Warrior & Peace. Stella A. Tack

Warrior & Peace - Stella A. Tack


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Basilisk erneut nach ihr schnappte und sie diesmal an den Beinen erwischte.

      Virus zögerte, schien zu überlegen, während die Drähte in seiner Stirn hektisch blinkten. Er funkelte mich an. »Pfeif das Ding zurück! Sofort!«

      Als Antwort zeigte ich ihm die Zunge. Kindisch, aber befriedigend.

      »Virus!« Karmas neuerliches Kreischen ließ uns beide aufsehen. Die Göttin steckte bereits zur Hälfte im Maul des linken Basiliskenkopfes. Ihre Magie schlug wütende Wellen. Der Nebel quoll dem Monster seitlich aus der Schnauze. Verätzte zischend seine Mundwinkel, während die Göttin wie ein Fisch mit Busen zwischen den Zähnen zappelte. Der Basilisk hatte offenkundig Mühe, so viel Brustumfang auf einmal runterzuschlucken. Immer wieder würgte er sie nach oben. Entweder schmeckte Karma wirklich beschissen oder sie war genauso giftig wie der Nebel, den sie ausstieß.

      Gerade als Virus einen zögerlichen Schritt auf seine Freundin zumachte, schlug Zentimeter neben uns ein gleißender Blitz ein. Alle Haare standen mir zu Berge. Die Luft füllte sich mit dem Geruch nach Ozon und Schnee.

      Virus sprang blitzschnell zur Seite und riss mich mit sich. Ich ächzte und kullerte neben seine Füße. An der Stelle, an der wir zuvor gestanden hatten, schwelte ein rauchendes Loch.

      »Ich glaube, du hast etwas, das mir gehört!«

      Nie hatte ich etwas Schöneres vernommen. Mein Kopf schoss nach oben. Die Erleichterung, als ich Peace auf der Mauer des Innenhofes hockend entdeckte, ließ mich ganz schwindelig werden. Fast vergaß ich die stillen Vorwürfe, seine Schuld am Tod meines Bruders und die niemals wirklich verschwinden wollende Distanz zwischen uns. Alles, was im Augenblick zählte, war, dass er hier war und mich verdammt noch mal vor diesen Irren rettete.

      Um Peace’ Finger zischten die Blitze. In seinen Augen lag eine so tiefgreifende Kälte, wie ich sie nie zuvor bei ihm gesehen hatte.

      »Peace!« Beinahe erfreut fixierte Virus den Gott. Die Drähte an seiner Stirn blinkten.

      »Virus«, erwiderte Peace frostig. »Wie ich sehe, hast du neben deiner schwerwiegenden Schizophrenie noch eine zwanghafte Kleptomanie entwickelt.« Ein freudloses Lächeln huschte über seine Lippen. »Das war ziemlich dumm von dir.«

      Ich guckte wahrscheinlich belämmert aus der Wäsche, bis ich begriff, dass Peace mit der Kleptomanie auf mich anspielte. Yep, ich war in Stresssituationen nicht unbedingt Einstein. Aber Schizophrenie?

      Virus’ Grinsen erinnerte an das Zähnefletschen eines Wolfs. Er war also plemplem im Oberstübchen? Ich meine, nicht dass mich das jetzt sonderlich aus den Socken gerissen hätte, aber …

      Porno-Karmas Kreischen riss uns erneut aus dem Einander-böse-Angucken. Die Göttin klatschte als schleimiger Haufen vor Virus und mir auf den Boden. Ihr schwarzes Haar hing nass hinab und sie stöhnte gequält auf.

      Der Basilisk brüllte ohrenbetäubend und wand sich wie ein Aal. Sein schuppiger, sehniger Körper verknotete sich und krampfte. Ich spürte es als leichte Kopfschmerzen: Er starb. Wahrscheinlich wegen einer schwerwiegenden Karma-Vergiftung.

      Peace runzelte die hübsche Stirn. Ich konnte es förmlich dahinter rattern hören. Er schien die Situation abzuwägen, bis er den Blick von dem sterbenden Monster abwandte und sich geschmeidig auf dem Mauervorsprung aufrichtete. Der Geruch von Ozon begleitete den gleißend blauen Blitz, den er warnend in unsere Richtung schickte. Die geballte Ladung schlug im Boden ein und riss Brocken von Beton heraus, die uns um die Ohren flogen. Virus wich geschickt aus, warf uns beide zur Seite, was meine Schultergelenke schmerzhaft knacken ließ.

