Seewölfe Paket 30. Roy Palmer

Seewölfe Paket 30 - Roy Palmer


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wir hinüber.“ Er zeigte ihnen die Sünderliste. „Sucht euch drei dieser Erbarmungswürdigen aus, ich werde euch dann zu ihnen führen.“

      Der Kutscher zeigte auf irgendwelche Namen. Zum Schluß deutete er auf de Alcazar. Sein Gesicht blieb unbewegt.

      „Gut“, entschied der Prior. „Dann nehmt ihnen die Beichte ab und erteilt ihnen Absolution.“

      Als er für einen kurzen Augenblick verschwand, sagte Hasard: „Bei den beiden ersten müssen wir uns anstrengen. Ich weiß überhaupt nicht, wie das vor sich geht.“

      „Überlaß das mir, Bruder, ich kenne mich aus. Bei Doc Freemont wurde ich oft zu einem Todkranken gerufen, bei dem schon die Prediger waren, um die Beichte abzunehmen. Ich war oft dabei.“

      „Dann ist ja alles klar.“

      Er war froh, den Kutscher für das heikle Unternehmen ausgewählt zu haben. Nichts gegen Edwin Carberry, dachte er, aber der Profos hätte hier nicht hingepaßt. Er wäre für diese Rolle nicht glaubwürdig gewesen und hätte den ehrwürdigen Vater mit Sicherheit nach einem Schnäpschen gefragt, weil er unter Völlegefühlen leide, was, wie?

      Der Prior und Padre Antonio kehrten zurück. Ihm folgten noch zwei weitere Mönche, die sich ebenfalls um die Verurteilten kümmern sollten.

      Sie verließen das Kloster und gingen schweigend durch den noch stillen Morgen zur Festung hinüber.

      Die Wachen gähnten ungeniert. Es war kühl und feucht, und sie warteten auf ihre Ablösung.

      Die Mönche hatten die Kapuzen über die Köpfe gezogen. Hasard und des Kutschers Gesicht waren kaum zu erkennen.

      „Ah, die Trostspender“, sagte einer der Gardisten. Es klang verächtlich. Vor dem Prior deutete er allerdings eine kleine Verbeugung an.

      „Mein Sohn“, sagte der feiste Prior feierlich, „auch du wirst eines Tages vielleicht des Trostes bedürfen. Besinne dich also und laß uns endlich ein.“

      Im großen Tor wurde ein kleines Nebentor geöffnet.

      Die Mönche betraten den Vorhof, wo sich nochmals zwei Posten befanden. Einer der beiden trat auf sie zu und musterte sie. Er blickte Hasard und dem Kutscher ins Gesicht.

      „Die beiden kenne ich nicht“, sagte er, „wer sind sie?“

      „Wandermönche aus Sevilla“, erklärte der Prior. „Sie kommen aus dem Kloster de la Merced. Ich verbürge mich für sie.“

      Der Posten nickte unschlüssig, warf den beiden nochmals einen Blick zu und ließ sie dann durch.

      Geschafft, dachte Hasard. Das schlimmste Hindernis auf dem Weg zur Festung ist überwunden. Ohne fremde Hilfe wären sie hier niemals hineingelangt.

      Das Innere der Festung war verwirrend. Hasard zählte so viele Wachen, daß er es schließlich aufgab. Auch die Anzahl der sich immer wieder verzweigenden Gänge war verwirrend und beeindruckend.

      Sie konnten überall ungehindert passieren. Ein Spanier begleitete sie und zeigte auf die einzelnen Verliese, wenn der Prior einen Namen auf seiner Liste vorlas.

      Der erste Mönch verschwand in einer Zelle.

      Hasard registrierte, daß die Bohlentür hinter ihm nicht geschlossen wurde. Die Wachen waren absolut sicher, daß hier niemand entfliehen konnte.

      Der Posten führte sie weiter zu einem anderen Verlies. In den Gängen blakten Fackeln. Das Licht war trübe und ließ die Gestalten als hohe und verzerrte Schatten über die Wände geistern.

      „Hier, nehmt euch des armen Sünders an“, sagte der Prior. „Eine Viertelstunde, nicht länger. Dann geht ihr zum nächsten. Wir sehen uns nachher in der Abtei wieder.“

      Der Schlüssel kreischte im Schloß. Hasard und der Kutscher fanden sich in einem stickigen hohen Raum wieder. In unerreichbarer Höhe befand sich ein schmaler Schlitz in der Mauer. Das Tageslicht ließ sich nur ahnen.

