Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen. Christoph Hillebrand
d) Erlöschen
489
Die Anweisung erlischt mit Erbringung der angewiesenen Leistung. Vor ihrer Annahme und Ausfolgung der angewiesenen Leistung[210] kann die Anweisung vom Aussteller jederzeit frei widerrufen werden (§ 790). Dieser Widerruf ist beim Scheck als Sonderform der Anweisung ausgeschlossen (Art. 32 ScheckG), allerdings besteht der uneingeschränkte Handelsbrauch zur Beachtung jedes Scheckwiderrufs durch stillschweigendes Abbedingen von Art. 32 ScheckG. Tod und Eintritt der Geschäftsunfähigkeit eines der Beteiligten bringen die Anweisung nicht zum Erlöschen (§ 791).
e) Anweisung an einen Kaufmann
490
Die handelsrechtliche Anweisung, vgl. §§ 363–365 HGB, setzt Kaufmannseigenschaft des Angewiesenen voraus und darf in ihrer Wirkung nicht von einer zu erbringenden Gegenleistung abhängig gemacht sein. Sie kann auch an (eigene) Order gestellt werden. Besondere Formen der Anweisung sind sodann Scheck und Wechsel, für welche besondere Regelungen im ScheckG und WG gelten.
f) Akkreditiv
491
Das Akkreditiv ist keine Anweisung und kein Wertpapier, sondern dient der Zahlungssicherung, zumeist im internationalen Warenverkehr zwischen Exporteur und Importeur. Dabei beauftragt ein Käufer eine Bank zu einer Auszahlung unter bestimmten formalen Voraussetzungen (z.B. Vorlage von Lieferdokumenten beim sog. Dokumentenakkreditiv). Die Bank eröffnet das Akkreditiv sodann gegenüber dem Verkäufer durch ein (ggf. entsprechend bedingtes) abstraktes Zahlungsversprechen – zumeist durch Zwischenschaltung einer Korrespondenzbank im Land des Zahlungsempfängers. Der Verkäufer erhält eine Sicherheit im Hinblick auf seine Vorleistungspflicht.
2. Wechsel als Wertpapier
492
Das Wesen der Anweisung ist die Doppelermächtigung. Der Bezogene (die Bank) wird ermächtigt, die angewiesene Summe im eigenen Namen an den Remittenten auszuzahlen und der Remittent wird ermächtigt, die Zahlung im eigenen Namen vom Bezogenen anzunehmen. Eine Verpflichtung des Bezogenen auf Auszahlung an den Remittenten entsteht dadurch noch nicht. Erst die Annahme schafft den Verpflichtungsgrund. Bedeutung hat dies vor allem für den dadurch eintretenden Ausschluss von Einwendungen. Der Angewiesene kann nach Annahme Einwendungen aus seinem etwaigen Rechtsverhältnis zum Aussteller dem Empfänger der Anweisung nicht mehr entgegensetzen (§ 784 Abs. 1 HS. 2). Die Verpflichtung aus der angenommenen Anweisung ist eine abstrakte. Dies spiegelt sich in der Übertragung der Anweisung (§ 792) wieder.
Wird die bereits angenommene Anweisung nach den Regeln der Abtretung (§§ 792 Abs. 3 S. 2, 398) übertragen, so geht die (abstrakte) Forderung mit allen gegen sie gerichteten (selbstverständlich nicht denjenigen aus dem Grundverhältnis, die durch § 784 Abs. 1 HS. 2 abgeschnitten sind) Einwendungen nach Zessionsrecht auf den neuen Empfänger (Zessionar) über. Erst wenn der Bezogene (erneut) gegenüber Letzterem annimmt, werden wiederum die Einwendungen auch aus dem Verhältnis zum vorangehenden Anweisungsempfänger ausgeschlossen.
Die Bedeutung von Wertpapieren liegt nun darin, dass die Urkunde (das Wertpapier) aus sich selbst heraus (konstitutiv) einen klagbaren Anspruch (wechselrechtliche Verpflichtung) schafft, der in der Hand des berechtigten Inhabers von Einreden aus (allen) früheren Kausalverhältnissen (Valuta- und Deckungsverhältnisse) unabhängig ist. Diese Funktion übernimmt für den Wechsel Art. 17 WG. Dadurch verbessert sich die Umlauffähigkeit erheblich. Hinzu kommt, dass beim Wechsel jeder Inhaber, der den Wechsel weiter überträgt, sich ebenfalls zur Zahlung verpflichtet (Art. 15 Abs. 1 WG, sog. Garantiefunktion). Da auch auf diese Verpflichtung der Einwendungsausschluss nach Art. 17 WG anzuwenden ist, erhöht sich die Kreditwürdigkeit des Wechsels beim Umlauf durch jede Übertragung. Diese konstitutive Wirkung des Wertpapiers als Urkunde führt sodann dazu, dass strenge Formalanforderungen an die Erstellung und Übertragung des Wechsels gestellt werden und seine Übertragung sich nicht nach der zugrundeliegenden Forderung richtet, sondern das Eigentum am Papier der Urkunde maßgeblich ist.
