Seewölfe Paket 15. Roy Palmer

Seewölfe Paket 15 - Roy Palmer


Скачать книгу
zum Teufel, wird hier gespielt?“ fragte Ben wütend. „Wo sind die Hundesöhne? Sir, bist du das?“

      „Ja. Aber der Kampf ist vorbei, Ben.“

      „Nicht ganz. Wenn ich den Mistbock erwische, der mir dieses Ding verpaßt hat, geht es wieder von vorn los, das schwöre ich dir.“

      „Ja, Sir“, sagte Carberry mit knurrender Stimme. „Das ist mal so sicher wie das Ende der ‚Isabella VIII.‘ Wo beim Donner, steckt der blonde Burt?“

      „Ich hab keine Ahnung“, brummelte Dan O’Flynn. „Aber wir finden ihn und seine Bande noch, Ed, und wenn ich mir die Hacken bis auf die Knochen ablaufe.“

      Cliveden mußte lachen. „Gentlemen, ich versichere Ihnen hoch und heilig, daß die Initiative des Mister Burt nichts, aber auch gar nichts mit Ihrem Hiersein zu tun hat.“

      Sie fuhren alle drei zu ihm herum und sahen ihn starren Blickes an. Carberry stieß eine Verwünschung aus, weil die ruckartige Bewegung ihm fürchterliche Schmerzen in seinem Kopf einbrachte.

      „Hört mit dem Fluchen auf“, sagte der Seewolf. „Wir haben es hier mit einer echten Lordschaft zu tun. Etwas Respekt bitte, Kerls.“

      Carberry ließ wieder einen dieser Grunzlaute vernehmen, die laut Dan dem Röcheln und Rülpsen eines See-Elefanten verblüffend ähnlich waren. „Lord? O Lord, das ist ja zum Heulen!“

      „Würde mir mal jemand erklären, was hier eigentlich läuft?“ erkundigte sich Ben. „Sind wir nun niedergeschlagen worden oder nicht? Hat man uns überfallen, oder hab ich das bloß geträumt?“

      „Ich will Ihnen ja alles auseinandersetzen“, entgegnete Cliveden. „Aber zuerst müssen Sie mir versprechen, daß Sie sich beruhigen.“

      „Dafür übernehme ich die Garantie, Lord Gerald“, sagte Hasard. „Ben, Ed, Dan – reißt euch gefälligst zusammen.“

      „Aye, Sir“, murmelten die drei gleichzeitig.

      „Ben Brighton, Edwin Carberry und Donegal Daniel O’Flynn?“ fragte Lord Gerald Cliveden. „O, wundern Sie sich bitte nicht darüber, daß ich Ihre Namen kenne. Ich habe mir umfassende Informationen über die gesamte Crew der ‚Isabella‘ verschafft und weiß bestens über Sie Bescheid.“

      „Wunderbar“, sagte Hasard. „Dann ist Ihnen sicherlich auch bekannt, daß wir vier neue Männer haben: Jack Finnegan, Paddy Rogers, Roger Brighton und Mac Pellew.“

      „Nein“, sagte Cliveden verblüfft. „Das ist mir neu. Ich danke Ihnen für diesen Hinweis, Mister Killigrew.“

      „Gern geschehen. Darf ich noch mal raten? Sie sind so was wie ein Sonderbeauftragter, nicht wahr?“

      „Ja.“

      „Von wem denn?“ fragte Carberry ungeduldig. Das Gespräch zog sich für seinen Geschmack viel zu sehr in die Länge. „Von unserer guten Lissy?“

      Cliveden war hinter dem Pult hervorgetreten und näherte sich den vier Männern ohne das geringste Anzeichen von Furcht. „Wen meinen Sie mit der Lissy, Mister Carberry?“ erkundigte er sich amüsiert. „Etwa die Königin? Lassen Sie das Ihre Majestät nur nicht hören.“

      „Wir haben zu der Lissy ein ganz besonders gutes Verhältnis“, erklärte der Profos ungerührt. „Im Grunde ist sie ein Prachtmädchen, aber ich begreife nicht, warum sie uns eine Schlägertruppe auf den Hals gehetzt hat.“

      „Aber, Mister Carberry!“ stieß Cliveden entrüstet aus.

