Der Mächtige Strom. Chi Pang-yuan
Dem Sonnenkalender nach am 19. Februar 1924.
16 Shijing, „Das Buch der Lieder“, gilt als erste bekannte Gedichtsammlung und somit als das dritte der Fünf Klassischen Werke Chinas, die alle während der Zhoudynastie (um 1100-–220 v. Chr.) entstanden sind.
17 Zhang Zuolin (1875–1928), Warlord und Machthaber der Mandschurei von 1915–1927
18 Guo Songling,
19 Frühere Bezeichnung Mukden, heute Shenyang, Provinzhauptstadt von Liaoning
20 Pinyin-Umschrift: shang, wird in Nordosten China tian ausgesprochen
21 1 Mu = 667 Quadratmeter. 15 Mu entsprechen 1 Hektar. Umgerechnet betrug die Fläche des Landes der Familie Chi 267 Ha.
22 Fengjun-Feng, chinesische Bezeichnung der Mandschu-Armee unter Marschall Zhang Zuolin
23 Am 18. September 1931 von den Japanern inszenierter Sprengstoff-Anschlag auf die Südmandschurische Eisenbahn, welche vom Japanischen Kaiserreich betrieben wurde. Dieser Zwischenfall gilt als Auslöser der Mandschurei-Krise und markiert den Beginn der Invasion Nordostchinas durch die Japaner.
24 Ursprünglicher Name der Hauptstadt Pekings von 1368 bis 1403 und 1928 bis 1949.
25 Es handelte sich um Schuhsohlen aus Stoff.
26 Der Reisertrag, als Synonym für Reichtum, betrug in Kanazawa eine Million (Hyakuma) Koku (ca. 180 Mio. Liter) pro Jahr.
27 General Guo Songling (1883–1925), damals noch enger Vertrauter des Militärmachthabers der Mandschurei, Marshall Zhang Zuolin
28 Die Yanjing-Universität (English: Yenching University) war eine bedeutende Hochschule in Peking mit christlichem Hintergrund, welche als erste Hochschule in China auch Mädchen zugelassen hat. Sie existierte von 1916 bis 1949. Siehe auch Hui-Wen v. Groeling-Che, Frauenhochschulbildung in China (1907–1937), 1990 Weinheim & Basel
29 Chinesisch: Der „18.-September-Zwischenfall“ 1931. Zwei Offiziere der Kwantung-Armee hatten, als Chinesen verkleidet, bei Shenyang (Mukden) einen Sprengstoff-Anschlag auf die Südmandschurische Eisenbahn verübt. Japanische Soldaten werteten dies als Angriff und es kam zu einem Feuergefecht. Der Zwischenfall wurde von Japan zum Anlass genommen, die Mandschurei zu besetzen, und bezeichnet den Auftakt des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges.
30 Tian huanghuang
Kapitel II
Der Widerstandskrieg – Acht Jahre Blut und Tränen
1 - Dichte Wolken des Krieges überschatten China
Das erfolgreiche Ende des Nordfeldzuges führte im Jahre 1928 zunächst einmal zur Wiedervereinigung Chinas. Die nach Nanking verlegte Nationalregierung begann mit Nachdruck den Aufbau eines modernen Chinas voranzutreiben. Die Eliten aller Provinzen und Berufsstände beteiligten sich aktiv an der Neuausrichtung des Landes. Die darauffolgenden zehn Jahre gingen schließlich als Nanking-Dekade oder auch als Das Goldene Jahrzehnt in die chinesische Geschichte der Moderne ein. Natürlich ist nicht alles Gold, was glänzt und im Schatten der Modernisierung brodelte nach wie vor ein Sumpf aus Missständen. Doch für meinen Vater sollte es ganz wahrhaftig das Goldene Jahrzehnt seines Lebens werden.
