Seewölfe Paket 15. Roy Palmer

Seewölfe Paket 15 - Roy Palmer


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Schiffe noch besser tarnen und die Drehbassen mit gewachstem Segeltuch verkleiden zu lassen. Jeder, der uns auf See begegnet, soll denken, daß unsere Schiffe zwei schlecht armierte Kauffahrer sind.“

      „Das gehört mit zu Ihrem Plan?“

      „Ja. Es ist ein einfacher Plan, aber die simpelsten Vorhaben zeitigen oft den größten Erfolg.“

      „Sagt Ihnen das Ihre Erfahrung als Seemann?“

      „Als Seemann und als Korsar“, entgegnete der Seewolf. „Aber da wir gerade von solchen Dingen sprechen, lassen Sie mich noch eine Frage stellen. Warum haben Sie ausgerechnet Easton Terry gerufen und mir zur Seite gestellt? Keiner von uns kannte ihn vorher, wir wissen nicht, wie wir ihn einschätzen sollen.“

      Cliveden sagte mit ernster Miene: „Ohne Verstärkung können Sie, Mister Killigrew, den Kampf gegen diese Piraten niemals aufnehmen. Vielleicht sind noch zwei Schiffe zu wenig.“

      „Lassen Sie das ruhig meine Sorge sein“, sagte Hasard etwas schroffer als beabsichtigt.

      „Zwei Schiffe hätten Sie allein mit Ihren Leuten niemals ausreichend bemannen können“, fuhr Cliveden unbeirrt fort. „Von diesen Tatsachen ging ich aus, als ich in London meine Pläne zu fassen begann und die mir vorliegenden Informationen verarbeitete. Wen sollte ich zu Ihrer Unterstützung rufen? Drake? Frobisher? Cabot? Hawkins? Unmöglich. Deren große Zeit ist vorbei, sie sind keine Kämpfer mehr. Mit Drake hätten Sie sich ohnehin nicht vertragen, nicht wahr?“

      „Ihre Informationen scheinen doch umfangreicher zu sein, als ich ursprünglich angenommen habe, Lord Gerald.“

      „Es gibt genaue Dokumentationen über den Verlauf der großen Schlacht gegen die Armada“, erklärte Cliveden lächelnd. „Ich habe sehr aufmerksam darin gelesen.“

      „Sie sind ein guter Theoretiker.“

      „Aber kein Praktiker, nicht wahr? Nun, die mich als Berater umgebenden Männer in meinem neuen Amt haben mir Terry, der sich bei Raids in der Nordsee ausgezeichnet hat, wärmstens empfohlen. Ihrer Ansicht nach ist dieser Terry ein Mann der Zukunft.“

      Hasard konnte nicht anders, er mußte spöttisch grinsen. „Etwa ein Nachfolger der Seewölfe? Lord Gerald, nehmen Sie mir nicht übel, was ich sage, aber ich kann meine Natur nicht gewaltsam unterdrücken.“

      „Nur zu, heraus damit, Mister Killigrew.“

      „Ich traue Terry nicht.“

      „Trotzdem werden Sie mit ihm segeln?“

      „Ja. Ich werde mich bemühen, ihm gegenüber fair zu sein.“

      „Man spricht viel über die Fairneß des Seewolfs“, sagte Cliveden. „Ihre Ehrlichkeit und Ihr anständiges Verhalten sind schon fast sprichwörtlich. Wußten Sie das?“

      „Nein.“

      „Und es ist Ihnen auch nicht bekannt, daß Sie schon jetzt zu einer Legende geworden sind?“

      „Ich weiß nur eins“, sagte Hasard. „Ich habe die Verantwortung für das Gelingen der Mission, die vor uns liegt, und ich werde alles daransetzen, um mein Ziel zu erreichen. Sollte mir irgend jemand Knüppel zwischen die Beine werfen – ganz gleich, aus welchem Lager –, dann werde ich ihn vernichten.“

      „Ich werde mich an diese Worte zu erinnern wissen, Sir“, sagte Cliveden. „Einen besseren Mann als Sie hätten wir nicht auswählen können, soviel steht fest. Und vielleicht schließen Sie auch mit Terry Burgfrieden, vielleicht erweist er sich als brauchbarer Mitstreiter für Sie.“

      „Hoffentlich.“

      „Verraten Sie mir jetzt Ihren Plan?“

      „Ja. Morgen um diese Zeit stehen wir bereits vor der bretonischen Küste, mehr als eine Nacht brauchen wir für die Überquerung des Kanals nicht. Das heraufziehende schlechte Wetter dürfte uns, wie ich annehme, bei unserer List dienlich sein.“

      „Eine Falle?“

      „Richtig“, erwiderte Hasard. „Aber der Gegner muß glauben, daß er es ist, der die Beute in die Enge treibt. Je sicherer er sich fühlt, desto mehr Chancen haben wir, ihm gleich zu Beginn einen empfindlichen Hieb zu versetzen.“

      Sie nahmen Platz, und von jetzt an plauderten sie wie zwei gute Bekannte miteinander.

