auf den Knien weiterrutschen konnte. Von oben hörte er die Stimmen verzerrt klingen. Dann war unmittelbar der Ton der Muscheltrompete zu hören. Er war viel lauter als vorhin und erklang aus der Richtung, wo eine schwere Steinplatte den Gang jählings abschloß. Dahinter schien es einen winzigen Raum oder ein Gewölbe zu geben.

      „Hören Sie mich?“ vernahm er zu seinem Erstaunen eine Stimme, die Spanisch mit starkem Akzent sprach. „Ich befinde mich hinter diesem Felsblock, aber ich kann ihn nicht bewegen.“

      Hasard schluckte, als er die Frauenstimme hörte. Daß sie Spanisch sprach, fiel ihm im ersten Moment gar nicht auf.

      „Ja, ich höre Sie“, antwortete er verblüfft.


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