Warrior & Peace. Stella A. Tack

Warrior & Peace - Stella A. Tack


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in der Annahme, dass Virus sofort zum Gegenangriff ansetzen würde, doch dieser wartete geduldig, bis Erkenntnis in Peace’ Gesicht aufflackerte. Gefolgt von einem bodenlosen Entsetzen, das seine Augen erkalten ließ.

      »Wo hast du die her?«, flüsterte Peace. Die Blitze um ihn erloschen. Erneut schlug Dunkelheit über uns zusammen, sodass der Gottvater nur noch als vager Schemen vor uns aufragte.

      Virus klirrte mit den Ketten. »Nice, oder? Ich wurde selbst nostalgisch, als ich die Dinger ausgegraben habe. Also? Willst du weiterspielen?«

      Lächelnd grub er seine Finger in mein Fleisch. Er entlockte mir damit ein leises, schmerzerfülltes Stöhnen.

      Peace’ Blitze zuckten abermals auf, erleuchtete sein Gesicht, in dem ich die blanke Panik erkannte.

      Was sind das für komische Ketten?

      Peace schluckte, seine Stimme klang rau wie Schmirgelpapier. »Die haben längst ihre Wirkung verloren. Ihr Zweck wurde erfüllt. Chain war der Letzte.«

      Virus knurrte. »Wage es nicht, seinen Namen auszusprechen, Peace Tantalos!« Die Drähte in seinem Kopf blinkten so schnell, dass ich jeden Moment einen Kurzschluss vermutete. »Nicht er, sondern du bist der Letzte!« Virus’ Augen waren so weit aufgerissen, dass der Wahnsinn darin in all seiner Deutlichkeit zutage trat. Die Schatten, die zuvor geisterhaft in seinen Pupillen geflackert hatten, schienen aus dem Weiß zu rücken und quollen träge über. Flossen wie schwarze Tränen über die Wangen. Zäh wie Teer verklebten sie seine Mundwinkel. Seine Haut wirkte transparent, sodass ich eine Vielzahl von Schaltkreisen und weiteren Verkabelungen darunter erkennen konnte. »Solange du und ich leben, Tantalos, sind diese Ketten verflucht! Wenn du uns also zu nahe kommst, wirst du nicht nur mich, sondern auch sie töten müssen!«

      Ich fühlte mich vollkommen überfordert. Meine Gedanken rasten, während ich verzweifelt versuchte, das Gesagte zu verstehen. Worum ging es hier? Was waren das für Ketten? Wer war Chain? Womit war er der Letzte? Was war …

      »Peace! Virus! Bitte nicht!«

      Unser Trio guckte überrascht hinab. Fawn starrte zu uns hoch. Sie sah fürchterlich aus. Ihr Gesicht schmutzig, das lockige Haar stand in alle Richtungen ab und sie schien Schmerzen zu haben, denn sie hielt sich ächzend den Bauch. Götterblut leuchtete auf ihren Lippen.

      »Fawn«, murmelte Peace. »Was machst du hier?«

      Sie lächelte zittrig. »Es ist auch schön, dich wiederzusehen … Cousin.«

      Moment. Was?

      Vier

      Du bekommst eine Einladung zu unserer Hochzeit

      Was ich jetzt dafür gegeben hätte, sprechen oder überhaupt irgendetwas tun zu können, außer im Kartoffelmodus in Virus’ Armen zu liegen und das Gefühl zu haben, die Welt stellte sich auf den Kopf. Hatte ich das richtig verstanden? Fawn und Peace waren Cousins?

      Peace hatte Familie?

      Die beiden musterten sich wie zwei scheue Katzen, die einander nicht über den Weg trauten. Wobei, nein, Peace sah eigentlich nur frostig aus und Fawn, als hätte man ihr auf den imaginären Katzenschwanz getreten.

      »Ist nicht gerade Verwandtschaft, mit der ich mich brüsten würde«, schnaubte Virus. »Nichts, was man lange überlebt.«

      »Halt die Klappe, Vi!«, schnappte Fawn. »Egal, was Peace getan hat, das, was du gerade machst, ist nicht besser. Warrior ist unschuldig.«

      »Chain war es auch! Du hattest nur das Glück, einen anderen Nachnamen zu tragen. Wärst du eine Tantalos, würdest du jetzt die Radieschen von unten bewundern«, brüllte Virus so heftig, dass ich einen Stromschlag von ihm abbekam. Aber anders als bei Peace taten mir seine weh. Die fremde Elektrizität jagte durch mein Fleisch. Meine Adern leuchteten grell auf, während sich meine Muskeln krampfhaft zusammenzogen, sodass ich zuckte wie ein Fisch auf dem Trockenen.

