Unerschütterlich im Glauben. Fulton J. Sheen

Unerschütterlich im Glauben - Fulton J. Sheen


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ein Schreiben gegen Ryan, den Rektor. Kopien dieses Briefs wurden an mehrere Bischöfe und an Mitglieder des Kuratoriums gesandt. Bevor das Schreiben versandt wurde, erhielt jeder Professor der Theologischen Fakultät die Aufforderung, es zu unterzeichnen. Ich weigerte mich. Ich hielt es für unfair, eine Beschwerde über den Rektor der Universität an die Bischöfe zu senden, bevor er selbst angehört worden war. Ich schlug vor: »Warum können wir nicht, bevor wir den Brief versenden, ein Gespräch mit dem Rektor vereinbaren, bei dem ihm die Vorwürfe zur Kenntnis gebracht werden, die Sie formuliert haben, und ihm die Möglichkeit geben, darauf zu reagieren? Wenn er das nicht kann, dann versenden Sie den Brief, allerdings werde ich das Dokument nicht unterzeichnen, ohne dass Sie James H. Ryan die Möglichkeit gegeben haben, Rede und Antwort zu stehen.«

      Am nächsten Tag hing am Schwarzen Brett der Theologischen Fakultät ein Aushang, dass sämtliche Seminare von Dr. Fulton J. Sheen an der Theologischen Fakultät ausgesetzt wurden. James H. Ryan, der Rektor, kannte den Grund – dass ich ihn nämlich verteidigt hatte. Er versetzte mich daraufhin an die Philosophische Fakultät, wo ich dann mehr als zwanzig Jahre lang lehrte.

      In den Sommermonaten, die auf diesen Zwischenfall folgten, reiste ich nach Rom und war eines Abends zum Abendessen bei Kardinal Pacelli, dem späteren Papst Pius XII., eingeladen. Er war damals Kardinalstaatssekretär. Am nächsten Morgen besuchte ich ihn in seinem Büro. Er sagte zu mir: »Bitte erzählen Sie mir, was Sie über die Universität wissen und über die Opposition gegen den Rektor, James H. Ryan.« Ich antwortete: »Eminenz, bitte erlassen Sie es mir, einen Kommentar über die Universität und ihren Rektor abzugeben.« Daraufhin ließ der Kardinal das Thema fallen und zog aus einem Stapel mehrere deutsche Zeitungen heraus, die er vorzulesen und zu übersetzen begann. Über eine Stunde lang äußerte er sich mit beträchtlicher Heftigkeit gegen Hitler und den Nationalsozialismus.

      Als ich nach einer Stunde das Büro des Kardinalstaatssekretärs verließ, wartete draußen kein anderer als Rektor James H. Ryan. Er fragte einen der Anwesenden nach dem Namen der Person, in deren Gesellschaft der Kardinalstaatssekretär eine solch lange Zeit verbracht hatte. Man sagte ihm, es sei Msgr. Fulton J. Sheen gewesen.

      Was glauben Sie, musste wohl James H. Ryan gedacht haben, als er einige Zeit später von seiner geliebten Universität in das Erzbistum Omaha versetzt wurde? Hatte jemand in Rom sich negativ über ihn geäußert? Das musste ja dann wohl der Professor gewesen sein, der über eine Stunde lang mit dem Kardinalstaatssekretär gesprochen hatte. Bei Gott beteuere ich, dass ich mit Kardinal Pacelli nie über die Universität oder über Bischof Ryan gesprochen hatte, doch die Geschichte, dass ich es getan hätte, machte die Runde. Das Gerücht verbreitete sich so weit, dass Erzbischof McNicholas von Cincinnati später, als mein Name als möglicher Universitätsrektor fiel, dazu meinte: »Ich würde Sheen nicht einmal die Leitung einer Hundehütte anvertrauen.« Er war so erbittert wegen meines angeblichen unfairen Verhaltens gegenüber Bischof James H. Ryan, dass er beim Nationalen Eucharistischen Kongress in Cleveland, bei dem als Sprecher Mr Scott aus Los Angeles, Gouverneur Al Smith und ich auftraten, aufstand – er hatte mit uns in der Second Base15 des Stadions gesessen –, quer über das Innenfeld ging und das Baseballstadion verließ, um sich meine Rede nicht anhören zu müssen.

      Ich wusste, dass er immer der Meinung war, ich hätte dem Rektor großes Unrecht zugefügt, indem ich mich bei Kardinal Pacelli über ihn beklagt hätte. Da ich jedoch ein reines Gewissen hatte, machte ich es mir zur Angewohnheit, Erzbischof McNicholas jedes Jahr einen Besuch abzustatten, wenn ich in Cincinnati Vorlesungen hielt. Er begrüßte mich immer herzlich, und jedes Gespräch endete, wie es unter Priestern üblich sein sollte. Das war allerdings nicht das einzige Zwischenspiel in den langen Jahren, in denen ich lehrte und Vorlesungen hielt.

      15 Die Second Base oder 2B ist die zweite Station auf dem Baseballfeld, die ein Runner berühren muss, um einen Punkt zu erzielen (Anm. d. V.).

