Pros & Cons: Steele. Lisa Schnack

Pros & Cons: Steele - Lisa Schnack


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alle mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen hatten, das war mir klar. Trotzdem hätte ich in diesem Moment mit jedem von ihnen getauscht.

      »Hast du das schon mit Cisco besprochen?« Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Cisco mich noch einmal zu Snow White schicken würde. Nicht nachdem der Typ vor zwei Wochen komplett ausgerastet und im Drogenrausch wie ein wütender Bulle auf Danny und mich losgegangen war.

      Andererseits war es jedoch vielleicht genau das, was Cisco tun würde. Er war kein besonders warmherziger, mitfühlender Zuhälter, falls es so was überhaupt gab.

      »Ja, Cisco wollte, dass ich dich anrufe«, räumte Emilio ein. »Snow White schmeißt eine Riesenparty, irgend so eine Spendenaktion, die er jedes Jahr veranstaltet. Du weißt schon, alte weiße Geldsäcke in Designerklamotten, die Champagner trinken und sich über wichtige Themen unterhalten wie zum Beispiel … Pferde? Oder Aktien? Über was stinkreiche Leute eben so reden. Aber da unser guter Snow White bekanntlich ein Perverser ist, findet gleichzeitig noch eine ganz andere Party statt, verstehst du?« Er lachte leise und bewundernd. »Die Weiber denken, ihre Männer ziehen sich ins Hinterzimmer zurück, um übers Geschäft zu reden, dabei geht es in Wirklichkeit um die Art von Geschäft, bei der Schwänze gelutscht werden und sich die Leute das Hirn rausvögeln lassen. Letztes Jahr war es der pure Wahnsinn. Es gab verdammt viel Trinkgeld. Außerdem können du und ich doch Spaß miteinander haben, oder? Wir könnten denen eine tolle Show bieten.«

      Spaß, nun ja. Es hatte eine Zeit gegeben, da wäre Emilio genau mein Typ gewesen: dunkelhaarig, mit dunklen Augen, sonnengebräunt und fit. Traurigerweise konnte ich mich nicht einmal mehr daran erinnern, wann ich mich das letzte Mal ehrlich zu jemandem hingezogen gefühlt hatte. Vor einem halben Jahr hatte ich angefangen, mich mit Freiern einzulassen, also musste es irgendwann davor gewesen sein.

      »Hell und dunkel? Die Typen stehen auf den Kontrast«, meinte Emilio.

      Die Kerle standen tatsächlich auf meine blonden Locken und blauen Augen, die mir das Aussehen eines Engels verliehen. Manche wollten mich entweihen, andere wollten mich anbeten. Aber alle waren der Überzeugung, so gut wie mit ihnen wäre Sex für mich noch nie gewesen, und sie bezahlten mich prächtig dafür, dass ich sie in dem Glauben ließ.

      Zynisch? Ich? Na gut, vielleicht ein bisschen.

      »Ich weiß nicht, Süßer«, sagte ich zögerlich. »Lass mich drüber nachdenken.«

      Emilio seufzte. »Es ist so, Rock. Ich wollte es dir schonend beibringen, aber du hast in dem Fall keine Wahl. Dein Freund Danny, der sich wer weiß wohin verdrückt hat, hat angerufen und Cisco mitgeteilt, er wäre raus. Als ob das so einfach ginge. Schließlich steht er tief in Ciscos Schuld, dafür, dass er ihn gerettet hat.«

      Mein Magen vollführte einen Salto. »Er hat sich bei Cisco gemeldet?«

      »Vor zwei Tagen«, berichtete Emilio, und ich schloss vor Erleichterung die Augen. Dann war Danny am Leben, oder zumindest war er das vor zwei Tagen noch gewesen.

      »Tja, und da Snow White ausdrücklich nach Danny verlangt, hat Cisco seine Männer auf die Suche geschickt. Aber Danny ist spurlos verschwunden.« Damit bestätigte Emilio, was ich gestern Nacht auf meiner stundenlangen Tour durch die Stadt ebenfalls herausgefunden hatte.

      »Also hat Cisco beschlossen, dass du am Samstag an Dannys Stelle zu Snow White gehst. Ich schicke dir eine Nachricht mit den Einzelheiten. Und wenn du nicht erscheinst, verschwindest du besser für immer, denn Cisco wird ein Kopfgeld auf dich aussetzen.«

      Ich zuckte zusammen. »Verdammt!« Mir war klar, dass Emilio nicht scherzte. Aber wenn Snow White hinter Danny her war, war Cisco mein kleinstes Problem. Snow White interessierte sich ganz sicher nicht wegen der guten Blowjobs für Danny, sondern weil er sicherstellen wollte, dass Danny über jene Nacht den Mund hielt. Und zwar für immer.

      Ich warf die Decke beiseite, sprang aus dem Bett und lief in dem schmalen Raum hin und her. Obwohl die Klimaanlage praktisch Eiswürfel ausspuckte, war ich in Schweiß gebadet. Die Lage war wirklich übel.

