Seewölfe Paket 24. Roy Palmer

Seewölfe Paket 24 - Roy Palmer


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verübeln, der zum erstenmal auf Andros war.

      „Wenn ihr uns wieder besucht“, sagte Coanabo, „dann könnt ihr mit eurem Schiff etwa hundert metros in den Creek lavieren und dort hinter der Biegung ankern. Dann sieht niemand das Schiff.“

      „Können wir von der North Bight bis zur Westseite der Insel durchsegeln?“ fragte der Kutscher.

      „Ja, aber nur im mittleren Fahrwasser. Dann müßt ihr allerdings gut aufpassen, denn diese Strecke ist sehr tückisch und kann nur lotend durchquert werden. Ich werde euch das auf der Karte noch genauer zeigen und erklären.“

      Die Kanus legten an. Die Mannen enterten auf, auch Coanabo und einige seiner Leute.

      Der Kutscher holte die Karte, die sie hatten, auf der aber viele Untiefen und Tücken nicht eingezeichnet waren.

      Diese Karte interessierte den Häuptling, und er beugte sich gespannt darüber, als der Kutscher sie ihm erklärte.

      „Ja, ich finde mich schon zurecht“, sagte Coanabo. Sehr sorgfältig studierte er nochmals die Karte.

      Der Kutscher holte Feder und Papier, denn das wollte er gleich und endgültig festlegen. Diese Karte war Gold wert denn sie hatten ja selbst erlebt wie schnell man hier aufbrummen konnte, auch ohne daß Old Donegal an der Buddel hing.

      „Das und das hier“, sagte Coanabo, „sind ganz besonders gefährliche und tückische Stellen – hier um Andros herum, einschließlich der North, Middle und South Bight.“

      Der Kutscher hatte die Zunge zwischen die Zähne geklemmt, die Feder ergriffen und machte sich eifrig Notizen. Sehr genau und sorgfältig zeichnete er alles auf, was Coanabo erklärte.

      „Hier bei den Korallenriffen müßt ihr ganz besonders vorsichtig sein“, sagte er, wobei er auf eine Stelle der Karte zeigte, die der Kutscher ebenfalls gleich markierte.

      „Diese Korallenriffe ziehen sich entlang der Ostküste von Süd-Andros. Von der Südspitze verlaufen sie viele Meilen weiter und setzen sich bis zu den Wolf Rocks fort. Wer hier strandet, ist verloren und hat keine Aussicht mehr, jemals freizukommen.“

      „Ich habe alles notiert und aufgezeichnet“, sagte der Kutscher. „Ich danke dir für deine Hilfe, Coanabo.“

      Der Häuptling nickte und deutete auf die „Empress“.

      „Ihr habt unwahrscheinliches Glück gehabt, daß ihr nur auf einer Sandbank aufsitzt. Es hätte euch sonst mit Sicherheit an einer anderen Stelle erwischt, und da wäret ihr in die Korallen gelaufen, die so scharf sind, daß sie den Rumpf zerfetzt und aufgeschlitzt hätten.“

      Old O’Flynn grinste ein bißchen. Das hörte er gern.

      „Da war die Rumbuddel doch was wert“, meinte er schlitzohrig. „Wenn ich nicht daran genuckelt hätte, säßen wir jetzt in den Korallen, und mein schönes Schiffchen wäre ein Wrack.“

      „Womit du wieder mal eine feine Ausrede hast“, sagte der Profos sarkastisch. „Old Donegal hat uns alle vor Schiffbruch bewahrt. Er ist wirklich ein einsamer Held.“

      „Habe ich auch“, erklärte der Alte schlicht, „das ist schon so gut wie bewiesen. Ohne mich und die Rumbuddel würden wir mit Sicherheit als Leichen in der See treiben, und die Haie hätten uns längst gefressen und dicke Bäuche gekriegt.“

      „Mit absoluter Sicherheit“, bestätigte der Profos. „Du hast ein sagenhaftes Talent, deine Dösigkeit in eine Heldentat umzufummeln, wobei du wieder mal den glorreichen Lebensretter gespielt hast.“

      „Ich hol’ vorsichtshalber mal die Rumbuddel“, sagte Old O’Flynn eifrig. „Hauptsächlich, damit der Häuptling und seine Leute das Zeug mal kennenlernen.“

      „Wir kennen Rum“, sagte Coanabo lächelnd.

