Warrior & Peace. Stella A. Tack

Warrior & Peace - Stella A. Tack


Скачать книгу
freudloses Lächeln zuckte um Virus’ Mundwinkel. »Du glaubst mir nicht?«

      Tat ich das? Ihm? Nein. Peace und die Elite waren vielleicht nicht perfekt, aber was Virus da beschrieb, klang eher nach einem verbitterten Sadisten, der mich kleinreden wollte. Zugegeben, ich hatte nicht viel vom Rest des Tartaros gesehen, aber was immer er mir einzureden versuchte, es war definitiv nicht objektiv. Die anderen schwiegen und beobachteten gespannt meine Nicht-Reaktion. Was sollte ich tun? Ich konnte Virus’ Behauptungen weder entkräften noch nachweisen. Außerdem entschuldigte es in keiner Weise, dass er mich entführt hatte, um … was weiß ich was alles mit mir anzustellen. Mich als Nachttischlampe anzuheuern?

      Also blieb ich eine brave Kartoffel und schnaubte lediglich.

      »Es ist extrem irritierend, dass sie den Mund nicht aufmacht!«, durchbrach Sailor das Schweigen. »Vielleicht kann Chain …«

      »Nein«, schnitt Virus ihm das Wort ab.

      »Aber er könnte …«

      »Nein!«

      Sailor stöhnte.

      »Vielleicht kann Age sie sich ansehen«, schlug Ash vor.

      Der Emo-Gott blitzte ihn genervt unter seinen viel zu langen Stirnfransen an und schüttelte den Kopf.

      »Komm schon, Age«, drängte Ash und klimperte mit den Wimpern. »Als Einstandsgeschenk für unser neustes Familienmitglied!«

      »Außerdem ruiniert sie den Teppich!«, warf Sailor ein.

      Ich pustete empört die Backen auf. Wenn, dann verschönerte ich dieses Flusen-Ungetüm!

      Age schüttelte abermals den Kopf.

      Virus knurrte und gab ihm einen kräftigen Schlag gegen den Oberarm. »Mach! Ich kann sie kaputt nicht gebrauchen.«

      Age funkelte ihn an.

      Ich auch, aber das interessierte niemanden.

      »Komm schon. Sie wird dich bestimmt nicht beißen, wenn du ihr hilfst!«, lockte Ash.

      Ha! Das konnte ich nicht versprechen.

      Age stöhnte, zog sein linkes Lippenpiercing ein und ließ sich endlich dazu herab, vom Sofa aufzustehen. Die tiefsitzende Jeans hatte zwei lange Risse jeweils am Knie. Als er sich vor mich hockte, starrten mir zwei eintätowierte Augen direkt unter der Kniescheibe entgegen und ich schauderte, als ich bemerkte, dass er die gleichen Glubscher in den Handflächen trug. In groß und leuchtend grün. Mit einem ägyptischen Lidstrich. Ich drückte den Kopf in den Boden, als er mich mit seiner linken Hand berührte. Nur flüchtig, aber selbst dieser kurze Kontakt schlug ein wie ein Gong und brachte meine Zellen zum Vibrieren. Seine Magie schmeckte süß und salzig wie Lakritze. Ich wand mich unter ihm. Meine Zähne klapperten. Age war mächtig. Scheißmächtig.

      »Und?«, fragte Ash.

      »Ich weiß nicht genau.« Age seufzte. Der erste Satz, den ich von ihm hörte, und ich wünschte, er hätte die Klappe gehalten. Beim Klang seiner grauenhaften Stimme rollten sich mir die Zehennägel ein. Jetzt wusste ich, warum er so still gewesen war. Der Kerl hörte sich schrecklich traurig, gebrochen und kratzig an, als würde er über tote Katzenbabys, Verstümmlung, Folter und globale Erderwärmung und den neuen Star-Wars-Film gleichzeitig reden. Auf alle Fälle über Dinge, die einen ernsthaft deprimierten. Sofort verspürte ich den Impuls, mich in eine Ecke zu verkriechen und loszuheulen. Den anderen schien es nur minder besser zu gehen.

      Virus schauderte. Sailor stopfte sich die Finger in die Ohren und sagte laut: »Lalalala

      Ash hingegen hörte aufmerksam zu, sah jedoch aus, als würde ihm dabei jemand eine Darmspülung verpassen. »Was ist los mit ihr?«, fragte er.

      Nein! Bitte keine Frage, auf die Age antworten könnte. »Den körperlichen Schaden könnte ich rückgängig machen«, erklärte Age mit dieser trostlosen Stimme.

