Pros & Cons: Steele. Lisa Schnack
nach einer Kaffeetasse und einer Thermoskanne.
Josie zuckte mit den Schultern. »Was um Himmels willen soll ich denn sonst mit meiner Zeit anfangen? Stricken? Fernsehen? Ich koche eben gern für Gäste.«
Die Frau brachte mich ins Grübeln. Welche Aufgabe hatte sie eigentlich, und wer bezahlte sie dafür? Wohnte sie auch auf dem Grundstück? Vielleicht in der kleinen Wohnung über dem Poolhaus?
»Ist sonst noch jemand wach?«, erkundigte sich Shook.
»Nicht, dass ich wüsste, Agent Shook.« Josie nahm auf einem der Stühle Platz und schenkte sich ein Glas Orangensaft aus einem Krug ein, der in einer Schale mit Eiswürfeln stand.
Shook löffelte Zucker in seinen Kaffee, gab einen ordentlichen Schuss Kaffeesahne dazu und lächelte sie an. »Bitte nennen Sie mich doch Leo.« Er prostete mir mit der Tasse zu. »Das gilt auch für dich, Steele.«
»Ich fühle mich geehrt«, sagte ich.
Er verzog den Mund zu einem Grinsen, nippte an seinem Kaffee und seufzte zufrieden, als das Koffein seine Wirkung tat.
»Ich hätte dich eher für den Typ gehalten, der seinen Kaffee schwarz trinkt.« Ich nahm mir einen Orangenschnitz aus einer der Schalen.
»Die schwarze Brühe muss ich oft genug im Büro trinken. Wenn ich kann, verwöhne ich mich ein bisschen.«
»Du lässt es ja ganz schön krachen, Shook.«
Ich wollte mich neben Josie setzen, als mir aufging, wie sehr ich nach Schweiß riechen musste. Es wäre wirklich unfair, meinen üblen Gestank anderen Leuten zuzumuten, vor allem beim Essen.
»Ich gehe duschen und wecke dann die anderen, Miss Josie, damit sie zum Frühstück runterkommen. Sollte nicht länger als eine Viertelstunde dauern. In Ordnung, Ma’am?«
»Das ist absolut in Ordnung, Steele, mein Lieber. Und bitte sag Du zu mir.«
Ich schüttelte bedauernd den Kopf. »Tut mir leid, aber das geht nicht. Meine Mama würde aus Georgia einfliegen und mir schon allein für den Versuch eine Ohrfeige verpassen.«
Das brachte Josie zum Lachen. »Na schön.«
»Ich werde auch schnell duschen«, verkündete Leo. »Bis gleich. Ich habe so ein Gefühl, dass wir eine Menge zu besprechen haben werden.«
Ich stimmte zu. Allerdings konnte ich nicht behaupten, dass ich mich besonders darauf freute.
Ich schlenderte durch die Schiebetür in Charlies riesige Essküche. Auf der gepolsterten Eckbank fanden mindestens acht Personen Platz. Eine viereinhalb Meter lange Kücheninsel mit Herd, Arbeitsfläche und Theke mit Barhockern dominierte die Mitte des Raumes. Einbauschränke verdeckten eine Wand, unterbrochen von einem Spülbecken, in dem man eine Dänische Dogge hätte baden können. Gegenüber führte ein breiter Durchgang in den Wohnbereich.
Das große Wohnzimmer, in dem Miranda uns am Tag zuvor empfangen hatte, hatte eine hohe Decke wie in einer Kathedrale und bot einen Panoramablick auf den Strand. Sonnenlicht strömte durch die Glasfront, und trat man durch die Terrassentüren hinaus, fand man sich nur ein paar Meter von der Stelle entfernt wieder, wo Josie für das Frühstück gedeckt hatte.
Im ersten Stock befanden sich sechs Schlafzimmer – als ob jemand mit gesundem Menschenverstand jemals so viele brauchen würde –, und jedes verfügte über ein eigenes Bad. Wir hatten uns jeder ein Zimmer ausgesucht, nachdem Miranda uns mitgeteilt hatte, dass wir alle im Haus wohnen sollten. Wesley hatte die Villa übrigens sofort auf den Spitznamen »Bat-Höhle« getauft. Wir hätten uns auch auf die Außengebäude verteilen können, aber in unausgesprochenem Einverständnis blieben wir zusammen. Miranda hielt das möglicherweise für ein Zeichen unserer wachsenden Verbundenheit, tatsächlich wollten wir uns aber aus mangelndem Vertrauen lieber gegenseitig im Auge behalten.