Chi Shiying, der junge Mann aus der Mandschurei, der es inzwischen zu einer gewissen Bekanntheit gebracht hatte, wurde bei seiner Ankunft in Nanking aufs Wärmste willkommen geheißen. Auch wenn der von General Guo Songling geführte Putsch gegen Marschall Zhang Zuolin gescheitert war und Guo dieses Unterfangen mit seinem Leben hatte bezahlen müssen, so fanden seine Forderungen an Zhang, sich aus dem Bürgerkrieg zwischen den Warlords im chinesischen Kernland zurückzuziehen, um sich gegen eine zu erwartende Invasion seitens der Russen und der Japaner zu wappnen, in ganz China Zustimmung und Bewunderung. Die Nationalregierung unter Führung der Revolutionspartei KMT, welche maßgeblich am Sturz der kaiserlichen Herrschaft beteiligt war, hieß den jungen Revolutionär Chi als einen der Ersten aus dem Nordosten des Landes mit überschwänglicher Begeisterung willkommen. Seine Beteiligung am Aufbau der Nation war aufgrund seiner Herkunft und Verdienste besonders gefragt, und so überreichte man ihm feierlich das KMT-Parteibuch mit der Nummer „Liao-1“. Somit war er das erste Parteimitglied aus der Provinz Liaoning überhaupt.
Generalissimus Chiang Kai-Shek wunderte sich bei ihrer ersten Begegnung: „Sie sehen nicht gerade so aus wie einer, der aus dem Nordosten stammt.“ Diese Feststellung kam ebenso unerwartet, wie sie kompliziert zu erklären ist. Zur Zeit des Nordfeldzuges vermittelten die Soldaten der Fengtian-Armee den Eindruck des starken, ja sogar raubeinigen Haudegens. Die meisten Leute dachten an furchtlose, grimmige und irgendwie barbarische Kriegertypen. Dieser 27-jährige Mann aus der Mandschurei wirkte hingegen sehr kultiviert und sanftmütig, womit er im Auftreten eher einem Aristokraten entsprach. Der Politiker Lu Chongfang aus der Stadt Shanhai-Pass hatte sich kurz zuvor sogar dazu hinreißen lassen, meinen Vater als „schlank und edel wie ein Jade-Baum im Wind“ zu beschreiben. Zudem beherrschte er drei Fremdsprachen, Englisch, Japanisch und Deutsch, und hatte bis vor gut zwei Jahren noch Geschichtsphilosophie an der Universität Heidelberg in Deutschland studiert. Dem Generalissimus schien es sichtlich Probleme zu bereiten, die Person Chi Shiying einzuordnen.
Im Zuge der Unterredung mit Chiang bot mein Vater seine Mitarbeit für die Bereiche Außenpolitik, Kultur- oder Bildungswesen an. Chiang erwiderte jedoch, dass China derart groß sei, und es gäbe doch so unendlich viel zu tun, weshalb er ihn als Junior-Berater in der Zentralen Politikkommission einsetzen werde. In dieser Funktion arbeitete er unmittelbar mit KMT-Größen wie Niu Yunjian, Huang Fu, Chen Guofu und Chen Lifu zusammen. Mit der Zeit entwickelten sich sogar freundschaftsähnliche Beziehungen zu etlichen der bedeutendsten Personen des Landes. Man setzte ihn auch als Japan-Experten zur Beratung der Nationalregierung ein. Im Rang eines Oberleutnants schickte man ihn dann für ein Jahr nach Japan, wo er an einer Infanterie-Schule studierte, um seine Kenntnisse über das japanische Militärwesen zu vertiefen.
Die expansionistischen Bestrebungen des Japanischen Kaiserreiches in China wurden seit dem ungleichen Vertrag von Shimonoseki im Jahre 1895 mit wachsendem Nachdruck vorangetrieben. Nach dem Ersten Japanisch-Chinesischen Krieg von 1894–1895 hatte China nicht nur Taiwan, Penghu (Pescadoren-Inseln) und die Halbinsel Liaodong an Japan abtreten, sondern auch seine Vorherrschaft