      »Weißt du, ich verstehe dich nicht. Dieses ganze Drama, nur weil du deinen Job machen sollst«, sagte Emilio, und ich wäre beinahe in Lachen ausgebrochen. Der Typ hatte doch keine Ahnung, worum es hier wirklich ging. »Du hast zu den besten Pferden in Ciscos Stall gehört. Du hattest Potenzial.«

      Damit lag Emilio nicht ganz falsch. Im Büro des Vertrauenslehrers an meiner alten Highschool hing ein Poster an der Wand, das uns wohl als Inspiration hatte dienen sollen. Es zeigte einen bunt gestreiften Heißluftballon, und darüber prangte völlig zusammenhanglos die Überschrift: »Was immer du tust, mach es gut!« Ich war mir ziemlich sicher, dass Mr Cheever nicht von mir erwartet hätte, dieses Motto auch auf die Prostitution anzuwenden, allerdings nur, weil die Erziehungsbeauftragten von Alamosa, Colorado, unvorstellbar einfallslose Blödmänner waren.

      Ich war nie der Illusion aufgesessen, Sex sollte eine heilige, magische Erfahrung sein – ich hatte einfach Spaß daran, fertig. Deshalb war ich auch nicht völlig entsetzt gewesen, als Cisco mich an jenem Abend an der Bar des Klubs angesprochen hatte, wo ich meine Sorgen wegen der fünfzigtausend Dollar zu ertränken versuchte, die mir dank meiner lieben Mutter für die Studiengebühr fehlten. Warum zum Teufel eigentlich nicht, hatte ich gedacht und die Gelegenheit bereitwillig ergriffen.

      Escort-Boy steht bei niemandem auf der Liste der Traumberufe, und die Aufstiegschancen sind gleich null, aber ich war noch nie der Typ für halbe Sachen. Ich will nicht angeben, aber als ich mich dem ältesten Gewerbe der Welt erst einmal ernsthaft verschrieben hatte, war ich sensationell gut darin. Äußerst professionell plante ich jede Begegnung mit kühlem Kopf und größter Präzision. Sowohl Männer als auch Frauen standen auf mich. Ich war durchtrainiert, gepflegt und hatte meine Fähigkeiten perfektioniert.

      Worüber gewöhnlich niemand spricht, das ist die seltsame Macht, die man ausüben kann. So war es jedenfalls für mich. Ganz ehrlich, es war eine lebensverändernde Erfahrung, als ich das erste Mal vor einem Mann kniete und hörte, wie er mich um mehr anbettelte.

      Über diesen ersten Freier könnte ich nicht mehr viel sagen. Weder sein Aussehen noch sein falscher Name oder die erfundene Geschichte, die er über sich erzählte, sind mir im Gedächtnis geblieben. Aber was ich nie vergessen werde, ist seine Armbanduhr, eine Patek Philippe Triple Complication mit Ziffernblatt aus Weißgold, die er an einem schwarzen Band aus Krokodilleder ums Handgelenk trug. Diese Uhr war mehr wert als der Wohnwagen, in dem Ridge und ich aufgewachsen waren. Ach was, den ganzen Wohnwagenpark hätte man damit bezahlen können, und einen Sportwagen von Bugatti noch dazu.

      Aber als ich mit seinem Schwanz im Mund vor ihm kniete, war es völlig egal, dass er genug Geld hatte, um mich im wahrsten Sinne des Wortes kaufen zu können. Ich besaß die Macht, ihn betteln zu lassen. Ich hielt ihn immer ganz knapp vor dem Höhepunkt, und er hätte alles dafür getan, dass ich ihn endlich kommen ließ. Auf meinen Befehl hin hätte er wie ein Hund gebellt, mir die Uhr überschrieben oder ewige Liebe geschworen – und das alles ohne das geringste Zögern.

      Ich hatte die Kontrolle gehabt. Mich stark gefühlt. Unantastbar.

      Bis ich den unumstößlichen Beweis dafür erhalten hatte, dass ich keineswegs unantastbar war.

      »Was auch immer du für ein Problem hast, Rocky, komm drüber weg«, riet mir Emilio. »Cisco entscheidet, wann er mit uns fertig ist. Vergiss das nicht.« Er schwieg kurz. »Und mit dir ist er noch nicht fertig.«

      Das Handy bestätigte mit dreimaligem Piepen, dass er aufgelegt hatte.

      Na super. Verdammte Scheiße.

      Ich zog mir ein T-Shirt und Basketballshorts an und machte mir zur Beruhigung eine Tasse Zitronentee. Etwas anderes hatte ich in Chads Küchenschrank nicht gefunden.

      Während der Tee zog, rief ich Danny an. Seine Mailbox ging dran. Mal wieder.

      »Verdammt noch mal, Danny, ruf mich endlich zurück. Emilio sagt, Cisco ist auf der Suche nach dir, und Snow White auch. Ich will dich zu nichts überreden, in Ordnung? Ich will nur wissen, ob es dir gut geht.«

      Ich warf das Telefon auf die Arbeitsplatte, wo es geräuschvoll


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