Seewölfe Paket 24. Roy Palmer

Seewölfe Paket 24 - Roy Palmer


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fragte Renke Eggens. „Wir sind ja Deutsche und haben unsere eigenen Signale, nicht wahr?“

      Jean Ribault grinste. „Klar, aber wir haben auch genug Erfahrung, um ausländische Zeichen zu verstehen. Die Dons fordern uns zum Beidrehen auf. Na, dann mal los.“

      „Die haben sonst nichts anderes zu tun“, brummte Hein Ropers, der mit Hanno Harms, dem Mann aus Hinterpommern, auf dem achteren Bereich der Kuhl stand. „Die sagen sich, na, diesen komischen Vogel mit den unbekannten Flaggen sehen wir uns mal näher an.“

      „Von mir aus“, sagte Renke Eggens lachend. „Wir sind doch harmlose Menschen.“

      Jean Ribault deutete eine Verbeugung zu Renke hin an. „Mein Herr, würden Sie bitte geruhen, das Kommando zu übernehmen?“

      „Gern, mein Herr“, erwiderte Renke. „Es wird mir eine Ehre sein.“

      „Karl, komm, wir mischen uns unters Schiffsvolk“, sagte Jean Ribault.

      Er verließ das Achterdeck, gefolgt von Karl von Hutten. Grinsend gesellten sie sich zu den Männern auf der Kuhl. Hanno Harms enterte auf einen Wink von Renke hin aufs Achterdeck. Pierre Puchan überließ ihm das Ruder und stieg ebenfalls zur Crew hinunter.

      „Na schön“, sagte Renke. „Dann wollen wir mal beidrehen, bevor sie uns einen Schuß vor den Bug setzen.“

      Kurze Zeit darauf lag die „Golden Hen“ beigedreht im Wind nur noch etwa eine Kabellänge von den spanischen Kriegsschiffen entfernt, die inzwischen ebenfalls beigedreht und die Segel aufgegeit hatten. Renke ließ eine Jakobsleiter ausbringen, dann wartete er ab.

      „Bitte sehr“, sagte er. „Wir haben nichts zu verbergen.“

      „Man zu“, brummte Hanno Harms. „Wir verlieren bloß Zeit wegen dem Kram.“

      Die Männer beobachteten, wie von der größeren Kriegsgaleone eine Jolle zu Wasser gelassen wurde. Uniformierte Männer enterten in das Boot ab – sieben Mann. Ihre Helme und Brustpanzer funkelten in der Sonne. Renke glaubte zu erkennen, daß einer von ihnen den Rang eines Teniente hatte.

      Die Jolle legte von der Bordwand der Kriegsgaleone ab. Die Riemen tauchten ein und hoben sich wieder aus dem Wasser, immer schneller. Der Teniente trieb die Soldaten zur Eile an.

      „Ein schneidiges Bürschchen“, sagte Jean Ribault. „Der weiß, was er will.“

      „Ich frage mich, was er will“, murmelte Karl von Hutten.

      „Na, er wird schon klare Anweisungen von seinem Capitán haben“, sagte Ribault. „Das fremde Schiff kontrollieren. Wenn sie sich davon überzeugt haben, daß wir keine Piraten sind, werden sie uns weitersegeln lassen.“

      Der Teniente Don José de Zavallo saß auf der achteren Ducht der Jolle und musterte aus schmalen Augen das fremde Schiff. Welche Nationalität hatte es? Auch der Kommandant hatte es nicht gewußt. Hatte man in diesen Breiten jemals einen solchen Kahn gesehen? Seiner Bauart nach hätte er durchaus auch ein spanisches Schiff sein können. Aber seine Flaggen gaben den Spaniern ein Rätsel auf.

      De Zavallo ließ mit der Jolle bei der Karavelle längsseits gehen, dann enterte er mit seinen Soldaten auf. Er trat als erster auf die Kuhl, warf dem „Schiffsvolk“ nur einen geringschätzigen Blick zu und schritt sofort auf den Niedergang des Achterdecks zu. Die Soldaten blieben am Schanzkleid der Kuhl stehen.

      Jean Ribault und Karl von Hutten tauschten heimlich einen Blick. Ja, das war ein Kerlchen, dieser Teniente! Schneidig und stramm, arrogant und blasiert. Von Hutten spürte schon jetzt, daß es Ärger mit ihm geben würde.

