Warrior & Peace. Stella A. Tack

Warrior & Peace - Stella A. Tack


Скачать книгу
so schnell den Raum, dass es an Rennen grenzte. Die anderen hielten in ihrer Diskussion inne und starrten ihn an, als hätte er nicht mehr alle Tassen im Schrank. Peace ignorierte sie alle und riss mich noch im Laufen so stürmisch in seine Arme, dass mir die Luft aus der Lunge wich.

      »Warrior, ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht!«, raunte er mir ins Haar. Seine Arme schlossen sich so fest um mich, als wollte er mich in sich hineindrücken. Ich pfffte überrascht.

      Peace’ Schultern bebten. Seine Nase hatte er an meiner Schulter vergraben. Seine Nähe in Kombination mit seinem Geruch war dermaßen intensiv, dass ich selbst nicht anders konnte, als meine durchscheinenden Hände in sein T-Shirt zu krallen und mich an ihm festzuklammern. »Ich bin in den letzten Stunden tausende Tode gestorben«, flüsterte er und zwang mich, ihm ins Gesicht zu sehen. Ich schauderte ob des blanken Horrors, den ich in seinem Ausdruck erkannte. So viel Emotion hatte ich noch nie aus ihm hervorbrechen sehen. Als würden die silbernen Spiegel in einem dunklen Sturm untergehen.

      »Äh … warum befummelt der Boss Luft?« Charmings verwirrte Frage holte uns ruckartig aus der Versunkenheit. Ich zuckte zusammen, doch Peace presste mich fester an sich und wandte das Gesicht den perplex guckenden Göttern zu.

      »Warrior ist hier!«, unterrichtete er sie knapp. Ich fühlte seinen hektischen Herzschlag an meiner Wange.

      »Wo?«, fragte Bizarre ebenso verwirrt, der neben Charming auf einem Stuhl lümmelte und die Beine gegen die Tischkante stemmte.

      »Ich nehme an, da, wo er die Luft gegrapscht hat«, mutmaßte Shame trocken, die skeptisch in meine Richtung starrte, als könnte sie mich sehen. Ich schauderte erneut.

      Peace ignorierte sie, umfasste mein Gesicht mit den Händen und musterte mich eindringlich. »Wie geht es dir? Haben sie dir etwas angetan? Wo bist du? Was hat Virus zu dir gesagt? Kannst du wieder reden?«, schoss er seine Fragen auf mich ab.

      Ich schnalzte warnend mit der Zunge und zwickte ihn am Unterarm, bis er endlich lockerließ. Schließlich schüttelte ich den Kopf.

      »Was?«, fragte er, packte mich an den Schultern und schüttelte mich hektisch. »Was, nein, Frau? Sag was! Ich sterbe hier vor Angst um dich!«

      »Jetzt werde mal nicht melodramatisch, vorhin ging es dir prächtig«, schnaubte Shame, während Bizarre und der Rest immer noch blöd aus der Wäsche guckte.

      »Ich verstehe es nicht!«, wandte Bizarre ein.

      O, die ganz in der Ecke stand und einen zitternden Pflanzen-Busch streichelte, seufzte tief. Ihre milchigen Augen sahen wirrer aus, als ich sie in Erinnerung hatte. Tiefe Ringe zogen sich darunter entlang und sie hatte Falten um den Mund. »Was gibt es da nicht zu verstehen, Bizarre? Warriors und Peace’ Seelen sind miteinander verbunden. Ja, schnaub nicht, Shame. Ist so! Find dich damit ab. Es liegt in ihrer Natur, seine Nähe zu suchen. Egal, wo er oder sie sich körperlich befinden. Peace’ Seele würde das Gleiche tun, wenn er denn eine hätte.«

      »Kannst du sprechen?«, hakte Peace erneut nach, ohne dem Rummel um uns herum Beachtung zu schenken.

      »Geht es ihr gut?«, fragte Charming und sprang auf die Füße. Dabei rang er die Hände. »Wie sieht sie aus? Unterernährt? Bekommt sie genug Ambrosia? Peace, sag ihr, dass sie als Gott-Küken mindestens einmal pro Tag Ambrosia trinken muss!«

      »Sie sieht nicht unterernährt aus!«

      »Sicher? Zähl ihre Rippen.«

      »Was haben denn die damit zu tun?«

      »Wenn sie rausstechen, ist sie unterernährt. Sie muss essen, sag ihr das!«

      »Sie kann dich hören.«

      »Oh … und kann sie dann auch endlich was sagen?«

      Ich schmunzelte und zuckte hilflos mit den Schultern.