      »Du hast eine einzige Chance, Virus«, sagte Peace ruhig. »Gib sie mir oder ich …«

      »Oder gar nichts, Peace. Schieb dir den Rest in den Arsch.« Virus lachte. Mein Magen sackte vor Überraschung herunter, als er seine Arme um mich schlang und mich schwungvoll hochhob. Er presste mich an sich wie einen Teddybären. Meine Beine baumelten über seinen Armen. Die Ketten, die uns aneinander schweißten, klirrten vernehmlich, während ich hektisch die Arme um seinen Nacken legte. Meine Flügel schleiften im Dreck. Auf einmal war ich dem Gott so nahe, dass ich seinen intensiven Geruch nach Minze genau in der Nase hatte. Mein Blick tastete seine blasse Haut ab. Verfolgte den Schwung seines Kiefers, der sich kampfbereit anspannte. Die leicht schiefe Nase, den vollen Mund und die feinen Härchen, die sich an seinen Nacken schmiegten. Weich wie Katzenfell unter meinen Fingern.

      Erneut reagierte mein Körper, ohne dass ich es hätte verhindern können. Ich leuchtete auf, als hätte mich ein Leuchtschluckauf überkommen. Virus reagierte ebenfalls, bis sich unser Geruch nach Minze und Rosen vermischte. Eine einzigartige Kreation, die berauschend und gleichzeitig so falsch roch, dass ich mich in seinen Armen wand. Hilfe suchend starrte ich zu Peace, dessen Gesichtszüge bei unserem Anblick entgleisten.

      »Was …«, hörte ich ihn flüstern. Seine hellen Silberaugen zuckten ungläubig über jedes Stückchen Haut, das mich und den Gott verband.

      Virus schnurrte zufrieden. »Sie reagiert auf mich.« In seinen Augen lagen Schatten. »Du hast sie offiziell nie als deine Frau akzeptiert. Also ist ihre Seele rein theoretisch ungebunden. Euer Band kann brechen und ich werde dafür sorgen, dass es nicht mehr heilen kann. Sie wird Muttergöttin. Meine.«

      Was? Ich versteifte mich so ruckartig in Virus’ Griff, dass dieser mich beinahe fallen ließ.

      Blitze umkreisten Peace in einer Wahnsinnsgeschwindigkeit. Sie surrten wie ein Bienenschwarm um ihn herum und verschwammen zu einer wirren Masse aus Helligkeit und Dunkelheit. »Du. Fasst. Warrior. Nicht. An!«, grollte er, sodass der Boden bebte. Ein Blitz folgte dem Grollen durch den gesamten Tartaros.

      Virus duckte sich, als Peace angriff. Tänzelnd wich er aus, als der nächste und übernächste Blitz einschlug. Ich atmete Staub ein. Spürte Bruchstücke des Bodens meine Haut aufreißen und klammerte mich reflexartig fester an Virus. Barg mein Gesicht an seiner Brust, die sich hektisch hob und senkte. Seine Hände krallten sich in meine Haut. Die nächsten Blitze folgten, doch egal, wie knapp sie neben uns einschlugen, Virus schien jeden Schritt des anderen Gottes voraussehen zu können. Die Drähte in seinem Kopf arbeiteten auf Hochtouren. Er registrierte jede von Peace’ Bewegungen, als würde er eine Kalkulation im Kopf erstellen und auf dessen Ergebnis reagieren.

      Peace fletschte die Zähne. Der Geruch nach Ozon legte sich bitter auf meine Zunge, während er einen solch grellen Blitz schleuderte, dass die Venen an seinen Armen silbern aufleuchteten. Das Licht blendete. In meinen Ohren pfiff es. Virus’ Herzschlag unter meiner Wange setzte aus. Seine Muskeln spannten sich an und in der nächsten Sekunde sprang er hoch, so schnell, dass mir das Haar aus dem Gesicht gerissen wurde. Meine Flügel knisterten von Peace’ Elektrizität. Virus drehte sich in der Luft und landete schwankend auf einem Strommast. Der Holzkeil schwankte unter unserem Gewicht. Die abgehenden Leitungen schlingerten und Peace katapultierte sich ebenfalls nach oben. Geschmeidig wie eine Katze landete er auf den Masten uns gegenüber. Die Elektrizität in der Leitung kroch wie Schlangen über die Schläuche und sammelte sich um seinen Körper, bis er den halben Innenhof erleuchtete.

      »Gib mir Warrior!«

      »Sonst was?«, provozierte Virus. »Schmeißt du weiter deine Fünkchen auf uns, bis du endlich triffst? Du würdest uns beide grillen, ist dir das eigentlich klar?«

      »Warrior ist meine Gefährtin!«, blaffte Peace. »Die Blitze kitzeln sie höchstens. Der Einzige, dessen Schädel gleich zum Steak verarbeitet wird, bist du!«

      Ich warf Virus einen triumphierenden Blick zu, der so viel heißen sollte wie: Ha! Das hast du’s. Mein Peace würde mir niemals wehtun! Na ja, zumindest nicht oft und nicht immer mit Absicht. Ach herrje.

      Virus grinste spöttisch, während er die Ketten samt mir hochhob. »Ich würde mir das gründlich überlegen, Peacilein!«, säuselte er. »Kennst du diese Ketten noch?«

      Peace’ Kiefer mahlte.

       Nicht anschauen! Er will dich doch nur ablenken!

      Natürlich hörte Peace nicht auf mein innerliches Kreischen,


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