Ich klopfte zuerst an Wesleys Tür. So, wie ich ihn kannte – und das tat ich eigentlich nicht besonders gut, wie ich hatte feststellen müssen –, war er noch wach. Er gehörte definitiv zur nachtaktiven Sorte.
Wie ich vermutet hatte, saß er an dem breiten Tisch, der ausschlaggebend dafür gewesen war, dass er sich für dieses Zimmer entschieden hatte. Obwohl er ständig herumjammerte, weil er auf seine geliebte technische Ausrüstung verzichten musste, hatte er anscheinend doch einiges mitgebracht. Der Tisch war ziemlich vollgepackt. Wes trug ein Headset wie aus einem Science-Fiction-Film und blaffte Befehle in das Mikrofon, das knapp vor seinem Mund schwebte.
Auf dem Bildschirm des größten Laptops, den ich je gesehen hatte, umringten gut einhundert Krieger ein schlangenartiges Monster und versuchten, es zu töten. Ich konnte allerdings nicht sagen, ob erfolgreich oder nicht.
»Shit, shit!«, rief Wesley. »Rad, verschwinde aus dem AOE! Bleib in Reichweite des Heilers, und alle anderen nutzen gefälligst ihre Buffs, verdammt noch mal!«
Ich wartete, bis er entnervt den Controller von sich warf.
»Schlechtes Spiel?«
»Schlechtes Team, aber das Spiel ist gut.« Er wirbelte in seinem Drehstuhl herum und sah mich an. »Was gibt’s?«
»Außer dass es helllichter Tag ist?«, fragte ich grinsend.
Wes drehte sich zum Fenster, wo helles Sonnenlicht unter den Rändern des Vorhangs hervorblitzte. »Na so was.«
»Komm runter, Josie hat Frühstück gemacht. Ich gehe schnell duschen, wir treffen uns unten.«
»Klingt super. Mehr Kaffee ist jetzt genau das Richtige.« Er lehnte sich im Stuhl zurück, gähnte und streckte die Arme über den Kopf.
»Das bezweifle ich.«
* * *
Carson hatte sich ein durchschnittlich großes Zimmer ausgesucht, wie es in jedem Mittelklassehotel des Landes zu finden war. Wahrscheinlich war genau das für Carsons Entscheidung ausschlaggebend gewesen. Ich klopfte an die Tür. Obwohl ich Stimmen hörte, reagierte niemand. Ich wartete ein paar Sekunden lang und klopfte erneut.
»Moment.« Carson klang verärgert. Ich hörte ihn leise vor sich hin murmeln, als er die Tür aufschloss und sie einen Spaltbreit öffnete.
»Nettes Outfit«, sagte ich. Carson war nur halb angezogen. Von der Taille aufwärts war er gekleidet wie ein Koch, allerdings waren die Initialen auf dem weißen Jackett nicht seine. Von der Hüfte abwärts trug er nichts weiter als mit Flamingos bedruckte Boxershorts.
»He, Meisterkoch«, drang eine blechern klingende Stimme aus den Lautsprechern des auf der Kommode stehenden Laptops. »Bist du noch da?«
Ich beschloss, gar nicht erst zu fragen.
»Bin gleich zurück!«, rief Carson mit einem entschieden nicht britischen Akzent über die Schulter und wandte sich wieder mir zu. »Was willst du? Wie spät ist es überhaupt?«
»Zeit fürs Frühstück.«
»Ich frühstücke nie.« Er sprach nun wieder mit dem gelangweilten britischen Tonfall, den ich bereits vom Vortag kannte. Er versuchte, mir die Tür vor der Nase zuzuschlagen, aber ich hielt sie mit einer Hand offen.
»Miss Josie hat sich viel Mühe gegeben, also werden wir uns alle schön brav an den Tisch setzen und essen. Und dann sprechen wir über den Auftrag.« Ich war mir ziemlich sicher, dass einzig der Wunsch, das alles bald hinter uns zu bringen, uns zusammenhielt. »Je eher wir ihn erledigen, desto schneller können wir unserer Wege gehen. Also beendest du jetzt besser das FaceTime-Geturtel mit deinem Freund oder Anwalt, oder wer auch immer das ist, und kommst runter. Wir treffen uns auf der Terrasse.«
»Ach, zum Teufel.« Er lehnte sich gegen den Türpfosten und fuhr sich mit der Hand durchs Haar, bevor er sich darauf besann, dass er einen seriösen Eindruck machen wollte. »Gibt es Kaffee?«
»Gibt es.«
Carson rieb sich die Augen und schaute hinüber zu seinem Laptop. »Der Zeitunterschied«, erklärte er vage. »Ich beeile mich.«
»Ich