Seewölfe Paket 27. Roy Palmer

Seewölfe Paket 27 - Roy Palmer


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war Hasard endlich klar, woher die Prinzessin die spanische Sprache kannte und beherrschte. Auf der Insel waren Dons gestrandet und von den Eingeborenen freundlich aufgenommen worden. Die Lösung des Rätsels war wiederum verblüffend einfach.

      Er wußte jetzt auch, warum die Eingeborenen in ihrem Auslegerboot keine sonderliche Eile hatten, zu verschwinden. Sie waren sich ganz sicher, daß der Fluch von Nan Madol sie treffen würde, denn jeder Fremde war neugierig und würde die Rinne erkunden wollen. Wer das tat, dessen Schicksal war besiegelt. Die anderen würden schleunigst von der Insel verschwinden, aus Angst, daß weitere tödliche Fallen installiert waren.

      „Das ist ja ein Ding“, sagte der Kutscher. „Jetzt haben wir eine Prinzessin befreit. Aber woher kommt sie?“

      Raia drehte sich zu dem staunenden Kutscher um.

      „Von der Insel Ponape“, sagte sie. „Sie ist nicht weit von hier entfernt. Man erreicht sie in einem guten halben Tag mit dem Schiff. Aber mein Vater weiß nicht, daß ich hier bin. Er hat auch damals nicht glauben wollen, daß man mich nach Nan Madol brachte.“

      „Die Kerle hätten Sie verhungern und verdursten lassen“, meinte Hasard. „Das hätte zweifellos zum Krieg zwischen den Insulanern geführt.“

      „Ja, ganz sicher. Der andere Häuptling heißt Kumuhala und ist ein gefährlicher Mann. Er ist ein erbitterter Feind meines Vaters.“

      „Kennen Sie den Weg nach Ponape?“ fragte der Seewolf.

      Wieder nickte sie, dann begann sie zu lächeln.

      „Ja, ich kenne ihn. Würden Sie noch einmal in der Sprache sprechen, in der ihr euch vorhin unterhalten habt?“

      Hasard begriff zuerst nicht und sah sie ratlos an. Dann fiel es ihm ein, und er nickte. Als er ein paar Worte in Englisch sprach, klatschte sie in die Hände und lachte.

      „Das hört sich lustig an, das habe ich noch nie gehört. Wo liegt dieses Englisch?“

      „Das Land heißt England. Es ist sehr weit entfernt und liegt noch höher im Norden als das spanische Land.“

      Die liebliche Prinzessin dachte angestrengt nach, aber das waren für sie nur abstrakte Begriffe. Die gestrandeten Spanier hatten sich vermutlich auch nicht näher darüber ausgelassen.

      Raia war sehr unbefangen und kannte keine Scheu. Sie war ein Kind der Südsee, und sie paßte sich auch sofort der neuen Situation an, obwohl sie eben noch in einem dunklen Verlies geschmachtet hatte. Für sie war das jetzt vorbei, und das fand sie weder verwunderlich noch erstaunlich. Es war eine Tatsache, die sie gelassen hinnahm.

      „Wir werden Sie nach Ponape bringen“, versprach Hasard. „Und zwar so schnell wie möglich, damit Ihr Vater sich nicht zu sorgen braucht.“

      „Der große Papalagi wird euch belohnen. Er wird sich freuen, mich wiederzusehen, und ihr werdet alle seine Gäste sein.“

      „Wir wollen keine Belohnung“, wehrte Hasard ab. „Wenn uns der große Papalagi Trinkwasser und ein wenig Proviant überläßt, würden wir uns sehr freuen.“

      „Es wird ein großes Fest werden“, schwärmte sie mit verträumten Blicken. „Alle werden daran teilhaben. Das ganze Dorf wird große Schweine bringen und sie in Bananenblättern backen. Ich freue mich auf das Fest.“

      Sie war wirklich kein Kind von Traurigkeit, wie die Mannen staunend zur Kenntnis nahmen.

      Hasard blickte zu der Grabkammer hinüber, hinter der die Gebeine der Herrscher aus dem Geschlecht der Nahnmwarki ruhten. Sein Blick blieb auf den Steintafeln hängen.

      „Eine sehr merkwürdige Insel“, sagte er. „Man hat sie vermutlich künstlich auf einer Untiefe erbaut.“

      „Die Insel der Chauteleurs“, erklärte sie. „Sie ist schon sehr alt, und es gibt viele Geschichten und Sagen über sie. Auf dem großen Wall da drüben befindet sich das Grab des Riesen Konat. Sein Körper ruht auf dem Land, aber seine Beine erstrecken sich bis zu den kleinen Inseln Laiap und Kapara, so groß ist er.“

      Sie stand auf und deutete auf die Schächte im Boden.