      „Ed“, sagte Hasard scharf. „Etwas mehr Respekt, bitte.“

      „Aye, Sir. Verzeihung, Eure Lordschaft.“

      „Gentlemen“, sagte Cliveden. „Ich wollte mich noch selbst bei Ihnen entschuldigen wegen dieses Mißverständnisses. Aber lassen Sie mich bitte ausreden.“

      „Wir unterbrechen Sie jetzt nicht mehr“, versicherte Hasard. „Halten Sie uns zugute, daß wir noch reichlich benommen sind. Wir müssen erst mal wieder klar sein.“

      „Ja, einverstanden“, sagte Cliveden, und jetzt lächelte er wieder. „Ich habe wohl doch den falschen Weg gewählt, um mich mit Ihnen in Verbindung zu setzen, aber im Zuge der strengen Geheimhaltung, der dieses Unternehmen unterliegt, durfte ich um keinen Preis öffentlich in Erscheinung treten. Deshalb schickte ich vorab einen Boten, der Ihnen die Pergamentrolle überbrachte, Mister Killigrew. Ich wollte sicher sein, daß Sie und Ihre Crew sich auch wirklich noch in Plymouth befanden, sobald ich hier eintraf, denn ich wurde länger als ursprünglich geplant in London aufgehalten.“ Er sah Hasard an. „Bitte, sprechen Sie doch, Mister Killigrew. Ich sehe Ihnen an, daß Sie etwas sagen wollen.“

      „Ja. Wir sollen also tatsächlich die ‚Hornet‘ übernehmen?“

      „Allerdings. Sie ist ein fast ganz neues Schiff und stammt aus Bristol. Bei der Überführung nach Brighton, wo sie den letzten Teil ihrer Armierung übernehmen soll, nachdem sie bereits in Bristol vollständig überholt wurde, bot es sich an, sie in Plymouth Zwischenstation einlegen zu lassen. Dies geschah auf meine direkte Anweisung hin, Mister Killigrew, denn ich wollte, daß Sie schon mal einen Eindruck von diesem schönen Segler erhielten – und einen Vorgeschmack auf das, was Ihnen bevorsteht.“

      „Ein Raid?“

      „So könnte man es nennen.“

      „Aber warum dieses Versteckspiel?“

      „Das habe ich Ihnen doch erklärt.“

      „Sie hätten in der Pergamentrolle wenigstens den Zeitpunkt für unser Treffen erwähnen können, dann hätten wir nicht so in der Luft gehangen.“

      Cliveden räusperte sich. „Was wäre aber gewesen, wenn man den Boten überfallen und ausgeraubt hätte? Wenn Unbefugte die Rolle gelesen hätten? In der Hoffnung, noch zusätzlich etwas zu erbeuten, hätten sie mich überfallen können.“

      „Schon gut, ich verstehe. Aber erläutern Sie uns bitte, aus welchem Grund die ‚Hornet‘ in den nächsten Tagen meinem Kommando unterstellt wird.“ Hasard sah Cliveden erwartungsvoll an. Cliveden war ihm alles andere als unsympathisch, er glaubte ihm und schenkte ihm Vertrauen. Die Aussicht, bald wieder in See gehen zu können, war auch mehr als verlockend.

      Cliveden kehrte zunächst zu dem Pult zurück, bückte sich dahinter und brachte einen Krug und ein paar Becher zum Vorschein.

      „Lassen Sie uns zunächst einen Schluck trinken“, sagte er und beschrieb eine einladende Geste. Dann begann er, die Becher zu füllen. „Keine Angst, es handelt sich um ganz normalen, leichten französischen Landwein. Den können Sie bedenkenlos trinken.“

      Ben, der Profos und Dan erhoben sich vom Boden. Sie rieben sich die schmerzenden Köpfe, massierten ein wenig die Arme und Beine und traten mit Hasard an das Pult.

      Sie tranken und setzten die Becher wieder an. Der Wein war wirklich ein guter Tropfen, kein Vergleich mit dem Zeug, das Plymson in seiner „Bloody Mary“ ausschenkte.

      Ben ergriff als erster wieder das Wort.

      „Französischer Wein, ist das ein Omen?“ fragte er. „Lord Gerald, wenn die Königin höchstpersönlich Sie schickt, muß schon etwas Schwerwiegendes vorliegen. Was denn? Krieg mit Frankreich?“

      „Nicht ganz“, erwiderte Cliveden. „Aber es muß aller Wahrscheinlichkeit nach gekämpft werden – und Sie, Gentlemen, haben heute nacht schon zur Genüge bewiesen, daß Sie genau die richtigen Männer für das geplante Unternehmen sind.“

      „Nicht ganz“, sagte Hasard. „Wir haben allerlei einstecken müssen, und zuletzt hat man uns überwältigt und entführt. Finden Sie das sehr rühmlich?“

      Cliveden nickte. „Allerdings, denn ich sehe die Ereignisse in ihrem vollständigen Zusammenhang. Der Seewolf ist noch genauso kühn wie früher, mutiger als Drake sogar, und daher war es kein Fehler, Sie auszuwählen. England kann stolz auf Männer wie Sie sein.“


Скачать книгу