EINSICHT in UNerhörtes. Dr. Manfred Nelting
Internet so agieren, dass sie andere Teilnehmer gezielt emotional provozieren und damit Schaden anrichten und Vertrauen zerstören in Social-Media-Communities. Sie werden aber auch gezielt eingesetzt, um Verwirrung zu stiften. Das kann in seltenen Fällen z. B. bei der Cyberabwehr auch positive Bedeutung haben, indem kriminelle Vorhaben in der Kommunikation der kriminellen Teilnehmer durcheinanderkommen und so im Sande verlaufen können.
Menschen, die auf einfache Lösungen im Internet und den dort zugesandten News hoffen, durchschauen diese negativen Einflussnahmen im Netz meist nicht mehr, weil diese in der Regel algorithmisch kontrolliert, ja der Bestätigung ihrer Meinung dienen. Menschen müssen diese Dinge kennen und mit ihnen sehr wachsam umgehen, um persönlich oder im Unternehmen keinen Schaden zu erleiden.
Wozu News?
Es braucht also eine andere Lösung für Menschen, die ihre Elternschaft ernst nehmen wollen und Wege in der Informationsflut suchen, die wirklichen Schutz vor solcher Überflutung bieten.
Es beginnt mit der Frage: Wofür braucht man News?
News sind in der Regel irrelevante Daten ohne echten Kontext. Die News untereinander stehen ohne jeden Belang nebeneinander herum. Und sie sind für meine Lebensführung in der Regel völlig unbedeutend, für jetzt gerade und überhaupt.
Eine Kostprobe v. 10.8.2020 aus den „Zeit“-online-News:
•Ausbildung in der Corona-Krise: Portal eröffnet,
•Bayern startet Barca-Vorbereitung,
•Weinlese startet früh,
•Lauenau muss weiter Wasser sparen,
•Vettels Fatalismus: „Kann nicht schlimmer werden“,
•Kritik an Gratistests für Urlauber aus Risikogebieten wächst,
•SPD macht Vizekanzler Scholz zum Kanzlerkandidaten,
•Aida Cruises legt wieder ab,
•Seniorin gesteht Tötung eines siebenjährigen Kindes,
•Kosmischer Staub verglüht am Himmel,
•Neue Hauptdarstellerinnen bei den „Roten Rosen“,
•Mehrheit legt keinen Wert auf Sommer-Dresscode im Job,
•Maas drängt auf Reformen im Libanon,
•Dürre: „Wo ist mein Wasser?“,
•Tyson-Comeback offenbar auf November verschoben.
Dass Bayern München sich vor dem Barca-Spiel vorbereitet, wird Sie nicht überraschen, dass Scholz Kanzlerkandidat der SPD wird, wussten Sie schon oder hätten Sie noch rechtzeitig vor den Bundestagswahlen 2021 erfahren, Maas ist bekanntermaßen nicht der Erste, der im Libanon auf Reformen drängt, aber wie will er das denn machen? Das steht da nicht, usw.
Sie sehen also, wenn sie das alles nicht gelesen hätten und das hat ja noch „Niveau“, dann würde sich Ihr Tag wohl nicht wesentlich ändern.
Ach ja, es fehlt ja noch der DAX! Sagen Sie mal, was Sie fühlen, wenn er mit Schwung abschließt und was, wenn er im Minus ist. Müssen Sie das wissen für Ihren Tag heute? Macht Sie das heiter oder deprimiert? Das Letztere wäre zumindest schade!
Einmal am Tag Radio-Nachrichten, einmal in der Woche eine Sonntags-Zeitung (wobei man die auch mal wechseln kann), einmal im Monat ein gutes Sachbuch, öfter mal mit Freunden und Nachbarn sprechen, das würde reichen, um die wichtigsten Daten und Kontext-Ideen zu erhalten, die für Ihr Leben bedeutsam sein könnten. Dann haben Ideen auch Zeit zu reifen und man kann konkret und selbstaktiv weitere Informationen dafür sammeln.
Rolf Dobelli schlägt vor, die Informationsflut zu meistern, indem man konsequent auf sämtliche News-Angebote für immer verzichtet. Sein Buch „Die Kunst des digitalen Lebens“ handelt davon, hochinteressant!
Des Weiteren kann man Informationen unterscheiden lernen. Das heißt u. a. Nachricht von Meinung und Manipulation, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, so die Informationsmenge zu begrenzen und Nachrichten mit einer klaren inneren Haltung und vegetativer Ruhe, ohne emotionales Einrasten bei Resonanz, auf Glaubwürdigkeit zu überprüfen, dabei eine innere Klarheit zu entwickeln für das, was man selbst wichtig nennen könnte.
