Pros & Cons: Steele. Lisa Schnack

Pros & Cons: Steele - Lisa Schnack


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Stufe vier. Ich bin ein toller Typ, du bist ein toller Typ, und wir beide stehen auf tolle Typen. Später irgendwann Lust auf Sex?

      Er blickte einfach durch mich hindurch, mit Augen, so kalt und leer, wie ich sie bisher nur bei Scharfschützen und Eishockeytorhütern gesehen hatte. Es fühlte sich an, als hätte er mir einen Eimer kaltes Wasser ins Gesicht geschüttet.

      Gut, dann eben nicht. Ich lächelte weiter, änderte beiläufig den Kurs und setzte mich neben Wesley, wobei ich mit einer Hand die Knöpfe meines Jacketts öffnete.

      Wesley, der kleine Scheißer, simulierte mit den Händen einen Flugzeugabsturz und untermalte das Ganze mit nahezu lautlosen Soundeffekten.

      »Was soll’s? Eh nicht mein Typ«, murmelte ich ihm zu. Das war nur zum Teil gelogen. Ich stand auf Männer, die etwas zugänglicher waren und – um ganz ehrlich zu sein – etwas weniger selbstsicher. Ich mochte es, wenn jemand mich brauchte. Engelchen kam bestens allein klar, das merkte ich ihm an.

      Miranda schlug die Beine übereinander und wippte mit dem oberen Stiletto-beschuhten Fuß rhythmisch zu einer Melodie, die wohl nur sie wahrnahm. Sie war eine gut aussehende, schlanke Frau, deren durchdringenden grünbraunen Augen nichts entging. Sie wirkte, als würde sie all unsere Geheimnisse kennen. Und dem Brief nach zu urteilen, der mich dazu veranlasst hatte, mich von meinem heimatlichen Sumpf an die Sonnenküste zu begeben, tat sie das auch.

      Eine lateinamerikanisch wirkende Frau von unbestimmbarem Alter, die eine Art Hausmädchenuniform trug, wie ich sie nur aus Filmen kannte, rollte einen eleganten Servierwagen herein. Darauf standen ein silbernes Kaffeeservice und ein mit Kondenswasser beschlagener Krug voll Eistee.

      »Tee für die Herren? Ms Bosley?« In ihrer Stimme schwang nur ein Hauch von Akzent mit. »Oder Kaffee? Ich kann beides anbieten.«

      Miranda schloss die Augen und massierte sich die linke Augenbraue. »Josie, was soll denn das?«

      Josie richtete sich auf und blinzelte. »Es ist heiß, Miran… Ma’am. Ich dachte, nach der Beerdigung wäre eine Erfrischung angenehm.«

      Miranda hielt die Augen geschlossen, wies Josie jedoch mit einer Geste an, weiterzumachen. Der Wagen bewegte sich fast lautlos über den polierten Holzboden.

      »Oh, was haben wir denn hier für einen niño bonito, einen hübschen jungen Mann?« Josie reichte Engelchen ein Glas mit Eistee. Ich hätte schwören können, dass sie ihn nur zu gern in die Wange gekniffen hätte. Ihr Akzent klang allerdings eher nach Südstaaten als nach Mexiko, was ihre Herkunft anging. Wahrscheinlich sprach sie nicht besser Spanisch als ich: gut genug, um eine Mahlzeit zu bestellen, nach der Toilette zu fragen oder zu flirten.

      Miranda seufzte schwer, als Josie den Wagen in meine Richtung schob.

      »Eistee? Sie sehen ein wenig erhitzt aus.« Josie schenkte mir bereits ein Glas ein, bevor ich auch nur zu einer Antwort ansetzen konnte.

      »Danke, Ma’am.« Ich nahm das herrlich kalte Glas entgegen und seufzte glücklich auf, als ich daran nippte. Es schmeckte eher wie Zuckerlimo mit einem Hauch von Tee-Aroma, genau wie der Eistee meiner Mutter.

      Josie richtete sich auf und blickte mir direkt in die Augen. »Sie riechen nach Ärger. Und sehen viel zu gut aus. Was Sie sicher nicht zum ersten Mal hören.«

      Ich grinste sie an. Für Frauen mittleren Alters hatte ich etwas übrig. Ihnen konnte man nichts vormachen – sie durchschauten einen sofort. Josie und meine Mutter würden sich prächtig verstehen.

      »Josie.« Miranda klang schnippisch.

      Josie presste die Lippen zusammen, und ich hätte schwören können, dass sie dabei vor Entrüstung schnaubte. Egal, was zwischen den beiden vorging, Josie hatte mich bereits auf ihre Seite gezogen. Nachdem sie auch den Rest der Gruppe mit Getränken versorgt hatte, rollte sie den Wagen zu Miranda. »Fehlt sonst noch etwas? Ich könnte noch bleiben und ein paar Snacks zubereiten.«

      »Nein, danke.«

      »Ganz sicher nicht, Ma’am?«

      Ich hätte gegen ein paar Pizzen nichts einzuwenden gehabt.

