Seewölfe Paket 24. Roy Palmer

Seewölfe Paket 24 - Roy Palmer


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haben es geschafft.“

      Auch die Indianer brüllten ihre Freude hinaus, als sich die Karavelle vom sandigen Untergrund löste.

      Die Leinen wurden gelöst. Die Kanus verteilten sich rings um die „Empress“ wie Küken um eine Glucke.

      „Bis bald!“ rief Old O’Flynn. „Und nehmt unseren Dank. Beim nächstenmal bringen wir alles mit, was ihr braucht.“

      Coanabo stand aufrecht in dem großen Kanu und hob die Hand zum Gruß. Die anderen winkten.

      „Auch wir danken euch und freuen uns auf euren Besuch!“ rief er herüber.

      Die „Empress“ kreuzte aus der North Bight und ging auf Ostkurs.

      Die Kanus begleiteten sie bis zur See und drehten dann ab.

      Ein letztes Winken, ein paar freundliche Worte, dann trennten sie sich.

      Aber es würde keine sehr lange Trennung sein, denn alle beide hatten neue Freunde gefunden …

      ENDE

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       1.

      Der 26. April 1595 war wieder ein langweiliger Tag – wie die vergangenen Tage und Wochen: ständiger Patrouillendienst in der Floridastraße, und nie geschah etwas! Die Männer an Bord des kleinen Verbandes hatten die Nase voll. Das Bordleben war eintönig und monoton, ohne Abwechslung. Das zehrte an ihren Nerven.

      Aus drei Schiffen bestand der kleine Verband. Eine große Kriegsgaleone führte ihn als Flaggschiff an, die beiden anderen Segler waren eine etwas kleinere Galeone, ebenfalls mit drei Masten, und eine Dreimastkaravelle gut armierte Schiffe mit starken Besatzungen, die es mit jedem möglichen Gegner aufnehmen konnten.

      Doch ein Gegner zeigte sich nicht. Nur ein Konvoi spanischer Galeonen hatte in den letzten Tagen die Floridastraße passiert. Er befand sich auf dem Kurs von Havanna in die Alte Welt, eine Reise, die stets an den Bahamas vorbeiführte.

      Sonst hatten sich keine Segelschiffe gezeigt, weder Galeonen oder Karavellen anderer Länder noch Freibeuterschiffe, die entweder gar keine oder irgendwelche Phantasieflaggen führten.

      Nichts. Keine ausländischen Schnapphähne, keine Karibikpiraten, die in diesen Gewässern nach Beute suchten, nicht einmal ein paar armselige Indianer in Kanus oder Pirogen. Doch die drei Kriegsschiffe waren in Fort St. Augustine stationiert, und in St. Augustine ging man von der Ansicht aus, daß es jederzeit eine Bedrohung für den wichtigen Hafen geben konnte, den die Spanier an der Ostküste der Florida-Halbinsel erbaut hatten.

      Mit verdrossenen Mienen hockten an diesem Vormittag die Männer der Freiwache im Logis des Führungsschiffes zusammen. Einige hatten sich auf dem Rand ihrer Koje niedergelassen, die anderen bildeten auf den Planken eine Runde und vertrieben sich die Zeit mit Würfeln.

      Pedro Tores, ein großer, bärenstarker Mann von der Insel Mallorca, der schon auf vielen Schiffen vor dem Mast gefahren war, war an der Reihe. Er schüttelte die drei Würfel in den Händen, dann ließ er sie auf die Planken kullern.

      „Zweimal die drei, einmal die eins“, sagte Lombardez, sein Nebenmann.

      Lombardez war der Decksälteste, ein ruhiger und besonnener Mann. Er war seit vier Jahren in St. Augustine, hatte seither die Heimat nicht wiedergesehen.

      Männer wie Tores hingegen waren noch nicht lange in Florida. Sie gehörten zu der Verstärkung, die die Admiralität aus „zwingenden Gründen“ nach St. Augustine geschickt hatte. St. Augustine war ein wichtiger Stützpunkt und durfte auf keinen Fall dem Feind in die Hände fallen. Dieser Feind war keine fiktive Vorstellung, er hatte einen Namen: England.

