Zahlensprache. Monika Maria Martin

Zahlensprache - Monika Maria Martin


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zu komplexen Konstrukten zusammen.

      Die Heilige Schrift besteht aus Zeichen, von denen jedes einen Namen hat. Jedes trägt eine Bedeutung in sich und wird mit einem Bild beschrieben, das seine Aussagekraft symbolisiert. In Kombination miteinander bringen Zeichen etwas Neues hervor und etwas Gemeinsames zum Ausdruck. Sie tun das auf ähnliche Weise, wie sich etwa die chemischen Elemente Wasserstoff, H, und Sauerstoff, O, zu Wasser, H2O, verbinden.

      Die Bibel zu ergründen ist also ähnlich komplex wie die Materie zu erforschen. Zum Verständnis beider Welten ist erforderlich, sich mit ihren Grundlagen vertraut zu machen.

      Die Welt der Bibel basiert auf 22 „festen“ Elementen = 22 Konsonanten. Die Grundstruktur dieser 22 hebräischen Schriftzeichen bilden die Zahlen von 1 bis 10. Darauf aufbauend folgen 20, 30, 40 usw. bis 100. Dann wiederholt sich die Reihenfolge auf der Ebene der Hunderter, dort aber nur bis 400. 400 ist das letzte der 22 Zeichen.

      Tabelle Hebräischer Schriftzeichen

       (https://miunske.org/wp-content/uploads/2019/01/Tabelle_Hebraeische_Schriftzeichen.pdf)

      Diese Tabelle gibt eine Übersicht über die hebräischen Zeichen, deren Schreibweise, Aussprache und über die Zuordnung der Buchstaben zu den jeweiligen Zahlen. Außerdem sind darin die Zahlenwerte der einzelnen Zeichen aufgelistet, die für das Verständnis der Aussagekraft wesentlich sind. Sie gliedern sich in Äußerer Wert, Voller Wert, Verborgener Wert und Atbasch-Wert. Was damit zum Ausdruck kommen soll, zeigt sich am besten anhand eines Beispiels. Dafür bietet sich das Wort „Adam“ an, der hebräische Ausdruck für „Mensch“.

      Adam wird A D M geschrieben, die Aleph am Beginn wird berücksichtigt, das zweite A als Vokal nicht: A = 1, D = 4, M = 40, das ergibt in Zahlen ausgedrückt 1–4–40.

      Der Äußere Wert von 1–4–40 ist die Summe dieser Zahlen, also 1 + 4 + 40 = 45. Dieser Wert steht für das Erscheinende, das Offensichtliche in der diesseitigen, physisch wahrnehmbaren Welt, in der Welt von Zeit und Raum. Diese Welt entspricht der linken Seite. Das ist im Schriftbild des Hebräischen die Schreibrichtung, es wird von rechts nach links geschrieben.

      Der Volle Wert umfasst alle Zahlen der einzelnen Zeichen eines Wortes:

      A – Voller Wert von „Aleph“ als Summe von 1–30–80 = 111

      D – Voller Wert von „Daleth“ als Summe von 4–30–400 = 434

      M – Voller Wert von „Mem“ als Summe von 40–40 = 80

      625 ist die Summe daraus und damit der Volle Wert für Adam. Dieser Wert bildet das Absolute, Hintergründige, den Ursprung ab, die rechte Seite, aus dieser Richtung kommen die Zeichen.

      Der Verborgene Wert drückt aus, wie der Mensch = Adam von der linken zur rechten Seite gelangt, wie er ausgehend vom Physischen das Immaterielle erreichen kann. Dieser Weg von links nach rechts ist in diesem Sinn ein sehr wesentlicher Faktor und wird beschrieben durch die Differenz zwischen Vollem und Äußerem Wert: 625–45 = 580. Der Verborgene Wert für Adam ist 580.

      Der Atbasch-Wert bringt zum Ausdruck, dass die erscheinende Welt nur eine Hälfte ist und der andere Teil im Absoluten liegt. Der Atbasch-Wert weist auf einen Spiegeleffekt zwischen beiden Hälften hin, denn er ist der Wert des genau gegenüber liegenden Zeichens, ausgehend von einer gedachten Mitte im hebräischen Alphabet nach 11 Konsonanten. Aleph spiegelt sich in der Taw, Beth in der Schin, Gimmel in der Resch usw. und hat deren Äußeren Wert als eigenen Atbasch-Wert. Aus dieser Gegenüberstellung A–T, B–Sch leitet sich die Bezeichnung Atbasch ab und stellt dar, dass Gegensätzliches sich zu einem Gesamten ergänzt.

      Der Atbasch für Adam 1–4–40 ist also 400–100–10, in Summe 510. Gemeinsam mit dem Äußeren Wert 45 ergibt das die Zahl 555. Diese Summe steht für das zusammengefügte Ganze.

      Das Alte Wissen sieht in den 22 hebräischen Konsonanten Urbilder, die als Erinnerung in jedem Menschen leben. Der Mensch ist davon in seinem Innersten geprägt, ohne es zu wissen. Er hat sie vorübergehend vergessen, um sich wieder daran er-innern zu können.