      »Ganz sicher. Und, Josie?«

      »Ja?«

      »Bringen Sie bitte dieses lächerliche Kostüm dahin zurück, wo auch immer Sie es gefunden haben.« Miranda verbarg ihr Lächeln hinter vorgehaltener Hand, doch ihre Augen verrieten sie.

      »Gefällt es Ihnen nicht?« Josie nahm die weiße Schürze ab. »Ich mag es. Ich finde, es verleiht mir ein offizielles Aussehen.«

      Miranda schüttelte gutmütig den Kopf. »Das haben Sie wirklich nicht nötig, Josie.«

      Josie reichte ihr eine zierliche Tasse, gefüllt mit Kaffee, ohne Milch. »Wie Sie wünschen, Miranda.«

      »Danke sehr.« Miranda nahm einen Schluck, und sofort entspannten sich ihre Schultern ein wenig. »Ich rufe Sie nach der Besprechung an.«

      Josie nickte und öffnete den Mund, als ob sie etwas sagen wollte, ging dann jedoch kopfschüttelnd davon.

      Sehr interessant. Ich hatte schon mit vielen reichen Leuten zu tun gehabt, sogar mit ein paar äußerst einflussreichen Staatsanwälten, und normalerweise nahmen diese eine Bedienstete so gut wie nie zur Kenntnis. Umgekehrt würde eine Hausangestellte es sich nie herausnehmen, auf diese Weise mit ihrem Arbeitgeber zu sprechen.

      Es war bereits später Nachmittag, und die tief stehende Sonne sandte ihre Strahlen durch die getönten Fenster. Reflektiert vom türkisfarbenen Wasser des Ozeans, tauchten sie das Zimmer in einen goldenen Schein. Winzige Partikel tanzten im Licht, und mir fiel auf, dass die Regale und Dekorationsgegenstände in dem geschmackvoll eingerichteten Raum von Staub bedeckt waren. Charlie hatte dieses Zimmer entweder schon lange nicht mehr benutzt, oder er hätte ein paar echte Hausmädchen beschäftigen sollen.

      »Lassen Sie uns anfangen.« Miranda zog einen braunen Umschlag aus ihrem Aktenkoffer und legte ihn sich auf den Schoß. »Bevor wir uns den Details Ihres Auftrags widmen, halte ich eine Vorstellungsrunde für angebracht.«

      »Meiner Meinung nach sollten wir schnellstmöglich zum Punkt kommen«, widersprach Mr Bundesagent. »Ich kenne bereits drei dieser Männer, und mit keinem von ihnen möchte ich unbedingt Freundschaft schließen.«

      Jemand sollte diesem Kerl mal eine reinhauen, damit ihm das spöttische Grinsen verging. Allerdings wäre es schade um sein Gesicht. Er sah gut aus, wenn man auf den Typ stand. Markant wie Captain America, wenn er nicht gerade so tat, als wäre er was Besseres. Denn da er mitten unter uns in diesem Zimmer saß, statt Verbrecher zu verhaften, nahm ich an, dass sein Heiligenschein etwas von seinem Glanz verloren hatte. Vielleicht sollte er seine Einstellung noch mal überdenken.

      Aber gut. Es gab mehr als einen Weg, einen Typen wie ihn zu provozieren. Ich hielt zwar vieles über mich und meine Vergangenheit geheim, aber zu meiner Homosexualität stand ich. Schließlich hatte ich die Zeit als schmächtiger schwuler Halbwüchsiger nicht überlebt, um meine sexuelle Orientierung als Erwachsener wieder zu verstecken.

      Ich lehnte mich zurück und überkreuzte gemächlich die Beine, was seine Aufmerksamkeit erregte. Während ich mir die Manschetten zurechtzog und die Bügelfalten meiner Hose richtete, ließ ich den Blick langsam an Mr Bundesagent rauf- und runterwandern. Ich musterte ihn ganz offen, hob eine Augenbraue und grinste ihn an.

      »Ach, wirklich?« Ich ließ ein wenig Süd-Georgia-Sumpfratten-Akzent durchklingen. »Ich hätte nichts dagegen, dir zu zeigen, wie freundschaftlich ich werden kann.« Ich beugte mich vor. »Sobald du dir den Stock aus dem Hintern geholt hast, Mr Bundesagent.« Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Miranda an ihrem Kaffee nippte und uns beobachtete.

      Zu meiner Überraschung zog der Kerl ebenfalls eine Augenbraue hoch und nahm mich von Kopf bis Fuß in Augenschein. Einerseits war das irgendwie heiß, andererseits beschlich mich aber ein ungutes Gefühl. Anscheinend registrierte er jedes noch so kleine Detail und speicherte es mental ab. Als würde er erkennen, dass der teure Anzug ein Geschenk eines großzügigen Gönners gewesen war, während ich die Tommy-John-Unterwäsche


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