      Peace schürzte die Lippen und schien scharf nachzudenken. »Ich glaube, zumindest dafür hätten wir eine Lösung. Brave!« Das letzte Wort bellte er in solch einem harschen Befehlston, dass der halbe Raum in Habachtstellung ging. Inklusive mir.

      Der Busch zu Os Füßen raschelte. Ein paar Blätter fielen zu Boden, als die Rinde knarrte und sich streckte. Die Ästchen wurden dicker, nahmen Konturen an, bis er im Konferenzraum stand. Grünzeug hing ihm in den Haaren und aus seinem linken Ohr lugte ein freches Ästchen. Wie auch bei O schlugen seine Augenringe jeden Farbspektrums-Rekord. Er schwankte, wurde jedoch von O gestützt.

      »Bin hier, Peace«, murmelte der blonde Hüne. Dass er so fertig war, brach mir das Herz. Sein wirrer Blick huschte umher. Augenscheinlich sah er mich nicht. »Ich höre zu«, versprach er lallend, als hätte er zu viel Alkohol getrunken.

      »Braves Gehör ist auf jede göttliche Frequenz eingestellt. Er hört alles!«, erklärte Peace mir eindringlich, während er mich nach vorn bugsierte. Dabei streifte ich Fade, Lost und Charming, die allesamt erschraken.

      »Kalt!«, jammerte Fade, das Weichei.

      Peace platzierte mich vor Brave. »Er wird dich hören können«, setzte er seine Erklärung fachmännisch fort und musterte seinen Halbbruder wie ein seltsames Instrument. »Denke, so laut du kannst. Konzentrier dich dabei auf ihn.«

      Zweifelnd hob ich eine Braue.

      Peace biss die Zähne zusammen und stupste mich an. »Probier es!«

      Ich seufzte, legte den Kopf in den Nacken und dachte: Bananenbrot.

      Nichts. Brave starrte immer noch blicklos an meinem linken Ohr vorbei. Seine Funktion als göttlicher Radioempfänger schien ihn also auch empfänglicher für Astralkörper, wie ich gerade einer war, zu machen. Interessant. Ich fragte mich, was Brave so alles hörte. Inklusive von Wesen, die wir nicht sehen konnten. Der Arme würde wahrscheinlich in ein paar Jahren genauso irre sein wie O. Gott sei Dank war ich kein Medium.

      Peace zwickte mich. »Denke lauter!«, befahl er harsch.

      Grrr, na schön, wie er wollte. Ich begann brav »Sweety Pie« zu singen. Nichts. Hinter uns tuschelten die Götter. Ich konnte Shame gemein kichern hören.

      »Blöde Schlampe!« Braves Mund öffnete sich und sagte exakt jene Worte, die mir durch den Kopf ergangen waren. Alle verstummten und starrten ihn an.

      »Ups, sorry«, dachte ich und klatschte mir die Hand gegen die Stirn.

      »Ups, sorry!«, wiederholte Brave mich roboterhaft. Schweiß stand ihm auf der Stirn.

      Die Götter lachten. Shame zischte und richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. »Wie hat die Missgeburt mich genannt?«, fragte sie.

      »Hat Shame mal wieder PMS?«, stichelte Brave an meiner statt und brachte abermals alle zum Lachen. Langsam begann auch ich zu schmunzeln.

      Peace’ Augen leuchteten vor Aufregung. »Wie geht es dir?«, fragte er mich, bevor Shame weiterzetern konnte.

      Ich räusperte mich gedanklich und gab meine Worte so klar und deutlich wie möglich an Brave weiter.

      »Soweit gut. Virus hat mich in seine Liga der Schmollenden-Gerechtigkeit-Nerds verschleppt und dieser Typ, Age, hat meine Verletzung untersucht.«

      Peace’ Nasenflügel blähten sich. »Age? Hast du Age gesagt?«, fragte er besorgt.

      Ich nickte.

      »Ja«, antwortete Brave für mich. »Groß. Emo. Akutes Haarschnittproblem, mit dem Mopp vor den Augen habe ich Angst, dass er eines Tages gegen die Wand rennt, und bei seiner Stimme hätte ich mir am liebsten eine Kugel gegeben.«

      »Die hätte ich dir gerne gegeben!«, murrte Shame, wurde jedoch ignoriert. Alle lauschten unserem schrägen Dreiergespräch.

      »Wo bist du?«, wollte Peace wissen.

      »In einem Dia.«

      »Wo?«

      »In einem Diabild.«

      Peace


Скачать книгу