Seewölfe Paket 15. Roy Palmer

Seewölfe Paket 15 - Roy Palmer


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sagte: „Lord Gerald, Sir, ich danke Ihnen für dieses Lob, aber ich möchte vor allen Dingen endlich wissen, wer die Kerle sind, die uns aufgelauert haben.“

      „Aufgelauert ist nicht ganz der richtige Ausdruck“, versetzte Cliveden. „Sie erhielten von mir den Auftrag, Sie und Ihre Leute zu finden und zu mir zu bringen, Mister Killigrew.“

      „Wie bitte? Und deshalb mußten sie wie die Gassenräuber durch den Hafen schleichen?“

      „Das war nicht beabsichtigt. Sie versuchten, Sie einzuholen, aber dann hörten Sie die Leute gar nicht erst an, sondern fielen gleich über sie her, Sir.“

      Hasard grinste plötzlich verwegen. „Tut mir leid, aber wir sind oft genug aus dem Hinterhalt überfallen worden. Sie haben da wirklich zu dem falschen Mittel gegriffen, Lord Gerald. Ich kann es den Burschen nicht verdenken, daß sie anschließend zur ‚Bloody Mary‘ gegangen sind, um sich zu revanchieren, aber sie hätten uns auch da nicht gleich wegzuschleppen brauchen.“

      „Nun“, meinte Cliveden sichtlich betrübt, „das werde ich mir für die Zukunft merken müssen. Wissen Sie, ich stehe zwar schon seit langer Zeit in Diensten des königlichen Hofes, aber ich habe bis vor einem Jahr immer nur mit inneren Angelegenheiten zu tun gehabt. Jetzt aber bin ich der Leiter des Sonderamtes für außerstaatliche und staatsgefährdende Angelegenheiten. Mit Korsaren hatte ich vorher nichts zu tun.“

      „Das merkt man“, sagte Carberry und grinste jetzt ebenfalls. „Aber man lernt ja nie aus, was, Lordschaft?“

      „O Himmel, Ed, wie treffend du das sagst“, stöhnte Dan O’Flynn.

      Ehe der Profos jedoch zu ihm herumfahren konnte, sagte Ben: „Reeves und Hoback sind also Ihre Untergebenen, Sir?“

      „Untergebene ist auch nicht ganz zutreffend“, erwiderte Cliveden. „Es handelt sich um Easton Terrys Männer. Sagt Ihnen dieser Name etwas?“

      Hasard, Ben, Ed und Dan sahen sich untereinander an, dann schüttelten sie die Köpfe.

      Der Seewolf blickte wieder zu Cliveden und fragte: „Wer ist das?“

      „Man merkt es, daß Sie schon seit längerer Zeit nicht mehr in England gewesen sind. Terry und seine Crew gehören zu den hoffnungsvollsten Männern, die die Nation in der jüngsten Zeit hervorgebracht hat. Sie sind erfahrene Seeleute und Kaperfahrer – wie Sie, Mister Killigrew.“

      „Das gibt’s doch nicht“, sagte Ben. Carberry hustete, weil ihm nichts Besseres einfiel, Dans Grinsen verschwand.

      „Lord Gerald“, sagte Hasard als einziger, der die Fassung voll bewahrte. „Kann man mit diesem Terry mal ein paar Worte wechseln? Es bedarf wohl einer Aussprache, finden Sie nicht auch?“

      „Darauf habe ich nur gewartet“, entgegnete Cliveden, dann ging er zur Tür, entriegelte sie und drückte sie auf.

      Gestalten traten ein, und im Schein des Talglichtes erkannten Hasard und seine drei Kameraden sofort, wen sie vor sich hatten – die Galgenstricke, mit denen sie sich in dieser Nacht gleich zweimal geprügelt hatten.

      5.

      Acht Männer, darunter Reeves und Ray Hoback, aber an der Spitze der Gruppe stand breitbeinig und mit dem offensichtlichen Gebaren des Anführers jener blonde Mann, der Hasard den entscheidenden Hieb verpaßt hatte. Er war groß und muskulös, hatte Narben auf der Brust sowie an den Armen und fiel durch seine grauen Augen auf, die verächtlich blitzten, und durch seinen zu einem abfälligen Lächeln verzogenen Mund.

      Carberry sog die Luft laut durch die Nase ein. Seiner Miene war zu entnehmen, was er von diesem Mann hielt. Er konnte ihn auf Anhieb nicht ausstehen, und besonders dieses Lächeln fiel ihm auf die Nerven.

      „Ganz recht“, sagte der Blonde. „Ich bin Easton Terry. Es freut mich wirklich, Sie kennenzulernen, Mister Killigrew.“

      „Ganz meinerseits“, entgegnete Hasard, und Terrys Männer lachten. Keiner traf Anstalten, einem der Seewölfe die Hand zu schütteln. Noch war das Eis nicht gebrochen, und Terrys arrogantes Verhalten trug eher dazu bei, daß die Fronten sich wieder verhärteten.