      »Warrior! Lass sie los, Virus, sie hat keine Ahnung. Ich habe sie von alledem ferngehalten. Absichtlich. Sie hat nichts mit alledem zu tun!«

      »Chain hatte auch nichts damit zu tun!« Virus’ coole Fassade bröckelte endgültig. Der Boden bebte von all der göttlichen Magie, die in die Atmosphäre gepumpt wurde. Über den Himmel zischten Blitze wie Peitschenhiebe.

      »Chain! War! Unschuldig!«, brüllte Virus erneut. Beinahe sah es aus, als würde er weinen, doch es waren lediglich die unheimlichen schwarzen Schlieren, die ihm aus den Augen quollen. »Chain war ein Teil deiner verfluchten Familie. Er war ein Tantalos und nur deshalb musste er sterben. Du hast ihn getötet. So wie du alle anderen getötet hast, um dort zu stehen, wo du es jetzt tust.«

      Er atmete heftig, klammerte sich an mich und jagte mir damit einen hysterischen Stromstoß nach dem anderen durch den Körper. Stumm schrie ich.

      »Hört auf! Alle beide!«, wimmerte Fawn. Dicke Tränen schwammen über ihre Wangen und dort, wo die Tropfen aufkamen, spross saftiges Grün aus dem Boden. »Es ist doch ohnehin niemand übrig. Alle sind tot. Aber Warrior hat es nicht verdient, wegen eurer Fehler zu sterben.«

      »Oh, sie wird nicht sterben!«, säuselte Virus. Er schüttelte mich. Die Ketten rasselten. »Sie wird meine Gefährtin. Dafür werde ich sie zwar brechen müssen, aber wenn ich mit ihr fertig bin, wird sie den Namen Peace nicht einmal mehr kennen und ich werde sie ficken, während du zusiehst, Tantalos.«

      Peace schleuderte einen Blitz, den ich in meinen Haaren knistern hören konnte. Er schlug in unseren Pfeiler ein. Es knackte laut, das Holz gab nach. Splitter flogen uns um die Ohren und Virus verlor das Gleichgewicht.

      Wir stürzten und schlugen hart auf. Ich auf dem Gott, was nur bedingt weicher war, da ich dabei seinen Ellbogen ins Gesicht bekam. Prustend spuckte ich Blut. Neben uns grollte es animalisch.

      Virus fluchte, als sich Peace wie eine Katze fallen ließ. Es grollte erneut und als ich aufsah, bemerkte ich Bloodclaw, der aus dem Schatten geschlichen kam. Seine Fänge leuchteten weiß, während sein Nackenfell drohend zu Berge stand. Der Höllenhund kauerte sich vor uns, visierte Virus an, die lilafarbenen Augen leuchtend vor Blutdurst.

      »Eure Befehle, Herrin?«

      Ich stöhnte. Peace indessen setzte zum Angriff an, ohne einmal innezuhalten.

      Der Blitz knisterte und Virus konnte nicht mehr ausweichen. Er fuhr in seine linke Schulter ein und riss ihn hart zurück. Virus schrie und taumelte, während der Gestank nach verbranntem Fleisch samt Rußschwaden in die Luft stieg und den von Rosen und Minze ersetzte. Die Kette leuchtete in einem dumpfen Rot auf. Ich hielt die Luft an, als mich dasselbe Schicksal ereilte. Es war, als würde es mich an Ort und Stelle zerfetzen. Fleisch platzte auf wie eine überreife Frucht. Blut spritzte auf die Straße. Lautlos gurgelnd hielt ich mir die zerstörte Schulter. Bloodclaw winselte. Der Basilisk krümmte sich unruhig, war aber noch zu träge, um hervorzukommen. Blödes Schleichtier!

      »Peace! Peace, hör auf! Du verletzt nur sie!« Unter einem Schleier aus Tränen sah ich, wie Fawn Peace an der soeben ausholenden Hand gepackt hatte. Sie schien Kraft zu besitzen.

      Peace bleckte die Zähne wie ein Wolf, kurz bevor er seinem Opfer an die Gurgel ging. »Was, Fawn? Was soll ich deiner Meinung nach tun? Diesem Irren dabei zusehen, wie er mir meine Frau wegnimmt?« Er stieß sie wüst zurück.

      Die Göttin taumelte, fing sich jedoch und warf ihm einen scharfen Blick zu. »Was willst du denn tun?«, herrschte sie ihn an. »Du kannst sie nur beschützen, wenn du …«

      »Tu es doch einfach!«, unterbrach Virus die Blonde.

      Mein Gefährte fixierte den grünhaarigen Idioten, der sich ächzend aufgesetzt hatte und die Blutung an seiner Schulter mit einer Hand abdrückte, doch das Blut quoll daran vorbei. Genau wie bei mir. Die Wunden schlossen


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