Pros & Cons: Steele. Lisa Schnack

Pros & Cons: Steele - Lisa Schnack


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du von Ridge verlangen, dass er sich sein Kletterseil beim Discounter kauft? Oder Carson vorschlagen, sich auf dem Flohmarkt nach neuen Anzügen umzusehen? Hast du eine Ahnung, was meine Ausrüstung wert ist, Steele? Zehntausende. Ich habe alles selbst gebaut, nach meinen ganz persönlichen Bedürfnissen und Anforderungen. Das hat Jahre gedauert, aber jetzt ist mein System jeder Aufgabe gewachsen.« Wes sah mich mit weit aufgerissenen Augen an und atmete schwer. »Wenn ich sage, ich brauche meine Ausrüstung, dann brauche ich verdammt noch mal meine Ausrüstung!«

      »Ruhig, Brauner. Wenn du dein Zeug so unbedingt brauchst, besorgen wir es dir eben.«

      »Wir stellen Ihnen alles zur Verfügung, was Sie benötigen, natürlich auch Ihre maßgeschneiderte Ausrüstung. Können wir jetzt bitte weitermachen, meine Herren?« Miranda seufzte. »Ich habe heute noch einige andere Termine.«

      »Das Böse ruht nie.« Ich zog die Augenbrauen hoch.

      Sie grinste mich an. »Wie Sie schon bald herausfinden werden.« Zu meiner Überraschung holte die Drachenlady einen Umschlag aus dem Aktenkoffer und reichte ihn mir. »Sie dürfen den Anfang machen.«

      Ich streckte langsam die Hand aus, als könnte der Umschlag mich beißen. Dabei fühlte ich mich wie der Gewinner einer Gameshow, bei der ich gar nicht hatte mitmachen wollen.

      »Fünf Aufträge, fünf Umschläge«, verkündete Miranda. »Und jeder von Ihnen wird eine Mission anführen.«

      »Ist das auch eine von Charlies Instruktionen?«, erkundigte sich Agent Shook bissig.

      »Nein, die ist von mir.« Miranda lächelte ihn selbstzufrieden an. »Meiner Erfahrung nach sind Kriminelle wie Vorschulkinder. Je früher sie lernen, sich den Sandkasten zu teilen, desto besser für alle.«

      »Soll ich ihn öffnen?«, fragte ich Miranda.

      Sie neigte graziös den Kopf, aber ich zögerte. Sollte der Umschlag Kopien von dem Mist enthalten, mit dem Charlie mich erpresste, würde ich ihn keinesfalls in dieser Runde öffnen. Ich traute diesen Typen nicht weiter, als ich sie werfen konnte. Nicht, dass ich etwas zu verstecken gehabt hätte, aber es würde anderen Menschen schaden, wenn gewisse Dinge ans Licht kämen. Ich ließ die Verdienstmedaille über meine Handknöchel tanzen, hin und her, während ich meine Möglichkeiten abwägte.

      Miranda schien meine Bedenken zu erraten. »Die Informationen in dem Umschlag beziehen sich ausschließlich auf den Fall, den Sie übernehmen sollen«, versicherte sie mir. »Die Sie betreffenden Informationen bleiben unter Verschluss, es sei denn, Sie möchten sie preisgeben.« Sie blickte in die Runde. »Das gilt für Sie alle.«

      Miranda stand auf und klappte den Aktenkoffer zu. Mit dem typischen Klicken rasteten die Schlösser ein. »Im ersten Stock befinden sich die Gästezimmer, bitte suchen Sie sich jeder eines aus. Josie steht Ihnen für alle Fragen zum Haus oder zu Ihren persönlichen Sachen zur Verfügung. Ansonsten gehe ich davon aus, dass Sie alle wissen, was Sie zu tun haben.« Sie musterte jeden von uns ein letztes Mal. »Viel Glück, meine Herren. Charlie glaubte an Sie, und falls es Sie interessiert, ich tue es auch.«

      Ich steckte die Medaille zurück in die Hosentasche. Dann riss ich den Umschlag auf und entdeckte einen Stapel Fotos darin, die ich herauszog. Wesley beugte sich vor und stieß einen anerkennenden Pfiff aus.

      Zu Recht. Grundgütiger. Die Aufnahmen zeigten einen Dreier unter Männern. Und waren ziemlich heiß, wenn man den Alten in der Mitte ignorierte, was leichtfiel, da sein Gesicht nicht zu erkennen war. Aber die übrigen beiden? Wahnsinn. Der eine hatte braunes Haar und unglaubliche Bauchmuskeln, der andere war blond und hatte den knackigsten Hintern, den ich je gesehen hatte. Der Alte hatte wirklich Glück. Wahrscheinlich bezahlte er die beiden dafür.

      Moment mal. Ich hielt mir die Fotos dichter vor die Augen und ließ den Blick zwischen dem Blonden und Ridge hin- und herwandern. Bei all der nackten Haut und den beiden Knackärschen auf den Bildern fiel es mir schwer, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Trotzdem war ich mir sicher, herausgefunden zu haben, womit Charlie unseren Meisterdieb erpresste.