3. Entstehung der Wechselobligation
493
Die Wechselschuld ist Skripturschuld. Ihre Gültigkeit setzt die Entsprechung mit den Formalien des Art. 1 WG voraus (vgl. Art. 2 Abs. 1 WG). Durch die Ausstellung des Wechsels wird der Bezogene zunächst nur ermächtigt, an den im Wechsel bezeichneten Remittenten zu zahlen (und diese Zahlung als Leistung im Deckungsverhältnis mit dem Aussteller zu verrechnen). Eine wechselmäßige Verpflichtung entsteht erst durch die Annahme (Wechselakzept, vgl. Art. 28 Abs. 1 WG).
Die Annahmeerklärung ist dabei nicht an den Aussteller, sondern an den Remittenten gerichtet. Sobald der Remittent den Wechsel erlangt und dabei (konkludent) die Annahmeerklärung des Bezogenen annimmt, kommt zwischen beiden ein wechselmäßiger Verpflichtungsvertrag zustande. Dadurch wird eine selbstständige Wechselverbindlichkeit begründet, die vom Grundverhältnis und entsprechenden Einreden unabhängig (abstrakt) ist. So kann der Bezogene („Akzeptant“) nach erklärter Annahme („Akzept“) gegenüber dem Remittenten keine Einreden aus dem Grundverhältnis zum Aussteller erheben (z.B. Erfüllung nach § 362), es sei denn, dass der Remittent beim Erwerb des Wechsels bewusst zum Nachteil des Schuldners gehandelt hat (vgl. Art. 17 WG). Noch weitergehender setzt die abstrakte Annahmeerklärung auf dem Wechsel einen Rechtsschein dergestalt, dass auch sie selbst und damit also den abstrakten Verpflichtungsvertrag treffende Einreden ausgeschlossen sind (so die herrschende Rechtsscheintheorie); stets vorausgesetzt, dass der Anspruchsteller diesbezüglich gutgläubig ist (z.B. Irrtum, Täuschung, Drohung, vgl. Rn. 497).
4. Übertragung des Wechsels
494
Anspruchsteller aus dem Wechsel als Wertpapier kann nur der berechtigte Inhaber sein. Maßgeblich hierfür ist das Eigentum an der Urkunde selbst, das nach §§ 929 ff. übertragen wird. Dies gilt für die Übertragung an den Remittenten gleich wie für spätere Abtretungen. Während der Remittent notwendigerweise bereits auf der Urkunde vermerkt sein muss, setzt die weitere Übertragung ein sog. Indossament (Art. 11 ff. WG) voraus. Dieses hat die Bestimmung zum Inhalt, dass nunmehr an den Indossatar gezahlt werden solle.
a) Übertragungsvertrag und Verpflichtungsvertrag
495
Hierbei sind nun zwei vertragliche Vorgänge streng zu unterscheiden: Einerseits der sachenrechtliche Übertragungsvertrag (§ 929 S. 1), andererseits der durch Wechselakzept bzw. für die weiteren Übertragungen durch Indossament gegenüber dem Empfänger angebotene wechselmäßige Verpflichtungsvertrag. Für die Geltendmachung des Wechselanspruchs ist allein das wirksam erlangte Eigentum – damit der sachenrechtliche Übertragungsvertrag – maßgeblich. Erleichterung bietet die widerlegliche Vermutung zu Gunsten des Besitzers des Wechsels, sofern er formell durch eine ununterbrochene Kette von Indossamenten namentlich (aber auch durch Blankoindossamente) legitimiert ist (Art. 16 Abs. 1 WG). Außerdem hindert es den Eigentumserwerb eines Gutgläubigen nicht, wenn der Wechsel zuvor „irgendwie abhanden gekommen“ ist (Art. 16 Abs. 2 WG).
Damit ist der gutgläubige Erwerb des Wechsels und mithin des daraus folgenden Anspruchs sehr weitgehend möglich. Damit steht allerdings noch nicht fest, dass der Eigentümer des Wechsels gleichzeitig eine Wechselforderung auch gegen alle diejenigen erlangt hat, deren Unterschriften der Wechsel aufweist. Vielmehr muss die wechselmäßige Verpflichtung jedes Einzelnen festgestellt werden. Diese wiederum richtet sich allein