      Hasard blickte zu Cliveden. „Welche besonderen Aufgaben fallen Mister Terry und seiner glorreichen Mannschaft noch zu, Lord Gerald?“

      „Sie nehmen an der Aktion, die der Sicherheit Englands dient, teil.“

      „Ich fürchte, dann müssen Sie auf unser Mitwirken verzichten“, sagte der Seewolf kalt, und diese Worte waren Ben, Ed und Dan nun ganz aus dem Herzen gesprochen. Sie fingen an zu grinsen, während das Lächeln von Terry und dessen Begleitern allmählich zerbröckelte.

      Ehe Cliveden jedoch etwas erwidern konnte, sagte Terry: „Spaß beiseite, Mister Killigrew, wir sollten unsere kleine Meinungsverschiedenheit vergessen. Nach dem Vorfall vor der ‚Bloody Mary‘ sind wir quitt, nicht wahr?“

      „Sie haben eine sehr grobe Handschrift, Mister Terry.“

      „Und meine Leute klagen jetzt noch über Schmerzen.“

      „Sehr bedauerlich, Mister Terry, aber leider nicht zu ändern. Das nächste Mal geben Sie sich lieber gleich als das zu erkennen, was Sie sind – als Pirat.“

      Terry schien aufbrausen zu wollen, doch er fing sich sofort wieder. „Das muß ich berichtigen. Wir sind Korsaren. Wir haben auch einen Kaperbrief, der von der Königin ausgestellt worden ist – wie Sie.“

      „Gut, das lasse ich gelten.“

      „Sie sind nicht – beleidigt?“

      „So etwas gibt es bei mir nicht“, erwiderte Hasard, dann streckte er Terry die rechte Hand hin. Terry ergriff und drückte sie, sie nickten sich zu, der Streit war somit endgültig beigelegt.

      Dennoch wahrte Hasard die Distanz, denn irgend etwas an Terry gefiel ihm nicht. Mit diesem zynischen, eiskalten Mann zusammen sollte er einen Auftrag für die Königin ausführen? Kaum zu glauben.

      Hasard machte die Terry-Crew mit seinen drei Kameraden bekannt, dann nannte auch Terry die Namen seiner sieben Begleiter, die natürlich nur einen Teil der kompletten Schiffsbesatzung darstellten.

      Jerry Reeves schien der jüngste Mann von allen zu sein, trotzdem versah er die Aufgabe des Bootsmannes. Er war schlank und sehnig, hochgewachsen und offenbar in seinem Wesen forsch und entschlossen. Wie Hasard hatte er dunkle Haare und hellblaue Augen. Er war schnell und wendig, das sollten die Seewölfe später noch erfahren, seine Energie ließ nie nach, und an Bord eines Schiffes zeichnete er sich als hervorragender Kanonenschütze aus. Sein Alter schätzte Hasard auf unter dreißig Jahre.

      Ray Hoback war der Rudergänger, ein ziemlich beleibter Mann mit rosiger Gesichtsfarbe, der einen Vollbart hatte und im linken Ohr einen Ring trug.

      Die fünf anderen waren: George Baxter, Terrys Profos, ein wuchtig gebauter Mensch, nahezu kahlköpfig, mit harten blauen Augen. Er hatte ein kaltes und unnachgiebiges Wesen, wie sich noch herausstellen sollte. Er war um einiges älter als Reeves, und stellte mit diesem zusammen den wichtigsten Mann nach Terry dar. Stoker, der Decksälteste – ein affenähnlicher Mann von gedrungener Gestalt mit langen Armen und großen Händen, einer flachen Stirn und groben Wangenknochen. Mulligan – er war der Schiffszimmermann, praktisch also Ferris Tuckers Kollege. Groß, grob und ungeschlacht, mit strohblonden Haaren und einem dichten Bartgestrüpp, so stand er vor den Seewölfen. Er war, auch das sollte sich noch zeigen, eigentlich der gutmütigste von allen Männern der Terry-Crew.

      Schließlich waren da noch Halibut und Bingham. Halibut fiel durch seine platte Nase, den stumpfsinnigen Gesichtsausdruck und den strichdünnen Mund auf, er schien hinterhältig und sehr gefährlich zu sein.

      Bingham war der unscheinbarste Mann von allen, sein Name geriet bei den Seewölfen gleich wieder in Vergessenheit.

      Hasard richtete seine nächste Frage an Lord Gerald Cliveden. „Sollen wir etwa alle zusammen an Bord der ‚Hornet‘ gehen? Das dürfte ein bißchen


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