      „Das waren die Gefängnisse von Nan Dowas. Hier unten sperrte man früher die Gefangenen ein. Drüben, auf den Nachbarinseln Pahndauwas und Dowas Poh waren die Wachen stationiert. Auf der dritten Insel, die man Nan Molusei nennt, sieht man noch heute uralte Feuerstellen und schwarze Steine. Die Insel heißt auch Platz der Aschenhaufen.“

      Hasard hörte staunend zu. So erfuhren die verdutzten Arwenacks immer mehr über diese seltsame Insel, die einstmals vor langer Zeit militärischen Zwecken gedient hatte.

      „Was bedeutet die Inschrift auf den Grabplatten?“ fragte Hasard.

      Auch darauf erhielten sie eine Antwort, die sie kaum mehr verblüffte.

      Sie kannte die Inschrift auswendig und überletzte sie.

      „Wer die heilige Ruhe der Herrscher aus dem Geschlecht der Nahnmwarki stört, den wird der Fluch der Geister von Nan Madol treffen, so sieht es dort geschrieben.“

      „Das haben jene ausgenutzt, die Nan Madol als Kultstätte verehren“, sagte der Kutscher. „Und damit der Fluch auch recht wirksam wird, hat man eben ein bißchen nachgeholfen. Die Geister schicken die Stachelwalze los, und schon geht alles in Erfüllung.“

      „So wird es wohl sein.“

      „Dort drüben liegt noch eine Insel im Nebel“, erklärte Raia. „Es ist Konterek, wo man einst die Toten bestattet hat. Konterek ist tabu, und niemand darf die Insel betreten. Seit Jahrhunderten liegt ein unheimlicher Zauber auf ihr. Jeder, der auch nur einen Fuß an Land setzt, muß eines qualvollen Todes sterben.“

      Hasard nickte verstehend. Wahrscheinlich gab es dort drüben ebenso teuflische Fallen wie hier.

      Hasard verzichtete auch darauf, sich die Gruft der Nahnmwarki einmal genauer anzusehen. Nicht aus Angst, daß ein weiterer Fluch sie treffen würde, aber er wollte niemanden verletzen, schon gar nicht die Inselprinzessin, die das wohl mit einigem Unbehagen zur Kenntnis nehmen würde. Das wäre einer Entweihung gleichgekommen, und es wäre ohnehin nicht sehr ergiebig gewesen.

      „Vor zwölf Monaten waren schon einmal Spanier hier“, berichtete Raia. „Sie kamen mit einem großen Schiff nach Ponape und segelten dann nach Nan Madol. Aber der spanische Kapitän, Señor Pedro Fernández de Quirós, verließ fluchtartig die Insel und kehrte nicht mehr zurück, denn es hatte ein paar Tote gegeben. Ihre Gebeine waren über Nacht plötzlich verschwunden.“

      „Den Namen de Quirós habe ich schon einmal gehört“, sagte Don Juan, der sehr interessiert zugehört hatte. „Auch er war im Auftrag des Vizekönigs unterwegs. Demnach ist das nur ein Jahr her, seit er hier gelandet ist.“

      „Dann sind wir also nicht die ersten“, meinte Hasard. „Aber das ist auch gleichgültig. Ich denke, wir brechen jetzt auf und segeln nach Ponape, wenn die Prinzessin den Kurs kennt.“

      „Ich kenne ihn sehr genau“, versicherte die Schöne.

      Kurz danach saßen sie wieder in den Booten.

       9.

      Während der Fahrt durch den Hauptkanal erklärte sie alles. Mit ihrer zierlichen Hand deutete sie voraus.

      „Das ist die Straße der Krokodile. Sie wurde von feurigen Drachen und großen Flugechsen geschaffen. So berichtet die Überlieferung.“

      „Ein Krokodil haben wir gesehen“, stimmte Hasard zu.

      „Es gibt hier sehr viele. Sie sind auch auf den Palau-Inseln zu finden und sehr hungrig. Sie greifen alles an. Manchmal holen sie sich auch ausgewachsene Büffel.“

      Von der „Straße der Krokodile“, wie sie treffend genannt wurde, zweigten kleinere und schmalere Wasserrinnen nach allen Seiten ab. Etliche waren sumpfig. Mangrovengürtel waren entstanden und säumten


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