Unerschütterlich im Glauben. Fulton J. Sheen
der ich gerne gewesen wäre.«
Aber ich weiß, dass zur Antwort auf diese Frage noch mehr gehört. Wenn Sie ein Gemälde bei Kerzenlicht betrachten, bleiben die Unvollkommenheiten verborgen. Wenn Sie es aber dem vollen Sonnenlicht aussetzen, sehen Sie, wie schlecht die Farben gewählt, wie plump die Linien gezogen sind. Ebenso verhält es sich, wenn wir uns selbst an Gott messen – wir bleiben unendlich weit hinter den Erwartungen zurück. Wenn wir uns mit den vielen vergleichen, die uns inspiriert haben, dann empfinden wir ein tiefes Gefühl von Unwürdigkeit. Doch hinter alldem und trotz alldem gibt es das überwältigende Bewusstsein von der Barmherzigkeit Gottes. Er hat nicht Engel zu Priestern berufen, sondern Menschen. Er hat nicht Gold als Material für das Gefäß gewählt, in das er seinen Schatz gelegt hat, sondern Ton. Die bunte Schar der Apostel, die er um sich versammelte, war aufgrund seiner Barmherzigkeit und seines Erbarmens seiner würdig.
Ich weiß, dass ich keine Angst habe, vor ihn zu treten. Und zwar nicht, weil ich würdig wäre, auch nicht, weil ich ihn innigst geliebt habe, sondern weil er mich geliebt hat. Das ist der einzige Grund, aus dem heraus jeder Einzelne von uns wirklich liebenswert ist. Wenn der Herr uns seine Liebe schenkt, dann werden wir liebenswert.
14 Die unerbittlichen Angriffen auf den katholischen Glauben durch das, was Johannes Paul II. »die Kultur des Todes« nannte, ausgesetzt sind (Anm. d. V.).
4. Die Zeit nach dem Studium
Nach meiner Rückkehr aus Europa als Reaktion auf den »Komm nach Hause«-Brief meines Bischofs wurde ich in einer Pfarrgemeinde eingesetzt, in der die Straßen in jenem Teil der Stadt nicht gepflastert waren, der als »Unteres Ende« bezeichnet wurde, und aus dem die Bessergestellten in andere Stadtteile weggezogen waren. Pfarrer Patrick Culleton war ein wahrer Gottesmann. Ich begann, einen Kurs in der Fastenzeit zu geben, und diese arme Kirche, auf die die anderen Gemeinden oben auf dem Hügel herabsahen, füllte sich bald mit Menschen. Einige Priester verboten später ihren Gemeindemitgliedern, ins »Untere Ende« zu gehen, »wo dieser junge Priester predigt. Bleibt in eurer eigenen Pfarrgemeinde.«
Soweit ich es beurteilen konnte, sollte nun mein Leben so aussehen. Ich war intellektuell veranlagt, liebte die Lehrtätigkeit, jetzt aber war ich Mitarbeiter in einer Gemeinde. In den Zeitungen erschienen Artikel gegen den Bischof. »Warum verschwendet er ein derartiges Talent? Nachdem Geld dafür ausgegeben wurde, einen Mann auszubilden, warum steckt man ihn in ›eine solche Gemeinde‹?« Ich bat meine Eltern, nie in Gesprächen Partei gegen den Bischof zu ergreifen. Ich beklagte mich nie, und ich kann aus ganzem Herzen versichern, dass das für mich der Wille Gottes war. Ich sollte meinen Wunsch nach einer intellektueller ausgerichteten Berufung vergessen und mich damit zufriedengeben, Kaplan zu sein. Das verschaffte mir großen Seelenfrieden. Es war für mich als junger Priester die erste Prüfung meines Gehorsams. Der Wille Gottes kam durch den Bischof als Nachfolger der Apostel zum Ausdruck und das genügte mir. Ich begann, im Beichtstuhl die Beichtenden zu bitten, täglich die heilige Messe zu besuchen, und stellte glücklicherweise fest, dass die Zahl der Gläubigen an der Kommunionbank sich von vier auf neunzig erhöhte. Eine Erneuerung der Pfarrgemeinde fand statt, und ich war glücklich darüber. Nach ungefähr einem Jahr rief mich der Bischof an: »Vor drei Jahren habe ich Bischof Shahan von der Katholischen Universität von Amerika versprochen, dass Sie Mitglied der Fakultät werden.« Ich fragte: »Warum ließen Sie mich nicht dorthin gehen, als ich aus Europa zurückkam?« – »Weil Sie dort so viel Erfolg hatten, wollte ich einfach sehen, ob Sie gehorsam sind. Also machen Sie sich jetzt davon. Sie haben meinen Segen.«
Ich wurde an die Theologische Fakultät der Katholischen Universität von Amerika in Washington berufen und dem Lehrstuhl für Apologetik zugeteilt. Der Ruf ging von Bischof Shahan aus, dem brillanten, begabten, heiligmäßigen Rektor der Universität. Am Ende des zweiten Jahres lud Bischof Shahan die Theologische Fakultät zu einer Besprechung ein. Wichtig für das Verständnis der Geschichte ist der Umstand, dass Bischof Shahan schwerhörig war. Er benutzte ein kleines Hörrohr, um Unterhaltungen folgen zu können, die in seiner Nähe stattfanden. Bei der Diskussion ging es um die Frage, ob das Graduiertenkolleg der Theologischen Fakultät, das es damals an der Universität bereits gab, eine Einrichtung für das Grundstudium eröffnen und Seminaristen aufnehmen sollte. Die Maßnahme wurde damit begründet, dass das Graduiertenkolleg der Theologischen Fakultät nur wenige Doktoranden hatte. Man ging davon aus, dass die Professoren nicht genügend ausgelastet und herausgefordert seien. Um das zu ändern, sollte diese Einrichtung für das Grundstudium verschiedene Kurse für Seminaristen anbieten.