       5. Lehrtätigkeit und Vorträge

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      Mehr als 25 Jahre lang war ich als Lehrender tätig. Diese Laufbahn begann nicht erst, als ich an die Theologische Fakultät der Katholischen Universität von Amerika berufen wurde, sondern bereits in England, als ich gebeten wurde, am Priesterseminar der Erzdiözese Westminster, dem St. Edmund’s College in Ware, Theologie zu lehren. Gleichzeitig arbeitete ich für meine Zulassung als außerordentlicher Professor an der Katholischen Universität Löwen. Ich sollte meine Lehrtätigkeit im Fach Dogmatik beginnen, obwohl mein Fachgebiet die Philosophie war. Obwohl ich viele Vorlesungen in Theologie an der Katholischen Universität Löwen und später am Angelicum und an der Gregoriana in Rom belegt hatte, war ich doch im wahrsten Sinne des Wortes ein Anfänger.

      Einer meiner Freunde und ein hochgeschätzter Kollege von mir war der Priester Ronald Knox, der zum katholischen Glauben konvertiert und dessen Vater der anglikanische Erzbischof von Birmingham war. Er war ein Oxford-Absolvent und lehrte Heilige Schrift und Griechisch am Seminar. Später übersetzte er die gesamte Bibel aus dem Hebräischen und Griechischen ins Englische. Ein weiterer Kollege war Dr. Messenger, der mit mir in Löwen studiert hatte und in einem Frauenkloster ungefähr drei Kilometer vom Seminar entfernt lebte.

      Jeden Tag verfasste Ronald Knox für seine Studenten ein lateinisches Gedicht, das die Ereignisse des Vortags thematisierte. Ein Zwischenfall, der ihm reiches Potenzial bot, war die Explosion der »Starlight«-Anlage im Seminar. Es handelte sich dabei um eine Art Leuchtgas, das in den geräumigen Toiletten gelagert wurde. Starlight-Gas pflegte in unsere Butter und unser Brot einzudringen, sodass wir es ständig zu uns nahmen. Von allen Nächten, an denen die Starlight-Anlage in einem englischen Priesterseminar in die Luft gehen sollte, wurde von den Starlight-Göttern die Nacht zum St.-Patrick’s-Tag gewählt. Wir hörten in der Nacht die Explosion. Als wir am St.-Patrick’s-Tag aus dem Fenster sahen, entdeckten wir, dass der Rasen des Seminars mit Toilettenschüsseln übersät war. Knox verfasste darüber ein brillantes Gedicht, doch der letzte Vers ärgerte Dr. Messenger besonders: Fragorem nuntius audivit (»Der Bote [im Englischen ›messenger‹] hörte die Explosion«).

      Ich steckte viel Arbeit in die Vorbereitung der Vorlesungen, die ich für die Studenten im vierten Jahr hielt. An jenem Tag sollte die Vorlesung mit dem Titel »Theandrische Handlungen« stattfinden. Eine theandrische Handlung ist eine Handlung, in welcher sowohl die göttliche als auch die menschliche Natur unseres Herrn beteiligt ist. Ein Beispiel wäre, dass er Staub nahm, ihn mit Speichel vermischte, ihn auf die Augen des Blinden auftrug und diesen so heilte. Allerdings wird kein theologisches Thema dieser Art den Studenten so klar vermittelt, denn das Geschäft eines Professors besteht darin, die einfachen, gewöhnlichen Dinge des Lebens kompliziert darzustellen!

      Ich verbrachte Stunden mit der Lektüre von Bonaventura, Thomas von Aquin, Suárez, Billot und anderen Theologen. Als ich den Seminarraum betrat, hätte ich eine theandrische Handlung nicht einmal dann erkannt, wenn sie sich vor meinen Augen abgespielt hätte, so verwirrend fand ich das Thema – trotzdem hielt ich eine Stunde lang eine Vorlesung. Beim Verlassen des Seminarraums hörte ich, wie ein Diakon zu einem anderen sagte: »Also Dr. Sheen ist ein ganz außerordentlicher Dozent, ganz außerordentlich.« Ich fragte ihn: »Was habe ich denn gesagt?« Und in tadellosem britischem Akzent gab er kurz zurück: »Ich weiß nicht recht.« Und ich antwortete: »Ich auch nicht.« An jenem Tag erfuhr ich, dass man manchmal, wenn man verwirrt ist, fälschlicherweise für gelehrt gehalten wird.

      Fünf Jahre später traf ich einen ehemaligen Studenten des St. Edmund’s College, der jetzt als Priester in der Diözese Manchester tätig war. Er erkundigte sich danach, was ich jetzt mache. Als ich ihm sagte, dass ich jetzt an der Katholischen Universität von Amerika in Washington lehre, dachte er kurz nach und sagte: »Ich hoffe, dass Sie jetzt ein besserer Lehrer sind als damals.« Aber vielleicht kann zu meinen Gunsten gesagt werden, dass ich mein didaktisches Potenzial erst an den Engländern ausprobierte, bevor ich es bei meinen amerikanischen Landsleuten einsetzte.

      Als ich die Bedingungen für den Grad des außerordentlichen Professors von Löwen erfüllt hatte, stattete ich Kardinal Mercier einen Besuch ab. »Eminenz,


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