      Im Schriftbild hängen diese Zeichen an einer unsichtbaren Linie, die sie leicht durchstoßen. Damit ist symbolisiert, dass sie etwas sind, das aus einer Sphäre des Unsichtbaren und Leichten in die Schwere des Materiellen herunterkommt. Sie bewegen sich aus der Einheit in die Zweiheit und zeigen auch in ihren Aussagen etwas Doppeltes. Jedes dieser 22 Zeichen trägt eine Information als Buchstabe und gleichzeitig als Zahl in sich, und die alten Überlieferungen geben Auskunft über ihre Bedeutung:

      1 oder Aleph weist schon vom Zahlenwert her auf eine Einheit hin, die alles umfasst. 1 ist die Zahl des Absoluten. Dieses Absolute liegt allem zugrunde und enthält als 1 noch ungeteilt, in Ruhe und Harmonie, was später daraus hervorgeht. Was jemals er-zählt und ge-zählt werden kann, ist in der Gesamtheit seiner Varianten in dieser 1 schon da. In ihr gibt es kein Außerhalb, sie umfasst alles Sein, alle Möglichkeiten und alles Vorstellbare in einem Eins-Sein. Aleph bedeutet „Haupt“, sie ist die Haupt-sache.

      Dass in diesem Ungeteilten aber bereits die Zweiheit angelegt ist, zeigt das Schriftbild der 1, die Aleph.

      Es besteht aus zwei Jod, die sich gegenseitig über einer schrägen Linie spiegeln. Jod ist 10, eine Kombination von 1 mit 0. Die Aleph sagt damit aus, dass die 1 sich als gespiegelte 10 wahrnehmbar macht. Das Schriftbild der Aleph komprimiert in sich die Aussage, dass die 1 als etwas Doppeltes über die 10 in Erscheinung tritt und in ihrem Doppelcharakter Dies- und Jenseits umfasst, Abstraktes und Erscheinendes. Die Kombination von Geist und Materie kommt zum Ausdruck in der Aussprache dieses Zeichens, denn es ist praktisch Vokal und Konsonant zugleich. Aleph ist als Konsonant lautlos und kann in der Aussprache alle Vokale annehmen. Das in der Aleph vorbereitete Doppelte äußert sich im nächsten Zeichen.

      2 oder Beth setzt diese Zweiheit im Sichtbaren um, macht die Einheit zur Dualität. Mit der Beth ist die Teilung abgeschlossen, die in der Aleph ansetzt. Das runde und alles umschließende Eine im Bild des Uroboros stülpt sich um in ein Außerhalb. Ein Spannungsfeld von Extremen bildet den Gegensatz zur Einheit, die sich zurückzieht und nicht mehr wahrgenommen werden kann. Aber das Prinzip der Einheit erlischt damit nicht, es existiert unerkannt weiter als Ursprung und Hintergrund der 2 und der ihr folgenden Vielheit.

      Mit der 2, der Beth, tritt wie in einem „Urknall“ die sichtbare Welt in Erscheinung, die durch Polarität gekennzeichnet ist. „Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde“ sind die ersten Worte im Alten Testament und sie beginnen mit einer Beth als erstem Zeichen überhaupt in der Bibel. Es ist damit der Anfang für eine Gegensätzlichkeit gemacht, die die ganze erfahrbare Welt umfasst. Im hebräischen Wort für Vater, „aw“, 1–2, kommt dieser Ursprung der Schöpfung zum Ausdruck.

      Beth trägt die Bezeichnung „Haus“. Damit wird symbolisiert, dass in allem, was durch die 2 in die Existenz kommt, die 1 wohnt und lebt. Die Welt des Sichtbaren ist gewissermaßen das „Haus Gottes“. Die 2 verbirgt die 1 gut getarnt in sich. In der Welt der Dualität äußert sich die Einheit durch ihr exaktes Gegenteil, nämlich als Zwiespalt. Denn in allem stehen sich nun Gegensätze gegenüber, ein Anderssein, ein Wahrnehmen von polaren Widersprüchen. Sobald es eine 2 gibt, hat die 1 sich geteilt und es ist etwas Neues entstanden. Und mit 22 Zeichen wird diese Welt der Zweiheit beschrieben.

      3 oder Gimmel besteht aus 1 + 2, sie trägt in sich Einheit und Dualität. Das Sich-Bewegen in der Welt der 2 ist immer provoziert durch dieses Gegensätzliche, für das die 2 steht und außerdem durch ihren unbewussten Bezug zur 1, spürbar als Drang nach Harmonie und Einheit. Auf 2-fache Weise wirkt somit innerhalb der 3 eine Spannung, die Unruhe und Bewegung verursacht. Deshalb trägt dieses Zeichen in der Überlieferung auch den Namen „Kamel“. Dieses genügsame, ausdauernde Tier symbolisiert einen unermüdlichen Impuls, der fast pausenlos vorwärts treibt.

      Dieser Impuls der 3 ist darauf ausgerichtet, die 3 als Ziel zu erreichen. Wenn im Widersprüchlichen eine verbindende Einheit erkannt wird, kommt die 3 aus 2 + 1 als Frucht, als etwas Neues. In diesem Sinn ist die 3 einerseits bewegender Faktor und andererseits Endzweck dieser Bewegung. Die 3 zielt darauf ab,


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