      7.

      Nachdem sich die Seewölfe auch von Doktor Freemont verabschiedet hatten und mit dem alten Ramsgate die notwendigen Vereinbarungen getroffen hatten, wurden zur Mittagsstunde die Festmacher und Trossen der „Hornet“ und der „Fidelity“ von den Pollern des abgelegenen Kais gelöst, und beide Schiffe verließen den Hafen und den Plymouth Sound, um mit zunächst westlichem Kurs an den aus Süden heranpfeifenden Wind zu gehen.

      Wolken hatten den Himmel überzogen und verdeckten in unregelmäßigen Zeitabständen die Sonne. Es wurde zunehmend kälter. Die Dünung, die die See bewegte, ging immer höher.

      In der Kapitänskammer der „Hornet“ wandte sich Lord Gerald Cliveden noch einmal an den Seewolf. Er hatte einen Blick durch die Bleiglasfenster geworfen und sagte: „Sie haben wohl recht, es wird Sturm geben. Wie viele solcher Wetter haben Sie schon erlebt, Mister Killigrew?“

      „Ich habe sie nicht gezählt. Warum interessiert Sie das?“

      „Es sind wohl die typischen Fragen einer Landratte.“

      „Ein Sturm ist in den meisten Fällen nicht so schlimm wie ein Gefecht, soviel kann ich Ihnen versichern.“

      Cliveden schnitt eine nachdenkliche Miene. „Das kann ich mir vorstellen. Werden Sie eines Tages an Land bleiben und ein Buch über Ihre Erlebnisse schreiben?“

      „Daran habe ich noch nicht gedacht“, erwiderte Hasard amüsiert. „Wirklich nicht. Ich glaube nicht, daß ich der See untreu werde.“

      „Es würde sich lohnen, solch ein Buch zu verfassen.“

      „Wissen Sie was? Das haben mir meine Söhne auch schon mal gesagt.“

      „Zwei Prachtkerle übrigens, aus denen noch einmal viel werden kann“, sagte Cliveden. „Ich nehme an, daß sie in die Fußstapfen ihres Vaters treten.“

      „Das ist noch nicht sicher.“ Der Seewolf hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. „Wer kann schon in die Zukunft blicken? Nicht einmal Old O’Flynn ist dazu in der Lage, und der sagenhafte Jonas, von dem die Fahrensleute ehrfürchtig sprechen, existiert nicht. Was die Zwillinge an Rüstzeug brauchen, das vermittle ich ihnen. Der Rest, die Entscheidung, wie sie ihr Leben gestalten, wenn sie volljährig sind, bleibt ihnen überlassen.“

      „So ist es vielleicht das beste. Ich selbst habe in dieser Beziehung Fehler begangen, die sich nicht mehr ausbügeln lassen.“

      „Sie haben selbst Kinder?“ fragte Hasard.

      „Ich hatte einen Sohn – und eine Frau, die mich liebte“, erwiderte Lord Gerald Cliveden. „Ich habe sie beide verloren. Die Schuld daran trage ich zum Teil selbst. Doch das ist eine lange Geschichte, mit der ich Sie nicht langweilen will.“

      „Sie langweilen mich nicht“, sagte der Seewolf. „Wenn Ihnen danach zumute ist, dann sprechen Sie darüber, Sir.“

      Wieder unterhielten sie sich wie zwei gute Bekannte, mehr noch, wie zwei Freunde. Cliveden erzählte aus seinem Leben, und Hasard erfuhr, wie hart das Schicksal selbst einen Mann treffen konnte, der sich eigentlich nie mutwillig in ein Abenteuer gestürzt, sondern eher ein Dasein als Biedermann und unauffälliger Bürger geführt hatte.

      Als sie sich am Nachmittag dreißig Meilen von Falmouth entfernt trennten, sagten sie sich nur noch wenig, aber Hasard bedauerte aufrichtig, daß Lord Cliveden die „Hornet“ verließ. Lieber hätte er diesen Mann mit nach Frankreich genommen, der doch überhaupt keine See-Erfahrung hatte, als Easton Terry, der im Grunde noch keinen konkreten Anlaß zu Ärger geliefert hatte.


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