      De Zavallo stieg die Stufen des Niederganges hoch und trat auf dem Achterdeck auf Renke Eggens zu.

      „Willkommen an Bord der ‚Goldenen Henne‘“, sagte Renke – zuerst auf Deutsch, dann auf Spanisch. Er musterte den Spanier. Aufgeputzter Bursche, dachte er, fühlt sich mächtig stark und unerhört wichtig. „Mit wem habe ich die Ehre?“ fragte er.

      „Don José de Zavallo“, entgegnete der Teniente.

      „Renke Eggens“, sagte Renke. „Kapitän der ‚Goldenen Henne‘.“

      „Ein seltsamer Name für ein Schiff“, sagte de Zavallo schroff. Er gab sich keine Mühe, sein Mißtrauen zu verbergen.

      „Eine Anekdote gab der ‚Henne‘ ihren Namen“, erklärte Renke.

      „Eine was?“

      „Sagen wir – eine Geschichte.“

      „Aha“, sagte de Zavallo. „Woher kommen Sie? Zu welchem Land gehört Ihr Schiff?“

      „Deutschland.“

      „An der Nordsee?“

      „Deutschland an der Nord- und Ostsee“, entgegnete Renke geduldig.

      „Welcher Hafen?“ wollte de Zavallo wissen.

      „Kolberg.“

      „Kolberg? Nie gehört“, sagte der Teniente unwirsch.

      „Kolberg an der Ostsee“, erklärte Renke so ruhig wie möglich. „Ein sehr alter Hafen, der schon zu Zeiten der Hanse existierte.“

      „Von dieser Hanse ist mir nichts bekannt“, sagte de Zavallo. „Was ist Ihr Ziel, Señor Ecke?“

      „Eggens.“

      „Eckens. Welchen Hafen laufen Sie an?“

      „Havanna auf Kuba“, erwiderte Renke, obwohl er die Fragen allmählich anmaßend fand.

      „Warum Havanna?“ fragte de Zavallo.

      „Dort befindet sich das Handelshaus des deutschen Kaufherrn Arne von Manteuffel“, sagte Renke.

      De Zavallo lachte verächtlich. „Ein deutsches Handelshaus? In Havanna? Unmöglich, so was gibt es nicht!“

      „Eine Niederlassung des Stammhauses in Kolberg, zu dem wir gehören“, versuchte Renke ihm auseinanderzusetzen. „Unser Kaufherr hat sie mit der Genehmigung des Gouverneurs von Kuba, Don Antonio de Quintanilla, errichtet.“

      „In Havanna?“

      „Das sagte ich bereits.“

      „Das kann ich nicht glauben“, sagte der Teniente. „Da stimmt was nicht. Welchen Grund sollte Spanien haben, einem Deutschen so etwas zu genehmigen?“

      „Das müssen Sie schon Ihren Gouverneur fragen, Señor“, erwiderte Renke. „Ich nehme an, es hängt mit internationalen Handelsbeziehungen zusammen. Geschäfte kennen keine Grenzen, meine ich.“

      „Welche Ladung haben Sie?“ fragte Don José de Zavallo.

      „Keine. Wir wollen erst in Havanna Ladung übernehmen“, erwiderte Renke.

      „Welcher Art von Ladung?“

      „Exotische Hölzer und Spezereien.“

      „Was für Hölzer?“

      „Hölzer für den Schiffsbau“, entgegnete Renke.

      „Was will man in Deutschland mit Spezereien?“ fragte der Teniente.

      „Das gleiche wie überall, nämlich Speisen würzen“, antwortete Renke.

      „Gewürze finden nur in der spanischen Küche Verwendung“, sagte de Zavallo arrogant. „Ich habe gehört, daß nicht mal die Franzosen richtig kochen können, geschweige denn die Nordeuropäer.“

      „Sie müssen es schon uns überlassen, was wir mit den Waren tun, die wir in Havanna kaufen“, sagte Renke, dem die Galle hochstieg.

      „Ja, ja“, sagte de Zavallo, aber er schien gar nicht zuzuhören. Er schaute sich wieder um, dann trat er an die Schmuckbalustrade des Achterdecks und gab seinen Soldaten einen Wink. „Durchsucht das Schiff!“

      „Ja, Teniente“, sagten die sechs Soldaten. Dann marschierten sie


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