      O Himmelherrgott, Hilfe! Erschießt mich! Alles war besser, als Age beim Reden zuzuhören.

      »Das Problem ist psychischer Natur. Ihre Magie ist blockiert.«

      Ich wand mich am Boden und unterdrückte den Drang, mir die Ohren blutig zu kratzen. Und woher wusste dieser Age als maßgeblicher Zeitgott überhaupt, was nicht mit mir stimmte? O Himmel! Hoffentlich war er nicht so ein Pseudoarzt, der gerade im ersten Semester studiert hatte, bevor sie ihn hier runtergeworfen hatten. Oder noch schlimmer: einer, der Veterinärmedizin studiert hatte. Oder ein Zahnarzt.

      Sailor schrie immer lauter »Lalalala«.

      Ash hielt sich tapfer, aber die unwirkliche Darmspülung schien intensiver zu werden. Als sich unsere Blicke kreuzten, rang er sich jedoch ein beruhigendes Lächeln ab. »Keine Sorge. Age ist der Sohn von Asklepios. Er ist zwar kein Arzt, aber er erkennt ziemlich schnell, wenn etwas mit einem nicht stimmt.«

      Asklepios? Age war demnach der Sohn des Gottes der Heilkunst? Na toll, also ein Hobbyarzt.

      »Was können wir da machen?«, fragte Virus gequält vom Sofa aus. Er hatte sich ein siffiges Kissen über den Kopf gezogen.

      Age verschränkte die Arme vor der Brust und zuckte mit den Schultern. »Was weiß ich? Sie hat ’nen Dachschaden. Antidepressivum?«, schlug er vor.

      Ich stöhnte und presste mir ebenfalls die Hände gegen die Ohren.

      »Was können wir machen?«, blaffte Virus. »Halt dich kurz, Mann.«

      Age pustete sich die schwarzen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Ich entdeckte ein weiteres Augen-Tattoo an seiner Stirn. »Wenn, kann ihr nur Chain helfen.«

      Müde blinzelte ich, während es bedrückend still im Raum wurde. Wer war Chain? Und warum … Der Gedanke brach abrupt ab. Etwas zog an meinem Körper, drängte meine Seele hinaus. Was war nur los mit mir?

      »Warrior?« Virus tauchte über mir auf. Ich sah sein Gesicht nur noch als verschwommenen Fleck. »Vielleicht hatte der Verflüssigungszauber doch mehr Nebenwirkungen«, murmelte er. »Karma hat unsauber gearbeitet.« Der Gott über mir war inzwischen nicht mehr als ein grüner Klecks in einem Meer aus Schwarz, welches mein Gesichtsfeld füllte, bevor …

      Sechs

      Äh … warum befummelt der Boss Luft?

      Eigentlich sollte ich es inzwischen gewöhnt sein, dass meine Seele, wenn ich schlief, auf Wanderschaft ging und dabei besonders gerne einen bestimmten blauhaarigen Bastard suchte. Trotzdem überraschte es mich, als ich ohne jede Vorwarnung in einem großen Raum mit einem langen Tisch stand. Irritiert schaute ich mich um. Wo zum Teuf…

      »Warrior!«

      Ich wirbelte herum. Am Kopfende stand besagter Mistkerl und ließ mein Herz hüpfen. Bei den Göttern! Er sah zum Ablecken aus. Die helle Haut, das Haar, das sich um seine Ohren kringelte, die vollen Lippen und die stolzen Wangenknochen in Kombination mit diesen großen grauen Augen. Das Verletzte schien verheilt zu sein, denn es strahlte mich mit einer solch greifbaren Intensität an, dass mir eine Gänsehaut über den Rücken jagte. Es wunderte mich nicht, dass ich ihm am liebsten mein Höschen ins Gesicht klatschen wollte.

      »Warrior, konzentrier dich!« Sein scharfer Befehl riss mich aus meiner Anschmachterei und ließ nebenbei die wohlige Seifenblase platzen.

      Yep. Mr. Höschenfänger war superheiß und supernervig, sobald er den Mund aufmachte. Ich vergaß das andauernd.

      »Mit wem redest du, Peace?«

      Jetzt registrierte ich erst die anderen Götter. Die Elite saß zusammengewürfelt im Konferenzraum, in dem eine Stimmung herrschte, als wäre jemand gestorben. Ich knurrte unwillig, als ich zu allem Überfluss bemerkte, wie die Sprecherin ihre Schlampenfinger


Скачать книгу