      Ich schob die Bilder zurück in den Umschlag und hielt ihn Ridge hin. »Hey, Engelchen, gibt es irgendwas, das du der Klasse mitteilen möchtest? Vielleicht ein paar alternative Einkommensquellen, die du bisher verheimlicht hast?«

      Ridge nahm den Umschlag mit einem Gesichtsausdruck entgegen, als vermute er Hundescheiße darin. Etwas anderes war der Inhalt für ihn sicher auch nicht. Das merkte man ihm an, als er die Fotos herauszog.

      »Die Bilder zeigen einen Freier mit zwei Escort-Boys«, erklärte ich Carson und Mr Bundesagent, die sich nicht von ihren Plätzen gerührt hatten. »Wer der Freier ist, weiß ich nicht, aber der Blonde mit dem erfreulich knackigen Hintern sieht Engelchen zum Verwechseln ähnlich.«

      Mit versteinerter Miene blätterte Ridge die Fotos durch, dann noch einmal. Eins zog er zur näheren Betrachtung heraus. Kurz blitzte Schmerz auf seinen Zügen auf, und von da an stand für mich fest, dass ich ihm helfen würde, egal, worum es bei diesem Fall ging. Einem hübschen Kerl in Not konnte ich nicht widerstehen.

      »Und?« Wesley konnte seine Neugier nicht länger unterdrücken.

      Mit grimmiger Miene gab Ridge mir den Stapel zurück. »Das bin nicht ich auf den Fotos«, erklärte er. »Das ist mein Zwillingsbruder Breck.«

      BRECK

      »Work Bitch« von Britney Spears plärrte aus dem Handylautsprecher und riss mich aus einem Albtraum, in dem ich fast in eiskaltem Wasser ertrunken wäre. Ich zitterte immer noch so heftig, dass mir die Zähne klapperten.

      Obwohl ich dem unbekannten Anrufer dankbar für meine Rettung war, ärgerte ich mich gleichzeitig sehr über die Frechheit, mich noch vor dem Morgengrauen aus dem Schlaf zu klingeln. Gut, genau genommen war es bereits später Vormittag, aber ich war schon immer eher eine Nachteule als eine Frühaufsteher-Lerche gewesen, also kam es auf das Gleiche raus.

      Traurigerweise war mir die eisige Kälte aus dem Land der Träume in die subarktische Wirklichkeit meiner »geborgten« Mietwohnung in Dupont Circle gefolgt.

      »Was?«, blaffte ich in das Handy, als der Traum sich verflüchtigt und mein Puls sich beruhigt hatte. Mühsam öffnete ich ein Auge. Zum Glück nur einen Spaltbreit, denn einzelne Strahlen grellen Sonnenlichts stahlen sich an den Rändern der Verdunklungsvorhänge vorbei und drohten, mir die Netzhaut zu versengen. Schnell kniff ich das Auge wieder zu.

      »Ich habe Neuigkeiten für dich«, verkündete eine Männerstimme. Sie triefte nur so vor Schadenfreude.

      Shit. Emilio. Der stand auf meiner Popularitätsliste ganz weit unten, und wenn man in Betracht zog, mit welcher Art von Leuten ich neuerdings zu tun hatte, wollte das etwas heißen.

      Ich schlug die Augen auf und starrte die Zimmerdecke an, wobei ich mich im Stillen mal wieder dafür verfluchte, dass ich nie nachsah, wer anrief, bevor ich abnahm. Zur Strafe würde ich mir jetzt zehn Minuten lang Emilios gehässiges Gerede anhören müssen.

       Deswegen wurde die Anruferidentifizierung erfunden, Dumpfbacke.

      Für die meisten Leute klingt ihre innere Stimme wahrscheinlich genau wie sie selbst, nur ein bisschen gemeiner. Bei mir war das anders, was einerseits ein Vorteil, andererseits ein Nachteil war. Meine innere Stimme hörte sich genauso an wie die meines Zwillingsbruders Ridge. Er und ich unterschieden uns nur in einer Sache: Ridge war ein Kontrollfreak, der kein Blatt vor den Mund nahm, und er nannte mich gern »Dumpfbacke«. Ich liebte ihn trotzdem mehr als irgendjemanden sonst auf diesem Planeten. Somit galt für meine innere Stimme dasselbe wie für Ridges Existenz: Ich empfand sie gleichzeitig als beruhigend und nervig.

      Mann, wie ich ihn vermisste. Meistens. Aber in diesem Moment war ich froh darüber, dass Ridge sich rarmachte, seit ich mich an der George Washington University eingeschrieben hatte. Er würde mir einen mächtigen Tritt in den Hintern verpassen, wenn er wüsste, in was ich mich hineingeritten und was ich mit dem Geld für die Studiengebühr angestellt hatte, das er mir gegeben hatte.

      Ridge


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