      Aber das hielt Old O’Flynn nicht davon ab, doch die Rumbuddel zu holen. Mochte ja sein, daß der Häuptling diesen Rum noch nicht kannte. Na ja, und er selbst wollte natürlich auch einen Kleinen weggluckern, sozusagen zur Feier des Tages und weil sie nicht mit der „Empress“ in die Korallen gedonnert waren.

      Als er mit einer vollen Buddel zurückkehrte, nahm der Profos sie ihm aus der Hand und grinste. Dann hielt er sie hoch und musterte sie neugierig von allen Seiten.

      „Was gibt’s da zu glotzen?“ fragte Old Donegal erstaunt.

      „Hier muß man immer in die Rumbuddel glotzen“, erklärte der Profos.

      „Und warum?“

      „Kann ja sein, daß sich da wirklich ein paar Chickcharnies eingeschlichen haben. Vor denen ist man ja bekanntlicherweise nirgendwo sicher.“

      „Du meinst wirklich?“ fragte Old O’Flynn entsetzt.

      Der Profos nickte ernsthaft.

      „Du hast ja selber welche gesehen, nachdem du kräftig die Buddel gelenzt hast. Oder nicht?“

      „Das stimmt“, sagte Old O’Flynn unsicher. „Klar, ich habe sie sogar ganz deutlich gesehen.“

      „Na also! Dann laß mal erst die anderen trinken, damit du kein Risiko eingehst.“

      Carberry reichte dem Häuptling die Flasche. Der nahm auch ungeniert einen langen Zug und leckte sich die Lippen. Dann ging die Buddel reihum weiter.

      „Daran solltet ihr bei eurem nächsten Besuch vielleicht auch denken“, sagte Coanabo lächelnd. „Bei den Spaniern half es immer gegen Schmerzen aller Art. Und falls bei uns mal jemand krank wird und der große Medizinmann nicht da ist, können wir uns solange mit dem Rum behelfen.“

      „Richtig“, sagte Old Donegal begeistert. „Eine feine Idee ist das. Deshalb bin ich auch noch nie krank gewesen.“

      „Nur öfter mal stockbesoffen“, kommentierte der Profos leise.

      „Das mußt gerade du sagen“, knurrte Old O’Flynn. „Du mußt es ja auch am besten wissen.“

      Er mußte noch eine zweite Flasche holen, denn von der ersten hatte er nichts abgekriegt, die gleich leer war.

      Inzwischen deutete der Kutscher wieder auf die Karte. Er malte ein paar kleine Kreuze auf und zeigte sie Coanabo.

      „Hier haben wir uns niedergelassen“, sagte er. „Dann wißt ihr immer, wo ihr uns finden könnt. Geniert euch nicht, falls ihr Hilfe braucht. Wir sind immer für euch da.“

      Coanabo nickte dankend. Er hatte sich die Stelle sehr gut gemerkt und würde sie auch nicht mehr vergessen.

      „Jetzt sollten wir mal langsam damit beginnen, unser Schiffchen von der Sandbank zu ziehen“, meinte Old Donegal. „Das kann noch ein hartes Stück Arbeit werden.“

      „Wir spannen alle dreizehn Kanus davor“, sagte der Häuptling, „dann wird es nicht so schwierig werden.“

      „Und wir bringen zusätzlich den Anker aus und holen ihn über die Winsch wieder ein“, sagte Martin. „Mit ein bißchen Hauruck und allen Kräften schaffen wir es bald.“

      Das war etwas später der Fall. Die Arawaks halfen fleißig mit, den Anker weit vor der „Empress“ auszubringen und in den Sand zu setzen.

      Dann wurden die Kanus vorgespannt.

      „Setzt auch gleich die Segel“, sagte Old O’Flynn. „Der Wind steht günstig, und dann kriegen wir mehr Druck.“

      Auch die Segel wurden gesetzt und ausgebaumt.

      Der Profos spuckte in die Hände, und unter Hauruckgebrüll ging es an die Arbeit. Das Ankertau straffte sich, die Männer begannen um das Spill zu traben. Gleichzeitig zogen die Kanus. Die Indianer begannen mit allen Kräften zu paddeln.

      Nach einer Weile ging ein unmerklich sanfter Ruck durch die Karavelle, und der Schiffsrumpf begann leise zu ächzen.

      „Sie bewegt sich!“ rief Philip.

      Sie bewegte sich tatsächlich, wenn auch


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