Bevor wir zur Konferenz gingen, brachte fast jeder Professor Einwände gegen eine solche Idee vor. Aber das geschah, bevor wir an der Konferenz teilnahmen. Als der Bischof den Vorschlag vorgebracht hatte, streckte er der Reihe nach jedem Professor sein Hörrohr entgegen, um dessen Meinung zu erfahren. Zu meiner Überraschung stimmten alle dem Vorschlag des Bischofs zu.
Auf der Rückreise von Europa an Bord der SS Normandie, Juni 1936 (Fulton J. Sheen Archiv).
Da ich der jüngste Professor war, wurde ich zuletzt gefragt. Ich nahm das Hörrohr des Bischofs und sagte zu ihm: »Exzellenz, scheinbar soll das Niveau der Universität gesenkt werden, um der momentanen Situation gerecht zu werden, anstatt die Universität auf ein höheres Niveau zu bringen in Bezug auf das Graduiertenkolleg. Warum verbessern wir nicht das Niveau der Lehre am Graduiertenkolleg? Dann werden die Bischöfe aus dem ganzen Land ihre Priester hierherschicken.«
Ich saß am unteren Ende des Tisches, an dem auch der Bischof saß. Er nahm sein Hörrohr ab, rollte es auf wie eine zusammengerollte Schlange und stieß es über die ganze Länge des Tisches zu mir hinunter. Dann stand er auf und sagte mit gerötetem Gesicht: »Wenn ich an diese Universität keine Professoren bekommen kann, die mit meiner Meinung übereinstimmen, dann entlasse ich sie und hole mir Professoren, die mir zustimmen.« Und er verließ den Raum.
Die anderen Professoren kamen anschließend zu mir und sagten: »Nun, Sie haben sich jetzt selbst extrem geschadet. Erst seit einem Jahr sind Sie hier an der Universität und schon sind Sie zu einem Ausgestoßenen geworden.« Ich war äußerst besorgt, setzte die Vorlesungen die nächsten ein oder zwei Wochen lang fort, ohne von Bischof Shahan etwas zu hören. Eines Tages, als ich über den Rasen zu meiner nächsten Vorlesung ging, fuhr der Bischof in seinem Auto vorbei. Er hielt an und forderte mich auf, neben ihm Platz zu nehmen. Aber er sagte nichts. Er bedeutete mir, ihm in sein Büro zu folgen. Wir gingen in den zweiten Stock des McMahon Hörsaals hinauf, dann ging er in das Schlafzimmer, wo er seine Soutane, sein Brustkreuz und das Zingulum anlegte und seinen Pileolus aufsetzte. Anschließend kam er heraus und nahm auf einem Stuhl Platz.
Dann sagte er zu mir: »Knien Sie nieder, junger Mann.« Ich kniete vor ihm nieder, und er legte mir die Hände auf den Kopf und sagte: »Junger Mann, diese Universität hat in den letzten Jahren niemanden in ihre Reihen aufgenommen, dem es bestimmt wäre, mehr Licht und Glanz in ihr zu verbreiten als Sie. Gott segne Sie.«
An der Theologischen Fakultät gab es auch weiterhin Probleme, eines davon hatte mit dem neuen Rektor, Bischof James H. Ryan, dem Nachfolger von Bischof Shahan, zu tun. Der berühmte John A. Ryan, der so viel über soziale Gerechtigkeit geschrieben hatte, war damals Professor für Moraltheologie an der Universität. Er wollte Dr. Haas als Nachfolger an seinem Lehrstuhl bestimmen, der später Bischof wurde. Bischof Ryan führte den Vorsitz bei der Versammlung. Er sagte, es sei seine Pflicht, das Niveau der Universität zu erhalten. Dr. Haas hatte an der Universität in Philosophie promoviert, Bischof Ryan bestand jedoch darauf, dass die Professoren der Theologischen Fakultät ein Doktorat in Theologie erworben haben mussten, um den akademischen Anforderungen gerecht zu werden. Wenn Dr. Haas somit nach Rom gehen würde, um eine Abschlussarbeit in Theologie vorzulegen und dort promoviert zu werden, würde Bischof Ryan seinem Ruf an die Theologische Fakultät zustimmen.
Dr. John A. Ryan stimmte dem Vorschlag, Dr. Haas zur Promotion nach Rom zu senden, bevor er an die Theologische Fakultät berufen wurde, nicht