Um solche Wege muss man sich bemühen, sie werden nicht frei Haus geliefert. Und sie erfordern Zeit. Sie wachsen und werden deutlicher und einfacher bei einem Lebensstil in dem Lebenspflege stattfindet. Denn mit einer inneren vegetativen Balance, in TCM-Terminologie würden wir von innerer Mitte und Neutralität sprechen, denkt man anders, kreativer, kooperativer und liebevoller (siehe Kapitel 1, S. 75ff). Eine solche innere Referenz ermöglicht, Haltungen hinter Nachrichten wahrzunehmen und somit Ausgewogenheit oder aber Manipulation zu spüren. Ein klares inneres Körpergefühl ist dafür Voraussetzung und enttarnt dann Fake News oft durch ein mulmiges Gefühl bzw. die Absurdität eines eventuell mitgelieferten Kontextes. Das geht aber nur, wenn man die Flut der News geeignet für sich begrenzt.
Wie erreicht man das? In Kurzform: Zeit haben, News abbestellen, gut und ausreichend schlafen, z. B. regelmäßig QiGong üben, Menschen begegnen. Das ist das Thema von Kapitel 5, Gestaltung. Dort werden wir das intensiv weiterbesprechen.
2.1.6 Stress durch Angst: z. B. die Corona-Pandemie
Wir leben in einer Welt, die schwer zu verstehen ist. Und niemand kann im Voraus sagen, was wohl als Nächstes passieren wird. Selbst Zukunftsforschern gelingt das in der Regel nicht mehr gut, sie sind selbst oft überrascht von der näheren Zukunft. Die Klima-Problematik war lange nicht wirklich zu spüren in Deutschland, eine Erderwärmung von zwei Grad oder aber drei Grad ist als Unterschied heute nicht wahrnehmbar, sondern wird an Folgeszenarien durchgespielt, die noch recht weit weg scheinen. Eine Angst vor einer Klimakatastrophe lässt sich insofern aktuell noch ganz gut verdrängen, was zwar fatal ist, weil jetzt gehandelt werden müsste, aber noch gelingt. Doch eine Angst zu verdrängen heißt nicht, sie zu meistern, sie wirkt sich physiologisch aus und erzeugt trotzdem Stress.
In der Salutogenese, der Lehre von dem, was für die Gesundheit wichtig ist, ist die Durchschaubarkeit und Erklärbarkeit der Welt ein wichtiger Faktor für Gesundheit. Dieser Faktor geht den Menschen zunehmend verloren, weil ein Wandel ansteht, aber die politischen Autoritäten nicht davon reden, was dieser Wandel anfordert. Das machte die Welt nebulös und unsicher, schon vor der Corona-Pandemie.
In der Corona-Krise konnte man jetzt zwar kurzfristig das öffentliche Leben anhalten, aber die Autoritäten, Wissenschaftler, Ärzte, Politiker kennen das Virus auch nicht bzw. müssen es erst einmal kennenlernen. Ein a priori richtiges Vorgehen gibt es nicht, wird aber erwartet, weil es früher so etwas zu geben schien. Wir erheben sozusagen Anspruch auf wissende Autoritäten und sind nicht nur enttäuscht, dass es sie nun nicht gibt, sondern kommen ohne funktionierende Experten leicht in Hilflosigkeit und Angst. Wir haben also tiefe existenzielle Ängste, zusammen mit konkreten Ängsten, teilweise die finanzielle Existenz vernichtenden Bedrohungen. Das verursacht ungeheuren Stress und versetzt das Vegetativum vieler Menschen in eine anhaltende sympathikotone Reaktionshaltung. Da niemand eindeutig sagen kann, wie es weitergeht, sind reaktiv Krankheitsentwicklungen, insbesondere auf dem Boden des schon vorbestehenden Stresslevels an der Tagesordnung. Was ist jetzt zu tun?
Die Einstellung der Gesellschaft und des Einzelnen zum schon stattfindenden Wandel muss in den zentralen Fokus rücken. Jeder Mensch kann seinen Lebensstil so ändern, dass sein Immunsystem davon profitiert und Politik muss die ganze in der Corona-Krise offensichtlich gewordene, aber schon vorbestehende Unordnung und Ungereimtheit unseres Lebens hier in Deutschland