      Auf dem Stroh hockte ein bärtiger untersetzter Mann mit wirren Haaren, der sie finster anblickte.

      „Wir sind gekommen, um dir in deiner schwersten Stunde Beistand zu leisten, Bruder“, sagte der Kutscher. „Es steht geschrieben: Der Mensch, vom Weibe geboren, lebt nur kurze Zeit und ist voll Unruhe.“

      Der bärtige und brutal aussehende Kerl sprang auf.

      „Hört bloß mit dem Scheiß auf, ihr scheinheiligen Ablaßprediger“, knurrte er wild. „Ändert euer Gelaber vielleicht etwas daran, daß sie mir morgen die Rübe abhacken?“

      „Aber, Bruder“, beschwichtigte der Kutscher. „Geh in dich und denke über deine Sünden nach.“

      „Ich bin nicht dein Bruder, verflucht noch mal! Ich hab’ zwei Kerle in einer Kneipe umgebracht – und damit basta. Die beiden Strolche werde ich morgen in der Hölle wiedersehen, und dann setzt es noch einmal Prügel, oder ich bringe sie wieder um, wenn das möglich ist.“

      Der Kerl war verstockt und voller Zorn. Er trat mit den Füßen in das Stroh und fetzte es auseinander.

      „Gebt mir lieber was zu saufen!“ schrie er sie an.

      Der Kutscher wollte noch etwas sagen, doch der Bärtige erkannte offenbar eine Chance zur Flucht, obwohl er sich sagen mußte, daß er hier nicht hinausgelangte. Es war mehr ein Akt der Verzweiflung.

      Er sprang auf sie los und ließ die Fäuste fliegen.

      Hasard sah eine Menge Schwierigkeiten für den Kutscher und sich, wenn es dem Kerl gelang, den Gang zu erreichen. Die Posten würden ihn zwar überwältigen, aber dann würden sie auch gleichzeitig schärfer kontrollieren, und genau das wollte Hasard unbedingt vermeiden.

      Er schlug aus dem Schultergelenk zu, kurz trocken, blitzschnell und explosiv.

      Der Bärtige rannte in eine bretthart gestochene Rechte. Der Schlag hob ihn auf die Zehenspitzen. Seine Augen wurden glasig, und er kippte um, wie vom Blitz gefällt.

      Der Kutscher fing ihn auf und legte ihn auf das Stroh zurück. Der Kerl erweckte den Eindruck, als schliefe er tief und fest und drehte ihnen dabei den Rücken zu.

      „Gehen wir“, raunte Hasard. „Mit dem verstockten Burschen ist nicht zu reden.“

      „In der Tat nicht“, erwiderte der Kutscher würdevoll.

      Draußen empfing sie der Posten. Er lehnte die Hellebarde an die Steinwand, warf einen flüchtigen Blick in die Zelle, donnerte sie dann zu und grinste impertinent.

      „Bei dem habt ihr wohl kein Glück gehabt, was?“

      „Er sagte, wir sollten uns zum Teufel scheren, das sagte er ausgerechnet uns“, beschwerte sich der Kutscher.

      „Ein Doppelmörder“, erklärte der Posten verächtlich. „Morgen früh kann er sich selbst mit dem Teufel unterhalten. Es ist nur ein kurzer Weg in die Hölle.“

      Der nächste war an der Reihe, um die Beichte abzulegen. Es war ein langer dürrer Kerl mit einem Säufergesicht. Er hatte Gott gelästert und aus der Kirche ein paar silberne Kelche mitgehen lassen.

      Als sie ihn festnahmen, hatte er in betrunkenem Zustand auch noch auf den König geschimpft. Das hatte zu seiner Verurteilung ausgereicht. Er sollte morgen mittag durch die Flammen geläutert werden.

      Der Kerl hörte sich alles sehr geduldig an. Dann legte er vor den beiden Mönchen eine Beichte ab, daß es sie grauste. Was da alles zutage kam, ungeniert und frei erzählt, ließ sogar Hasard die Haare zu Berge stehen. Der Kerl rühmte sich lautstark, auch noch ein paar Leute abgemurkst zu haben, das wollte er auch noch dem Richter sagen, doch der hatte ihn gar nicht ausreden lassen.

      Die beiden waren froh, als sie wieder draußen waren.

      Danach war Don Juan de Alcazar an der Reihe.

      Der Spanier saß auf dem plattgedrückten Strohhaufen, als Hasard und der Kutscher eintraten. Er erhob sich und lehnte sich an die Wand.

      Die


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