      „Das seh’ ich selbst“, brummte Tores. „Mist, verdammter.“

      Der nächste Spieler nahm die Würfel auf. Er wurde von allen nur „El Rojo“ genannt, der „Rote“, wegen seiner Hautfarbe. Er stammte aus Santander im Baskenland. Sein Grinsen wirkte öde, aber auch ein wenig aufreizend. Er ließ die Würfel in seinen hohlen Händen klappern und hielt die Hände ans Ohr.

      „Diesmal schmeiß’ ich drei Sechsen“, sagte er und kicherte. „Ich spür’s.“

      „Halt keine Volksreden“, sagte Tores. „Wirf!“

      „He, was ist heute los mit dir?“ zischte El Rojo. „Hast du ’ne Spinne zum Frühstück gefressen?“

      „Der Dienst geht mir auf den Geist“, sagte Tores. „Das ist ja zum Einschlafen.“

      „Wärst du denn lieber in St. Augustine?“ fragte Lombardez. „Beim Ausschachten neuer Gräben zum Beispiel?“

      „Nein“, erwiderte Tores.

      „Siehst du, wir haben es hier viel besser“, sagte der Decksälteste. „Keine Schufterei. Ein ruhiger Posten. Ihr solltet froh sein, laßt euch das von mir gesagt sein.“

      Pedro Tores warf ihm einen feindseligen Blick zu. „Ich will dir mal was verraten, du Schlauberger. Ich bin Seemann. Ich will was erleben und nicht faul auf meinem Hintern rumhocken.“

      El Rojo hielt die Würfel immer noch in den Händen. Er lachte. „Ja, du hast recht, Mann. Wir wollen hier nicht vergammeln. Wir wollen was haben vom Leben. Wein und Rum, Bier in großen Humpen und Weiber zum Anfassen. Was ist das hier bloß für ein Scheißzustand?“

      „Ihr dürft nicht vergessen, daß wir uns an Bord eines Kriegsschiffes befinden“, sagte einer der anderen Männer.

      Tores wandte den Kopf und spuckte wütend aus. „Ich denke dauernd daran. Wir sind auf einem höllischen Kriegsschiff mit einem Kommandanten, der sich einen Dreck um die Mannschaft und seine Soldaten kümmert und alles dem elenden Teniente überläßt.“

      „Nicht so laut“, sagte Lombardez. „Er könnte es hören.“

      „Ist mir doch egal“, entgegnete Tores. „Der soll mal wagen, mir was zu sagen.“

      „Dazu hat er gar nicht das Recht“, warf El Rojo ein. „Er kann seine Seesoldaten rumkommandieren, aber nicht uns.“

      „Ihr wißt, daß es nicht so ist“, sagte ein Seemann, dem der linke Arm fehlte. „De Zavallo hat freie Hand. Er kann tun und lassen, was er will. Legt euch nicht mit ihm an.“

      Tores stieß einen verächtlichen Laut aus. „Die meisten von euch haben die Hosen voll, was? Ich möchte mal wissen, wo ihr abbleibt, wenn uns wirklich die Kanonenkugeln um die Ohren fliegen.“

      „Achte darauf, was du sagst“, warnte Lombardez. „Ich war dabei, als St. Augustine überfallen wurde.“

      „Ja, das hast du oft genug erzählt“, sagte El Rojo. „Wir können’s schon nicht mehr hören.“

      „Wer weiß, ob es alles stimmt“, sagte Tores. „Gib’s zu, du hast ganz schön übertrieben, was, Lombardez?“

      Lombardez schnitt eine ärgerliche Miene. „Denk doch, was du willst. Und macht, was ihr wollt – aber ohne mich.“ Er stand auf, ging zu seiner Koje und setzte sich auf den Rand.

      „Oh, der Herr ist beleidigt!“ El Rojo kicherte wieder. „Beim Donner, er ist empfindlich! He, man darf ihm nicht zu nahetreten!“

      „Laßt Lombardez in Ruhe, ihr beiden“, sagte der Einarmige drohend. „Und tragt nicht so dick auf. Ich habe mehr Seegefechte miterlebt als ihr. Was meint ihr, wo ich meinen Arm gelassen habe?“

      „Ja, schon gut“, sagte Pedro Tores. „Das ist auch bekannt.“

      „Zur Zeit ist es hier ruhig“, fuhr der Einarmige fort. „Aber das täuscht. Es kann ganz plötzlich anders werden. Hier finden sonst die meisten Überfälle auf spanische Schiffe statt, ob ihr’s nun glaubt oder nicht.“

      „Herrgott,


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